Kräutersegen

Vier Frauen sind wir am Mittwochabend gewesen. Ich habe, wie jeden Monat, die Frauen meiner Trommelgruppe (schamanische Reisen) eingeladen. Seit diesem Jahr verknüpfe ich diese Abende verstärkt mit den vier Sonnen- und den vier  Mondfesten. Jetzt ging es um den Kräutersegen.

Es ist das Fest der roten Schnitterin oder auch Lughnasadh oder Lammas genannt. In den alten Zeiten war dies das Fest, das die Getreideernte einläutete. Das Datum ist der 2. August. Da ich aber nie am 2. August daheim bin, habe ich es auf diesen Mittwoch, 15. August gelegt, in der christlichen Tradition Mariä Himmelfahrt genannt wird. Mancherorts ist es noch üblich, dass in den katholischen Gemeinden an diesem Tag eine Kräuterweihe stattfindet. Vieles haben die Christen für sich aus den alten Traditionen übernommen und für sich modelliert (deswegen auch die Datumsverschiebung!), was sich nicht aus den Brauchtümern „vertreiben“ ließ wurde in abgewandelter Form übernommen. So blieb wenigstens noch ein bisschen des archaischen Wissens erhalten.

Irgendwo habe ich dazu gelesen, dass bei Marias Tod einige der Apostel durch die Lüfte zu Marias Totenbett geflogen sein sollen, die einen sagen nach Jerusalem, die anderen nach Ephesos. Was ich noch spannend finde. In Ephesos ist der Tempel der Artemis. Artemis ist die Göttin der Jagd und des Waldes, sie ist die Schützerin der Frauen und Kinder –

Mich interessiert immer wieder die vorchristliche Zeit und das, was davon noch überliefert ist, wohlwissend, dass vieles,  besonders in Bezug auf die Kelten, in den Bereich der Spekulation fällt. An dem Tag des Kräutersegens dachte ich an die alten Geschichten der Kornkönigin, an den ersten Schnitt mit der goldenen Sichel (symbolisch), an Fruchtbarkeit und Tod – wer ernten will muss töten. Die Farben dieses Festes sind rot und schwarz, bzw. nachtblau.

Unsere Kräutersträuße haben wir mit weißem Salbeirauch gesegnet, Dankbarkeit für die diesjährige Ernte im Herzen. Mein Strauß hängt nun in der Stube und wird dort bis zum 02. Februar 2019 hängen, dann beginnt wieder alles von vorne, eine Spiralumdrehung weiter. Möge er mich durch die dunkle Jahreszeit tragen und mich immer wieder daran erinnern, dass unter dem Schnee das Leben (nur) ruht.

44 Gedanken zu „Kräutersegen

  1. Eine schöne Dankes- und Weihehandlung, Ulli, die euch vier Frauen noch fester miteinander und mit dem Naturkreislauf verbunden hat.

    Und dies und das vielleicht Ergänzenswerte:
    Marias Tod wird nach der Tradition in Ephesos lokalisiert. Sie hatte sich dort mitsamt christlichen Frauen und dem Jünger Johannes angesiedelt und bis zu ihrem Tod Heilkunde unterrichtet, heißt es. Ephesos gilt als die erste christliche Gemeinde (auch in der Apokalypse).
    Die Artemis von Ephesos ist, wie du wohl weißt, eine nährende Gottheit (mit vielen Busen bedeckt). Bei ihrem alten Tempel, der als eines der 7 Weltwunder galt, lebte der Weise Heraklit. Den späteren Tempel ließ Alexander der Große errichten (4. Jh v.Chr), denn der alte Tempel war am Tage seiner Geburt von einem Brandstifter angezündet worden mit der Absicht, in die Geschichte einzugehen. Da ich Brandstifter nicht leiden kann, nenne ich seinen Namen nicht und tue ihm nicht den Gefallen.
    Getreidegöttin nannte man die Dimitra (Demeter), Mutter der Persephone und Herrin von Eleusis. Bei den Einweihungen, bei denen es um Tod und Auferstehung ging (Persephones Raub durch Hades im Herbst und ihr Wiederauftauchen im Frühling), wurde als Droge vermutlich Mutterkorn verwendet , das chemisch mit LSD verwandt ist, Ich benutzte daher das Wortspiel Kornmutter-Mutterkorn zB in meinem Romanfragment „Schwanenwege“…

