nein, ich habe euch nicht vergessen und bin auch schon lange nicht mehr blogmüde.
Gerade als ich mich um mein neues Blog kümmern wollte, dazu ein anderes Mal mehr, ging unsere Internetantenne kaputt. Wie die meisten von euch wissen, lebe ich ja in Hintertupfingen, nix Glasfaser, nee Antenne. Wie sich drei Wochen später herausstellte ist sie unreparierbar. Guter Rat war teuer. Im wahrsten Sinn des Wortes. Die Vermieter=innen haben nun eine spezielle Satelittenschüssel bestellt, damit wir wieder an die Welt angeschlossen werden können. Leider hieß es sogleich, dass wir mit einer Lieferzeit von zwei Wochen bis drei Monaten rechnen müssen. Ein Monat ist locker rum. Ich kann nun zwar über Hotspot und mobile Daten ins Netz, aber nicht sehr lange. Sobald wieder alles gut ist, werde ich mich auch hier wieder regelmäßiger blicken lassen.
Im Januar hatte ich Besuch. Wir nutzten einen der wenigen blau frostigen Tage und machten einen Ausflug in die Göhrde, dem größten Mischwald im Norden. Hierher zieht es mich seitdem immer mal wieder. Es gibt viel zu entdecken!
Das Jahr begann friedlich und freudig, aber schon bald haute es mich wieder um und ich lag ein paar Tage flach. Vor dem Fenster war die Welt in einheitsgrau getaucht. In mir wuchsen Ängste und Sorgen, die mich erst einmal auf Trab hielten.
Februar – das erste Sprießen und gefällte Entscheidungen lassen meine Schritte leichter werden, wenn auch mit leiser Wehmut, die das ganze Jahr mal mehr, mal weniger durchwirkte.
In der Ukraine begann der Krieg und ich verstumme noch mehr. Kein Wort dazu will sich aufs Papier schreiben, kein Bild hierzu kreieren. Schnell gibt es wieder überall Meinung – nun, so sind die Zeiten.
März – ja schau, die ersten Bienen fliegen schon wieder. Und ich beginne mit der Vorsaat. Da muss ich mich gehörig umstellen, der Schwarzwald war nie so schnell.
Endlich klären sich meine ewigen Kopfschmerzattacken – der Blutdruck ist zu hoch. Ich staune. Hatte ich doch bis hierher immer zu niedrigen … es dauert ein bisschen, bis er sich wieder eingependelt hat, aber ich weiß jetzt zudem, was zu tun ist. Leiser Aufschwung.
April – jeden Tag beschenkt mich der übernommene Garten mit Blumen, die schon hier waren als ich kam, aber auch Ende Juli 2021 schon längst verblüht. Der Garten, das Gelände, das Frühjahr sind meine Freude. Hier kann ich Sorgen, Sorgen sein lassen, atmen und sein.
Ab jetzt bin ich offizielle Rentnerin, Bonsairentnerin, wie eine Twitterfreundin so treffend formuliert. Noch zittere ich um Überweisungen zur rechten Zeit. Das eine ist die Rentenkasse, das andere das Grundsicherungsamt. Vorsichtshalber leihe ich mir Geld, um den Mai gesichert zu wissen. Welch weise Entscheidung! Welch tolle Freundin!
Nie zuvor und nie danach hatte ich solch große Existenzängste. Hier wohnen mächtige Gespenster. Es ist eben nicht leicht immerzu zuversichtlich zu sein. Auch diese Ängste haben Gründe. Sie anzuschauen, ihnen zuzuhören ist nicht verkehrt, es gilt lediglich ihnen keine Macht zu geben.
Eine erste Reise in den Schwarzwald über die Eifel gehörte auch zum April. Alte Freundinnen und Freunde wiederzusehen, sich miteinander auszutauschen, gemeinsam Kunst zu schauen, spazieren zu gehen, ist immer wieder ein Grund sich zu freuen. Wirklich leicht aber ist in diesen Zeiten niemanden ums Herz.
Mai – meinen Geburtstag feier ich mit einer der Besten an der Ostsee mit Sekt, Imbiss und Sonnenschein.
Ich betrete Route 66 und singe seitdem immer wieder dieses Lied – „Ich bin ein blaues Wunder“ – damit sei alles gesagt.
