Sonntagsbild 12 2020

Fundstück

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Still sitzen Närrin und Narr. Jede.r schaut in eine andere Rechtung, sinniert, träumt, denkt. Singt vielleicht ein inneres Lied, träumt eine neue Geschichte, die im Uralten wurzelt, sieht einen Film, malt ein Bild – wer weiß das schon?

Natürlich können wir noch reisen. In die inneren Schatzkammern, in all die unbereisten Kontinente, die von Anbeginn auf eine Jede und einen Jeden warten. Alle Grenzen sind offen.

Und natürlich können wir noch über das Land streifen, es ist ja immer gerade nebenan. Um Wunder zu betrachten, sich von Pflanzen Lieder schenken zu lassen oder einen Geschmack, einen Duft. Um am Stamm eines Baumes zu lehnen und den zarten Apfelblütenduft wieder einmal zu riechen.

Eine Jede und ein Jeder ist Feld. Eine Jede und ein Jeder ist Teil eines Netzes, das größer ist als wir denken können.

Ich wünsche euch einen Sonntag mit Freuden und neuen Geschichten am alten Wegesrand.


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Komm spiel mit mir

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Das Sommermädchen in mir möchte rote Bälle mit weißen Punkten fangen. Komm spiel mit mir!

Und dort, wo das Sommermädchen tanzt, ist auch die Närrin nah. Die Närrin mit den zwei Gesichtern. Das eine ist die Prüferin, der Archetyp, der auch Trickster genannt wird, das andere ist der verrückte Seelenanteil, der sich Raum nimmt, der mich im Vorfrühling mit nackten Füßen tanzen und springen lässt, über und hinter mir ein blauweißer Sommerhimmel aus dem mir ein roter Ball mit weißen Punkten entgegen fliegt.

Cambra Skadé schrieb auf FB:

Wo sind gute Medizinwege in diesen Zeiten? Die Nase im Wind und die Fährte aufnehmen. Das führt neben den wilden Südpfaden auch nach Osten, ins Land der Närrin. Dort könnte etwas Wichtiges auf uns warten – nämlich gute Nahrung für die verrücktesten und wildesten Landstriche unseres Seins. Warum das so bedeutsam ist? Weil unsere Verrücktheiten uns vor dem Wahnsinn bewahren könnten.

In Zeiten von weitest gehender Isolation und der Ungewissheit wohin wir als Gesellschaft und als Menschheit überhaupt gehen, ist auch aus meiner Sicht die Verbindung zu meiner inneren Närrin Medizin und Antidot für schwere und dunkle Gedanken, für Hoffnungslosigkeit und Depression. Mir tut das Lachen und Rumalbern mit einer Freundin gut, so, wie einmal Nonsens reden oder im Vorfrühling mit nackten Füßen zu tanzen und rote Bälle mit weißen Punkten zu fangen und weiterzugeben. Komm spiel mit mir!


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Schneeglöckchen

Schneeglöckchen, Weißröckchen, jetzt ist es soweit,

du erfreust alle Herzen, in der Vorfrühlingszeit.

(aus dem Archiv – Närrinnenzyklus – der Schneeglöckchentanz)

Leichtigkeit in schwierigen Zeiten ist kein Widerspruch, es ist pure Medizin. Ich denke an mein Sommermädchen, an rote Glockenröcke über  nackten Beinen, an nackte Füße, die über Sommerwiesen laufen, an Springseil hüpfen und Lieder singen. Ich denke an Tänze in kühlen Bergbächen, an rote Bälle mit weißen Punkten, an Johannisbeeren und Kirschen, Schwalben und Kinderlachen schwirren durch die Luft. Und schon hebt sich die Schwere von der Brust, der Atem fließt frei und mit all dem kommt frischer Wind in meinen ernsten Wintergeist.

Frischen Wind braucht es in diesen Zeiten, damit wir wieder träumen können, damit wir Schlösser voller Lebensfreude bauen, mitten hinein ins „Geht-doch-nicht“.

Und während ich all das in der letzten Nacht dachte und fühlte, in Gedanken diesen Beitrag webte, die Schneeglöckchenbilder gestaltete, las ich gerade bei Cambra Skadé ein Pendant. So ist das mit Seelenschwestern → https://cambraskade.blog/2021/02/26/sommerkinder-medizin/. Schön ist das!


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Der blaue Weg zum Dritten

Nach einer Inspiration von Kenneth White – Der blaue Weg – Eine Reise

 

Eine Freundin hat eine Ausstellung in Basel. Sehen, lesen, wirken lassen, wir sprechen miteinander, ich verstehe – ich erfahre mehr über sie, über ihren Hintergrund.