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    • Mutterkorn? Interessant! Ich hatte bisher bei den Mysterienspielen immer nur in Richtung von Räuchereien gedacht … Konnte man das historisch belegen oder woher weiß man das, liebe Gerda?
      Liebe Grüße
      Christiane

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      • Es ist eine Vermutung. Ich glaube, der LSD-Erforscher Albert Hoffmann stellte sie als erster auf. Bekannt ist, dass zum Fastenbrechen ein Getränk, das Kykeon, gereicht wurde, das aus (wohl vergorener) Gerste, Minze und Quellwsser gergestellt wurde. Da das halluzigene Mutterkorn auf den Getreide-Halmen siedelte, vermutet man, dass es sich auch im Kykeon befand. Ich kam drauf, weil mich das Wortspiel faszinierte und recherchierte ein bisschen nach.
        „Kykeon“ wiederum assoziierte ich mit „kyknos“, dem griechischen Wort für „Schwan“, der in der griechischen Mythologie eine große Rolle spielt. Und, ja, auch im „Schwanengesang“ als höchste Lebenssteigerung kurz vor dem Tod in die deutsche Sprache eingegangen ist.
        Bei den eleusischen Einweihungen ging es ja um diesen Durchgang „durch die Pforte des Todes“. .

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        • Korrigier mich gern, aber wenn für die Mysterienspiele gefastet wurde, dann erscheint es mir nicht logisch, das halluzinogene/bewusstseinserweiternde Getränk nur/erst am Ende zu sich zu nehmen. Bei allen Riten etc., die ich kenne, geschieht das Essen (von abendmahlsähnlichen Handlungen abgesehen) immer erst am Ende oder danach, um die „Pforten“ wieder zu schließen und die Teilnehmer wieder sicher zu erden.
          Okay, nichts Genaues weiß man nicht, aus gutem Grund …

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          • den Hinweis auf das Fastenbrechen habe ich Wikipedia entnommen („Nachdem die Prozession in Eleusis angekommen war, folgte ein Tag des Fastens in Erinnerung an Demeters Fasten während ihrer Suche nach Persephone. Mit dem Genuss eines besonderen Getränks aus Gerste und Polei-Minze, dem Kykeon, wurde das Fasten beendet“). Insgesamt ist zu sagen, dass sich diese Feiern, die sich über neun Tage hinzogen, nicht an alle Teilnehmer in gleicher Weise wendeten. Das war und ist in den Religionen so: es gibt die Ausgabe für die Massen, und es gibt die Ausgabe für den inneren Zirkel. Für die Massen, die mitzogen von Athen nach Eleusis, endete das Unternehmen mit dem Fastenbrechen und einem ausgelassenen Fest. Dann gab es die jungen Männer, die erstmals eingeweiht wurden, und auch die hatten nur einen beschränkten Zugang zu den „Geheimnissen“. Je höher der Grad, desto weniger wissen wir tatsächlich von den Vorgängen, denn es bestand ja Schweigepflicht. Ein christlicher Adept .hat die Vorgänge dann später zwar beschrieben – aber wie verlässlich ist das?
            Ich vermute, dass das Kykeon eine berauschende Wirkung hatte bzw haben sollte, um den Massen etwas zu bieten. Sie hatten schon unterwegs auf der ca 30 km langen „heiligen Straße“ in Bakchen-Stimmung, in dionysischer Begeisterung getobt, sie fasteten dann einen Tag und bekamen dies Getränk, das ihnen das Gefühl gab, an einer besonders tiefgründigen Erfahrung teilzunehmen. Sie feierten noch weiter – um dann in ihren Alltag zurückzugehen. Ein „heiliger Schauer“ hatte sie gestreift – das reichte für die Massen.

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            • Das eine ist Wiki, das andere sind die Geschichtsschreiber und dann die Schreiberinnen, letztere vermuten ja wieder noch anderes, ich habe es leider nicht mehr so präsent,, dazu müsste ich mal meine Mitschriften aus der Zeit meiner Ausbildung bemühen, aber gerade hat anderes Priorität. Wage meine ich mich daran zu erinnern, dass es auch um Hohepriesterinnen gegangen ist.

              Sinn macht das berauschende Getränk fürs „Volk“!

