Maiglück

Momente des Glücks 05

Gerade sitze ich im Garten unter der schattenspendenden Trauerweide, umgeben von vielfältigem Gesumm und Gebrumm, Gezwitscher, Geflöte und dem Muhen und Brunften  der Kühe auf der Weide, weit hinter unserem Garten. Es ist Mai, die Zeit der Rolligkeit und Brünftigkeit.

Ein Mai wie aus dem Bilderbuch! Wir haben es am Morgen und am Abend recht frisch und des Tags klettert das Thermometer auf maximale zwanzig Grad, so, wie ich es mag. Überhaupt mag ich in meiner kleinen Welt gerade alles. Und manchmal frage ich mich, ob das jetzt das Vorstadium zur Verblödung ist, wenn ich schon wieder am Abend denke, wie schön der Tag gewesen ist und wie zufrieden ich gerade mit Allem bin.

Das heißt nicht, dass ich nicht wahrnehme, was in der Welt an sich passiert, aber gerade eben ficht es mich nicht so an. Es würde auch gar nichts daran ändern. Wir kennen das!

Mai im Wendland heißt tausendundein Duft und mannigfacher Vogelsang. Ich schrieb darüber. Mai heißt aber auch für zehn Tage eine gewisse Unruhe im Land. Wie jedes Jahr zwischen Himmelfahrt und Pfingsten findet die Kulturelle Landpartie statt, kurz KLP genannt. Ich werde diese Zeit nutzen, um ein bisschen Geld in einem Café zu verdienen und bestimmt mal das eine oder andere Event zu besuchen, aber über die Handwerker*innenmärkte werde ich in diesem Jahr nicht mit hundert anderen schlendern und brauchen tue ich auch nix. Mittlerweile bin ich eh in einem Alter angekommen, in dem ich eher abgebe, als dazu zu kaufen. Voller Erstaunen bin ich immer in den Städten, wieviele Läden es mittlerweile gibt, die allerhand Tand fürs Heim verkaufen und anscheinend alle davon leben können.

In einem Alter angekommen sein … eigentlich weiß ich nicht so ganz was das sein soll, ich kann nur immer wieder meine Veränderungen wahrnehmen und sie sowieso im Spiegel sehen oder wenn ich an mir rauf und runter gucke. Gerade mag ich auch das alles. Aber das Kostbarste ist mir, dass ich mich geliebt weiß und fühle und selber Liebe teilen kann.

Letztens fragte mich der Herr Kormoranflug, ob ich verliebt sei … ich antwortete spontan, ja, ins Land. Und dann sinnierte ich noch nach.

Ich liebe das Leben! Ja, auch das mich umgebende Land, seine Flora, Fauna und seine Menschen. Ich liebe meine Familie, meine Freundinnen und Freunde, die Kunst, die Schönheit, die es überall zu finden gibt, wenn mensch nur schaut, lauscht, fühlt und spürt.

Die Fähigkeit zu lieben wohnt im Mensch.

(Oder nicht.)

Manchmal aber braucht es eine Art „Erweckung“; oder auf dem Weg von hoch zu tief und wieder hoch eine Erinnerung, die alles wieder ins Fließen, ins Miteinanderschwingen bringt und das muss nicht immer unweigerlich ein Mann/eine Frau sein.

Gestern, nach einem sehr lebendigen und freudigen Geburtstagsfest, schrieb ich spontan ins Netz: „Es ist rundum gut die Alte zu sein.“

Und es ist gut Rentnerin zu sein. Dahinein musste ich aber erst einmal wachsen. Im letzten Jahr ist mir das noch nicht so gut gelungen, in diesem Jahr lerne ich die viele Zeit, die ich allein für mich und meine Art der Gestaltung von und mit ihr habe, zu schätzen. Ich ahne, dass hier ein Grund für meine anhaltende Zufriedenheit liegt und damit auch zu meinem derzeitigen leisen Glücklichsein.



Wenn DU im Mai auch über einen Moment des Glücks schreiben möchtest, um etwas zu diesem kleinen Projekt beizutragen, dann verlinke doch bitte deinen Beitrag mit diesem hier, dann finde ich ihn sofort – ich freue mich über jeden Glücksmoment!

Sonntagsbild 05.05.2024

Collage am Wegesrand

Jetzt hätte ich doch beinahe das Sonntagsbild vergessen!

Es gibt immer wieder so viel Skurriles, was mir auf meinen Wegen in Schaufenstern, in Gärten, in Städten, an Hauswänden begegnet, sodass ich daraus nun eine neue Rubrik für mich aufgemacht habe: #CollageamWegesrand.

Euch wünsche ich heute gute Begegnungen und einen erholsamen Sonntag!