Juni – nun ist alles in der Reihe, die Ämter zahlen und es bleibt knapp, aber es geht – irgendwie.
Ich bewege mich in der Schere: Die Welt ist schön – Die Menschen lernen nicht.
Juli – Vier Wochen reise und arbeite ich. Zunächst mache ich erneut einen Zwischenhalt bei der ältesten Freundin und ihrem Mann in der Eifel. Unaufgeregtes Miteinandersein, wie ich es liebe. Sorgen ob der anhaltenden Trockenheit ist in allermunde. Noch Zuhause habe ich z.B. nicht mehr geduscht, wenn ich die Gartenblumen gegossen habe. Ich weiß, ein Tropfen auf den heißen Stein …
Ich lese von Maja Lund: Die Geschichte des Wassers – nicht gerade zuversichtlich stimmend.
Von der Eifel fahre ich in den Schwarzwald, um zu sein, zu kochen und zu organisieren. Es sind sehr bewegte Wochen und mir wird leicht und leichter zumute. Am Ende sage ich: Es war der leichteste Sommer seit langem.
Mittendrin besuche ich eine Freundin in der Nähe des Bodensees in ihrem neuen Zuhause. Dann wieder Schwarzwald, beim Umzug von meinen Kindern und Enkelkindern ins Wendland helfen. Seitdem hat mein Leben wieder Fahrt aufgenommen. Nur wollen sich noch immer kaum Worte aufs Papier bringen und auch kaum je ein Bild gestalten. Ich fotografiere, mehr nicht.
Der August bleibt heiß und trocken. Manche Bauern halten sich an die Maßgabe nur am Abend ihre Felder zu bewässern, viele leider nicht.
Der Schwung, die Leichtigkeit bleiben trotzdem.
Ich gewöhne mich daran, dass mein Sohn mit mir hier wohnt und dass die Tochterfamilie nun wieder in der Nähe ist. Noch sind Ferien und ich verbringe einen Teil der Tage mit den Kindern am See, an der Ostsee, im Wald, im Garten. Der Abschied von der Heimat fiel ihnen nicht leicht.
September – Endlich Regen – satt. Natürlich lamentieren wieder die Einen und Anderen. Ich genieße es.
Meine dritte Reise in den Schwarzwald steht an – eine Grippe hat mich im Griff und ich fahre halbmalat die 800 km. Spätestens hier war es zu viel des Guten und ich brauchte lange bis ich die Grippe richtig auskuriert und die Begegnungen verdaut hatte. Wieder fällte ich Entscheidungen. Wieder sind sie erleichternd und gleichzeitig von Wehmut durchwirkt.
Oktober – so langsam ruckelte sich hier alles ein. Der Oktober war golden und machte seinem Namen alle Ehre. Da hielt mich keine Stube! Ich kam wieder zu Kräften.
November – selbst dieser war golden, grün und ungewöhnlich sonnig.
Die Kräfte richten sich dennoch nach Innen. Sortierarbeit, Loslassen gehen weiter. Fünfundzwanzig Jahre sind nicht mal eben husch und weg. Alles, jeder und jedem gebührt ein Platz.
Dezember – diese zauberhaften sonnig frostigen Tage!
Wieder habe ich dollen Schnupfen und Husten, aber mehr Energie als im Herbst, viel mehr.
Ob es ein Fazit am Ende gibt?
Viel krank, viel Ärzteschaft, viele Sorgen und Ängste, viele Abschiede, der leichte Sommer, die Freude vor der Türe, Dankbarkeit für die Freundinnen und Freunde, stilles Sein.
Das war es für dieses Jahr. Am Mittwoch ist Wintersonnenwende und meine alljährliche Netzpause beginnt. Ich wünsche euch allen eine friedlich wohlige Zeit, wie immer ihr sie auch verbringt.
Etwas anderes, etwas, dass ich schon länger gern wüsste: was genau meinst du, wenn du mir schreibst „Das (Bild/der Text) berührt mich“ – WO, WIE, WAS sind die drei Fragewörter in dem Fall. Wenn du antworten magst, dann freue ich mich.
Und noch etwas anderes, mir ist gerade so nach Sommer, nach Fluss und Bootsfahrten, vielleicht aber nur, weil dies meine neue Lieblingsmontage ist und ich sie einfach noch einmal einstellen möchte.
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