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    • Liebe Gerda, auf deine Ergänzungen, auf dein Wissen habe ich in dem Zusammenhang gehofft, einiges wusste ich, anderes nicht. Was mir aber noch immer nicht klar ist, ob die eleusischen Rituale in Ephesos stattgefunden haben oder ob es sich dabei um zwei verschiedene Orte handelt.
      Die Geschichte um Demeter und ihrer Tochter Persephone ist eine wunderbare Analogie zum Werden und Vergehen im Jahreskreislauf!
      Ich danke dir, dass du nicht müde wirst dein Wissen mit uns zu teilen!
      Herzliebe Grüße, Ulli

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      • Liebe Ulöi, Ephesos liegt inKleinasien (heute Türkei), Eleusis bei Athen (das heutige Elefsina). Die beidenSzädze haben gemeinsam, dass sie zumgriechischen Siedlungs- und Kulturraum gehörten und also auch dieselben Gottheiten verehrt wurden. Neben den offiziellen Riten gab es eine Einweihungspraxis in mehreren Stufen, deren letzte lange Vorbereitungen nötig machten und nur wenigen offenstanden. Die großen Philosophen waren Eingeweihte. Zum Verständnis des Christentums ist es wichtig zu verstehen, dass es sich zuerst in diesem Raum entwickelte und viele der Christlichen Vorstellungen Vorprägungen in den griechischen Einweihungspraktiken hatten, in der Form freilich, die ihnen inzwischen die Römer gegeben hatten (in sie ließen sich die römischen Kaiser einführen). DieEvangelien sind ja Griechisch geschrieben (daher die Logos-Vorstellung, oder der dreitägige Durchgang durch die Unterwelt und die Auferstehung usw. All das ist bereits auch im Ägyptischen vorgeprägt (weshalb das Jesuskind nach Ägypten gebracht wurde (Flucht nach Ägypten) .
        Ich finde solche Verbindungen, die ich hier nur andeuten kann, höchst interessant, wie du weißt 🙂

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        • Dann war ich doch nicht falsch, dass es sich um zwei verschiedene Orte handelt, danke Gerda.
          Diese Verbindungen finde auch ich spannend und interessant, zu nennen wären in diesem Zusammenhang noch die sumerischen Mythologien, von denen wiederum die Ägypter beeinflusst waren (und umgekehrt?).
          Und so in die Mythologien eingetaucht findet man viele Entsprechungen, die meiner Meinung nach ihren Boden im Jahres- und Sternenkreislauf haben.

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          • Ja, die Beziehungen im Altertum (wie wir es halt nennen) waren viel ausgebauter und lebendiger, als wir es uns heute vorstellen. Die Kulturen und Religionen durchdrangen sich großräumig. Und selbstverständlich liegen all diesen Religionen, Mythen und Riten Lebenserfahrungen zugrunde, deren wichtigste wohl die von Geburt und Tod ist, gefolgt von der der Jahreszeiten mit Aussaat und Ernte und der Wege der Gestirne. Nicht minder wichtig waren wohl die seelischen Erfahrungen wie Liebe, Leidenschaft, Hunger, Trauer, Schmerz, Anerkennung, Ausgeschlossensein, Hass usw., die auch der rituellen Einordnung bedurften, damit der Mensch sich nicht im Chaos verlor. .

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            • … damit der Mensch sich nicht im Chaos verliert… so, wie er es jetzt wieder tut oder sage ich besser, wie Viele sich wieder verlieren, seitdem die Religion kein Sammelbecken mehr ist., was ich allerdings begrüße, denn wir wissen ja welch Fanatismus daraus hervorgegangen ist und geht. Dazu schrieb ich einmal diesen Artikel:
              https://cafeweltenall.wordpress.com/2014/07/23/neue-geschichten/
              Dennoch findeich, dass wir gerade aus den alten Mythologien und Märchen viel über den Rhythmus des Lebens und dem Sein als Mensch lernen können.
              Nochmals danke Gerda, für deine Ausführlichkeit heute.

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    • Das war es auch, liebe Kat., es ist schön festzustellen wie ich von Jahr zu Jahr immer tiefer hineinwachse. War cich anfangs noch sehr unsicher bei der Gestaltung der Rituale, ist es jetzt ein Fluss.
      Liebe Grüße, Ulli

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  2. das klingt ganz und gar wunderbar.
    so interessant, diese alten mythen, und welches woher stammt und adaptiert wurde usw.
    artemis – „mein“ griechisches pendant 😉
    dein strauß ist wunderschön!
    alles liebe,
    diana