Geplauder und Momente des Glücks im April

Ob ich im Garten werkel, mit dem Auto von hier nach da fahre oder unter der Dusche stehe, die Gedanken fließen und so habe ich in den letzten eineinhalb Wochen einige Blogeinträge geschrieben, von denen aber nicht einer hier Eingang gefunden hat.

Der Frühling ist zurück – so schön!!! Das Wendland hat in diesem Jahr im April schon das Maigesicht aufgesetzt. Das alte Volkslied ‚Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus‘ kann nun geändert werden in: ‚Der April ist gekommen …‘

Bei allem Stirnrunzeln darüber ist es eine Freude jetzt übers Land zu gehen oder zu fahren. Ich kenne kein Gebiet in Deutschland, wo es so viele alte Fliederbüsche in allen Farbtönen gibt, manche sogar wild im Wald, nirgendwo wachsen so viele alte Kastanien und Eichen dem Himmel entgegen und nirgendwo sonst duftet das Land so intensiv, wie es das gerade jetzt tut. Raps- und Fliederdüfte mischen sich in den Geruch von frisch gemähten Wiesen und feuchten Wäldern, eine olfaktorische Freude der besonderen Art.

Jetzt beginnen auch die Gartenarbeit, die Mußestunden mit Buch im Liegestuhl und die Stromerzeit in Wald und Flur. Natürlich ist das nicht alles, es gibt ja auch noch die Familie, die Freundinnen und Freunde, den Haushalt, meine Vorstandsarbeit, das Projekt der Frauenbilder, die Momente des Glücks, der eine und andere Arztbesuch und ein neues Engagement, über das ich hier aber erst einmal noch schweigen möchte.

Vielleicht hört sich das jetzt etwas atemlos an, ist es aber nicht, da ich ja den Schlendergang eingenommen habe.

Die Tage scheren sich allerdings nicht um meine Entschleunigung, nicht um meinen Schlendergang, schwupps ist wieder einer vorbei und ich habe wieder nichts geschrieben. Und so wird es wohl in den nächsten Wochen bleiben.

Derweil fange ich Bienen und Wespen, Fliegen und andere Flattertierchen mit dem Glas und entlasse sie wieder in die Freiheit, wische ich Spinnweben von Decken und Wände, sammel ich Schnecken und musste die alljährliche Ameisenflut in meiner Küche Herr werden. Ameisen gehören zu der Spezies des ‚lichtscheuen Gesindels‘ und Ata mögen sie auch nicht. Also habe ich einen Tag und eine Nacht das Licht brennen lassen und zuvor habe ich die Flächen mit Ata abgeschrubbt, nun gibt es keine Ameisen mehr. Geht doch!

Mit den Schnecken ist es leider anders. Nur sammeln reicht leider nicht. Schweren Herzens habe ich biologisches Schneckenkorn gekauft und muss es jeden Tag an gleicher Stelle ausbringen, da es jeden Morgen weg ist. Damit habe ich zwar rausbekommen woher sie kommen, aber mir tut es dann doch in der Seele weh zur Mörderin zu werden.

Dieser sehr nasse Herbst und Winter hat zur Folge, dass es in diesem Jahr sehr viel mehr Schnecken und Insekten gibt als im letzten Jahr. Die Vögel dürfen sich freuen, aber auch die Maulwürfe und Erdkröten!

Ich erfreue mich an den zahlreichen Marienkäfern, den wieder mehr gewordenen Schmetterlingen, über die Mücken schweige ich und kratze auch besser nicht an den mehr werdenden Stichen herum.

Bleibe ich doch lieber bei den Freuden, wie dieses Tirillieren der vielen verschiedenen Vögel, die nun zurück sind. Nachtigall und Kuckuck tönen gemeinsam am Morgen und am Abend mit Amseln, Meisen, Spatzen, Buchfinken, Krähen und all denen, die ich noch nicht gelernt habe zu benennen. Pirol, Rabe, Kraniche und Graugänse höre ich nur ab und an, wie die hohen Töne der Milane, wenn sie wieder einmal von einer Krähe gejagt werden.

Ja, Wendland ist und bleibt eben auch Vogelland! Gestern erst entdeckte ich an einem Feldrand in der Nähe die Anpflanzung neuer Hecken als Begrenzung. Es ist unter anderem diese ‚Heckenwirtschaft‘, die hier noch von einigen Landwirt=innen gepflegt wird, die den Vögel Unterschlupf bietet; einmal abgesehen von den noch immer sehr zahlreich vorzufindenden alten Bauerngärten, den vielen, in der Relation zu anderen Gebieten, Biolandwirt=innen und den vielen Menschen, die ihre Gärten auf natürliche Weise bepflanzen und pflegen.