Reduktion. Wesentliches. Wesenheiten. Eigenheiten. Ich muss nicht alles vom anderen mögen. Auch nicht verstehen. Die Freundin und ich verstehen uns, wir mögen uns. Blicke schaufeln sich frei.

Weite oder das Haus gegenüber? Meer oder Wüste? Blau oder rot? Sandwich oder Döner? Ein Spiel. Keine Bedeutung. Oder doch? Cola oder Tee? Blume oder Baum? Fisch oder Fledermaus?

Es wanderte Einer in Tibet. Berg und Tal. Er führte ein Pony. Man hieß ihn Willkommen. Man fürchtete seinen ehrlichen Blick.

Blaue Wege, weite Wege, Schlangenwege, Wege. Reise mit und ohne Vehikel. Eine Reise, Wege von rot über blau zu weiß zu goldgelb.

Die Orte der Freundinnen und Freunde zerstreuen sich über Länder und Kontinente. Sie und ich sind Wandernde, sind Reisende, sind die Nomaden der Jetztzeit. Wir pflegen unseren Stamm. Wir heißen uns Willkommen. Jetzt habe ich eine Besuchs-Adresse in Basel und eine in London.

Novemberschreiben – kein Plot – keine Protagonist*innen – keine Prosa, das was ist. Eine Novemberreise ohne Zug, Rad, Flieger, Auto. Fußwege. Seelenwege. Die acht Himmelsrichtungen, die in mir und dem was ist. Nach dieser langen Südwestzeit zieht es mich nach Nordost*.

Noch streunt die Bärin, noch frisst sie für den Winterspeck, sie frisst für zwei, für drei, für später, wenn sie ihre Babies säugen wird.

Die kleine blaue Frau, der blaue Weg und blaue Brüste (bei Kenneth White). Blaue Brüste sind poetisch. Blaue Blumen und Anna Blume erscheinen im Erinnerungsraum.

Nordost also. Kalte Winde, klare Sicht. Klirrkälte im Schatten, Mütze, Mantel, Schal. Im Nordosten sind die Erze, die kostbaren Felle, die reichen Fischbestände – einst waren sie dort, jetzt ist alles anders. Kiruna – die leereste Stadt durch die ich je gegangen bin. Hundert Jahre und ein bisschen mehr Kiruna, eine Kirche, klar – die heiligen Trommeln wurden zerstört. Den Rest besorgen das Erz, der Zucker, das Bier und die Okkupierer.

Nordost, unberührter Schnee – Raum – Stille – Singschwäne, so schön. Hast du schon einmal Auerhahnlosung betrachtet? Wie heruntergefallene Weidenkätzchen, die langen.

Unversehrtes Land – wo soll ich das noch finden? Wir können Gärten gestalten, halbformale Gärten. Raum für`s Kriechen und Flattern, für`s Summen und Tirilieren. Hannah Höch überlebte einsam und unbehelligt am Rand von Berlin den zweiten Weltkrieg mit und durch ihren Garten, mit und durch ihre Bilder. Das ist Schweigen, nicht Stille. Stille ist Nordost – ist Schnee, Eis und ein Polarlicht.

Ich kenne keine unversehrten Menschen. Furcht wird geschürt. Hass gesät. Warum nicht lieber Vertrauen schenken?

Das Bild des Ichs streitet sich, reibt sich, nicht das Selbst. Haarfeine Linien, haarfeine Grenzen, haarfeine Netze, als Mädchen lernte ich mit Haaren stopfen. Ja wirklich! Wegen dem Tanzkleid aus feinstem Garn und dem eventuellem Riss darin. Nonnenphantasien. Jahrhunderte haben versehrt. Lecke deine Wunden heil.

Vom tiefsten Westen in den Norden wandert die Bärin. Bald hat sie ihre Winterhöhle erreicht. Sie wird schlafen, sie bereitet sich vor, sie wird im Schoß der Erde gebären. Gehalten – geborgen – heiliges Leben. Nordostwinde wehen wieder über das Land.

Gut sein – zur Welt, zu sich. Gut sein – mit der Welt, mit sich – trotz allem.



* Norden ist nicht nur einfach Norden, er ist auch Norden und Nordschild, so, wie der Osten auch der Osten ist und Ostschild.