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    • Auch wenn wir nicht alles aus den alten Zeiten wissen, so ist doch einiges bewahrt, unter anderem auch durch all die vielen Menschen, die sich ihre Bräuche nicht haben nehmen lassen. In dieser, an vielen Stellen, so sinnentleerten Zeit erscheint es mir besonders wichtig wieder daran anzuknüpfen, da diese Rituale mit dem Jahres- und Lebenskreislauf verbunden sind, Kraft und Tiefe schenken.
      Ein Herzensgruß an dich, liebe Diana –

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    • Das glaube ich auch, liebe Pega, so ein Kräuterbusch ist ein wunderbar Anker in der kargen Zeit, der andere sind die Kräuter in den Dosen für den Tee, die gespeicherte Wärme unter der Haut, die tiefen Sommerbegegnungen und natürlich auch all unsere Bilder und Worte…
      Herzensgrüße an dich, Ulli

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  3. Wie schön, das du die alten Bräuche und Erkenntnisse bewahrst und weitergibst. Wiedereinmal mehr denke ich….schade das wir so weit voneinander entfernt wohnen. Ich hätte gerne an dem Ritual teilgenommen. Es berührt mich sehr. Sei umarmt, Marie

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    • Ich liebe diese Rituale auch sehr, zum einen verbinden und verankern sie mich im und mit dem Jahreskreis und ihren Eckpunkten, die ich auch als kurze Momente des Innehaltens im fortwährendem Strom des Jahres, des Lebens begreife; zum anderen wirken sie sich aus, egal ob es sich um ein Segensritual handelt oder ein Loslass-, Wunsch-, Dank- oder Gute-Wünscheritual handelt. Nicht umsonst sind bei den Initiationen die rutuellen Handlungen so wichtig.
      Ja, liebe Marie, es ist immer wieder schade, dass uns so viele Kilometer trennen und doch sind wir verbunden und das ist gut und schön so!
      Herzliebe Grüße, Ulli

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  4. Wie schön- Lughnasad ist eines meiner liebsten Feste. Die Tarotkarte dazu wäre 12 – Der Gehängte. Das freiwillige Opfer. Der Kornkönig gibt sich der Schnitterin hin und tritt die Reise in die Untere Welt an, um dem Neuen, dem Kommenden Raum zu geben.

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    • Da freue ich mich jetzt sehr!
      Herzensgrüsse an dich und R., Ulli (H. hat sich immer noch nicht entschieden und ich habe gerade ein kaputtes Radlager, grmpf…) Kommt Zeit, kommen wir 😉

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  5. Rituale sind wichtig für uns im Jahreslauf und die Kräuterweihe ist eine leider fast vergessene.
    Wie gut, daß Du sie lebst und davon erzählst, liebe Ulli. Dein Kräuterstrauß ist wunderschön und wird Dich nun begleiten, bis es dann wieder einen neuen geben wird – im nächsten Jahr um die gleiche Zeit.

    Herzlichst, Bruni

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  6. Du hast also einen Trommelkreis, wie schön! Mich beschäftigt die goldene Sichel in deinem Bericht, die wie du sagst, symbolisch sei. Nun wird dies ja auch von den Druiden berichtet, und ich habe es so in Erinnerung, dass Kräuter nicht mit irgendeinem Metall geschnitten werden sollen. So halte ich es, ich hatte ein Keramikmesser, doch seit ich im Steinzeitpark bin, habe ich natürlich die fantastischen Feuersteinklingen für alles mögliche entdeckt. Ich kann sie noch nicht selbst herstellen, doch da gibt es die netten Kollegen.

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    • Wen es eben geht, dann schneide ich die Kräuter gar nicht, sondern pflücke sie, wenn ich mich mit ihnen vorher verbinde und ihnen mein Anliegen mitteile lassen sie einfach los. Dann aber gibt es die Kräuter mit sehr hartem Stengel, dafür benutze ich meine japanische Gartenschwere, die einst geschenkt bekam.
      Bestimmt wirktt sich auch das Metall „irgendwie“ aus, aber ich glaube viel wichtiger als das ist die Haltung, die wir beim Sammeln und Schneiden einnehmen.
      Die goldene Sichel oder das goldene Messer war ja, wie man sagt, den Druiden vorbehalten, besonders fürs Mistelschneiden, aber wer weiß schon noch Genaues über diese Zeiten, was ist Fiktion, was Wahrheit?
      Ich wünsche dir viel Freude im Steinzeitpark, herzlichst, Ulli

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  7. Pingback: Ein erster Schnitt |

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