All das sorgt dafür, dass das Wendland als Wohnort oder Wochenenddomizil über die Jahre immer beliebter bei den Berliner=innen und Hamburger=innen geworden ist. Somit ist es eben auch leider schwieriger geworden bezahlbaren Wohnraum zu finden und Neubaugebiete, die, wie überall, in den meisten Fällen an Charme missen lassen, hier und da aus den Böden wachsen.

So halten sich Freud und Leid wie überall sonst auf der Welt die Waage.

Nun aber ruft mich der Garten, ich habe hier ein neues Projekt, das mich noch länger beschäftigen wird.



Ich freue mich sehr über die Teilnahme an meinem Projekt ‚Momente des Glücks‘ und bedanke mich auch hier noch einmal herzlich bei den Teilnehmer=innen:

https://randomrandomsen.wordpress.com/2024/04/14/klangwellen-und-glucksmomente/

http://brigwords.com/2024/04/19/momente-des-glucks-behutet/

https://cynthiaphilebrunn.wordpress.com/2024/04/28/gluck-ist/

meinen Beitrag findest du hier, falls du ihn noch nicht gelesen haben solltest:

Momente des Glücks 04

Weiß

Weiß und weiß nicht

Vor zwei Tagen erzählten mir ein Freund aus dem Südschwarzwald und eine Freundin aus Oberbayern Geschichten vom Schnee, während ich den ‚Nickenden Milchstern‘ entdeckte. Weiß sind beide – Schnee und Milchstern.

Und von jeher weiß der April nicht, was er will. Erst war er viel zu warm, nun ist er wieder frisch und kühl bis frostig. Also, alles in Ordnung? Nein. Denn fahre ich übers Land, dann kann ich nun singen: Der April ist gekommen, die Bäume schlagen aus. Der Flieder, der Weißdorn, die Apfelbäume blühen und viele Blumen in meinem Garten sind schon verblüht oder wurden viel zu groß, sodass sie bei den kräftigen Windstößen, die hier dann und wann mal über das Land fegen, abknickten.

Schön ist, dass es heuer sehr viel Schmetterlinge und auch Marienkäfer gibt als in den letzten zwei Jahren. Natürlich auch sehr viel mehr Nacktschnecken und das freut die Gärtnerin in mir nun einmal so gar nicht. Freude und Unmut, oder wie die Tante immer mal wieder zu mir sagte: lachen und weinen in einem Sack.

Wohin das alles führen wird weiß mensch nicht, auch nicht die Klimaforscher=innen. Sie wissen nur, dass alles sehr viel schneller geht als angenommen und prognostiziert. Weiße Korallenbänke heißt sterbende Korallenbänke.

Und die Menschen fliegen weiterhin mindestens einmal im Jahr in die Ferien, buchen Weltreisen auf Kreuzfahrtschiffen und die Politker=innen zocken hoch.

Es scheint, dass alle Aufklärung, alle Nachrichten dieser Welt nichts bewirken. Im Gegenteil, die Menschen, die von Lügenpresse sprechen vermehren sich, Verschwörungstheorien, Frauenhass, Rassismus, Sexismus, Populismus, religiöser Fanatismus wuchern.

Es gibt Tage an denen mich all das in den Keller zieht, andere an denen mein Kampfgeist stärker ist. Ob mein kleiner Beitrag hier oder für die Gesellschaft etwas bewirken kann weiß ich nicht. Aber ihr, die ihr mich schon länger kennt, wisst: I’ll never give up!

Und die Freude bleibt auch meine Freundin. All dieses Blühen zum Beispiel, freut mich. Trotzdem. Dass ich letzten Samstag spontan auf eine Party mitgegangen bin und über eine Stunde am Stück getanzt habe, das freut mich auch. Dass ich doch so langsam aber sicher heimisch im Wendland geworden bin, dass sich Menschen freuen mich zu sehen, wenn ich irgendwo spontan auftauche, auch.

So nähre ich weiterhin den weißen Wolf in meiner Brust und bleibe zuversichtlich.

Flüstern

Ein Wiedersehen mit dem Halbnorweger aus längst verflossener Zeit. Unerwartet, vielleicht ersehnt, früher ja. In diesen Tagen hat sie schon lange nicht mehr an ihn gedacht.

Jetzt liegen sie sich in den Armen. Kein Blatt Papier passt mehr zwischen ihre Körper. Sie halten sich. Sanft und wortlos, eine lange Zeit. Sie beginnen miteinander zu flüstern. Jedes laute Wort würde ihre Körper voneinander wegtreiben. Das ahnen sie. Das wollen sie nicht. Er nicht und sie schon gar nicht.

Sie hat oft an ihn gedacht, in der zerrinnenden Zeit. Sie hat sich gefragt und war dankbar. Immer. Er hat ihr die Tür geöffnet. Damals, als sie noch klein gewesen ist. Er hatte sie an die Hand genommen. Sie lernte das Staunen. Die Welt der neuen Künste machte ihre Welt groß. Unendlich wie das Meer und ebenso tief. Sie ist dankbar, immer, er hat ihre Welt reich gemacht.

Ihre Leben drifteten auseinander. Bis heute, bis zu diesem Augenblick, in dem sie sich umarmen. In dem sie erst einmal schweigen, dann flüstern. Es war nicht leicht mich in meinem Leben neu einzurichten, nach den Jahrzehnten der Zweisamkeit, flüstert er. Sie nickt an seiner Brust. Sie flüstert, ich weiß, wovon du sprichst.

Sie lassen sich nicht los, sinken miteinander auf irgendein Bett, unter irgendeine Decke. Zärtlich streichen ihre Finger über seine. Immer wieder. Sanft hält er sie, streicht mit seinen Fingern über ihre.

Manchmal muss sie ihren Kopf leicht anheben. Sie liest die verflossende Zeit in seinem Gesicht; erkundet seine Falten, die traurigen, die fröhlichen, die Lebenseinschläge. Ewig möchten sie so liegen, möchten miteinander flüstern, sich sanft halten, das leise, zärtliche Miteinander halten.

Es kommt jemand dazwischen. Immer kommt Jemand. Sie driften erneut auseinander.

Es war einmal, flüstert sie. Behutsam nimmt sie den gerade vergangenen Augenblick zwischen ihre zärtlichen Hände und geht mit ihm zu der Wurzel des uralten Baums. Zwischen den Maiglöckchen leuchtet die rote Lackschachtel, hier hinein legt sie diesen Moment.

Sie möchte ihm schreiben, ihn anrufen, möchte flüstern, ich habe von dir geträumt. Und weil es ein schöner Traum gewesen ist, möchte ich dir etwas schenken. Etwas Kleines, etwas Liebes, etwas Leises – für deine Schatzkiste. Dann hätte sich der Kreis geschlossen. Nichts bliebe am Ende offen. So ließe es sich ohne Bedauern sterben.

Unerwartet

Ob ich lese, rieche, sehe, träume, gehe, sinniere, lausche, spüre oder rede, plötzlich sind sie da, die Erinnerungen. Das innere Labyrinth öffnet seine Pforten. Oftmals unerwartet, durchaus auch manchmal unerwünscht.

Das Damals im Heute, das Bedauern, die erfüllten und unerfüllten Wünsche, die Weggabelungen, die sich verändernden Perspektiven und Sichtweisen im Lauf eines Lebens.

Gemeinsame Wege kamen an Weggabelungen, die Eine ging links, der Andere rechts, bis sie sich verloren hatten. Alle Wege dürfen gewürdigt werden, alle Weggabelungen verstanden und akzeptiert. Leicht ist das nicht!

Wie ich von hier nach da fahre, singt es in mir, wie schon öfter in der letzten Zeit: It’s the end of the world as we know it …

1987 – von REM in die Welt gebracht – hörte ich es damals immer wieder, ohne zu erahnen, dass diese Welt einmal an ein Ende kommen könnte, das alles andere als ein Wohlgefühl auslösen würde.

Auch Resilienz will geübt und verankert werden. Ich bin dünnhäutiger geworden.

Jetzt sind viele Rehe auf den Wiesen zu sehen; auch ich scheue bei manchen Menschen zurück und suche flink das Weite.

Kraniche begleiten meine Alletage; ein immer wiederkehrendes Glück. Das nutzt sich nicht ab. Die ersten Störche sind zurück und dann diese zwei unerwarteten Begegnungen in der Nacht, auf dem Weg von dort nach hier: ein Nutria – wie schnell die sind; ein Waschbär – wie klein die sind!

Das unaufgeregte, und mancherorts auch schwere Land, wartet mit Unerwartetem auf. Das mag ich! Ich bin nicht für das Verharren in Erinnerungen geschaffen. Die Nomadin zieht ins Frühlingsland. Noch haben sich die Füße nicht eingelaufen, noch sind die Schritte winterschwer, noch sitzt die Henne auf ihrem Ei.

 

Kirschblüten

Miniatur 1/2024

Die weißen Blüten der wilden Kirsche – mein Vorfrühlingsikebana – an Japan denken.

Es müssen keine rosa blühenden japanischen Kirschblüten sein, um an Japan, an den Frühling zu denken.

Ich muss nicht selbst in Japan gewesen sein, um Japanbilder in mir zu tragen. Es sind erstaunlich viele!