Kräutersegen

Vier Frauen sind wir am Mittwochabend gewesen. Ich habe, wie jeden Monat, die Frauen meiner Trommelgruppe (schamanische Reisen) eingeladen. Seit diesem Jahr verknüpfe ich diese Abende verstärkt mit den vier Sonnen- und den vier  Mondfesten. Jetzt ging es um den Kräutersegen.

Es ist das Fest der roten Schnitterin oder auch Lughnasadh oder Lammas genannt. In den alten Zeiten war dies das Fest, das die Getreideernte einläutete. Das Datum ist der 2. August. Da ich aber nie am 2. August daheim bin, habe ich es auf diesen Mittwoch, 15. August gelegt, in der christlichen Tradition Mariä Himmelfahrt genannt wird. Mancherorts ist es noch üblich, dass in den katholischen Gemeinden an diesem Tag eine Kräuterweihe stattfindet. Vieles haben die Christen für sich aus den alten Traditionen übernommen und für sich modelliert (deswegen auch die Datumsverschiebung!), was sich nicht aus den Brauchtümern „vertreiben“ ließ wurde in abgewandelter Form übernommen. So blieb wenigstens noch ein bisschen des archaischen Wissens erhalten.

Irgendwo habe ich dazu gelesen, dass bei Marias Tod einige der Apostel durch die Lüfte zu Marias Totenbett geflogen sein sollen, die einen sagen nach Jerusalem, die anderen nach Ephesos. Was ich noch spannend finde. In Ephesos ist der Tempel der Artemis. Artemis ist die Göttin der Jagd und des Waldes, sie ist die Schützerin der Frauen und Kinder –

Mich interessiert immer wieder die vorchristliche Zeit und das, was davon noch überliefert ist, wohlwissend, dass vieles,  besonders in Bezug auf die Kelten, in den Bereich der Spekulation fällt. An dem Tag des Kräutersegens dachte ich an die alten Geschichten der Kornkönigin, an den ersten Schnitt mit der goldenen Sichel (symbolisch), an Fruchtbarkeit und Tod – wer ernten will muss töten. Die Farben dieses Festes sind rot und schwarz, bzw. nachtblau.

Unsere Kräutersträuße haben wir mit weißem Salbeirauch gesegnet, Dankbarkeit für die diesjährige Ernte im Herzen. Mein Strauß hängt nun in der Stube und wird dort bis zum 02. Februar 2019 hängen, dann beginnt wieder alles von vorne, eine Spiralumdrehung weiter. Möge er mich durch die dunkle Jahreszeit tragen und mich immer wieder daran erinnern, dass unter dem Schnee das Leben (nur) ruht.

Ostschild

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„Würden die Pforten der Wahrnehmung gereinigt,

erschiene dem Menschen jedes Ding so, wie es ist,

endlos.“

William Blake, Die Hochzeit von Himmel und Hölle

Der Osten ist der Schild, wo die Schlange ihren eigenen Schwanz verschluckt – hier treffen sich Tod und  Geburt (Wiedergeburt).

0195aa 24.08.16 mein schild

„Allem Zukünftigen beißt das Vergangene in den Schwanz“ – mit dem Ouroboros oder Uroboros (griechisch Οὐροβόρος „Selbstverzehrer“, wörtlich „Schwanzverzehrer“; von griechisch ourá „Schwanz“ und bóros „verzehrend“; Plural Ouroboroi bzw. Uroboroi) und ähnlichen Symbolen ist die Ewige Wiederkunft (Friedrich Nietzsche) illustriert worden.“

( … konnte ich bei Wiki nachlesen)

Wer mein Buch „Gamuppels Sternenreise“ gelesen hat, wird sich an Sssa erinnern, die Schlange, die den kleinen Planeten von Gamuppel und ihn selbst bewacht, sie ist Uroboros …

Ostschild:

Die Zeit ist der Sonnenaufgang, die Jahreszeit der Frühling, Das Element ist das Feuer, die Farbe Gelb, Adler_in wohnt hier, die göttliche Liebe, die Spiritualität, Geist/Seele, die Visionärin/der Visionär, die Kreativität = Schöpfungskraft, die Vision = die Idee.

Hier finden sich Närrin/Narr, Trickster und die Coyoteenergie- nenne sie deine Überprüfer_in, oder finde ein neues Wort für die Instanz in dir, die dich auf die Probe stellt, die dich narrt, an der Nase herumführt, die dir zeigt was wirklich ist und nicht das, was du über dich, über das Leben, über alles und alle anderen denkst.

Osten 03

Geburt, Leben und Tod ist der ewige Reigen, Ein – Aus das Leben. Ein Thor, wer nicht wenigstens einmal nach dem Woher, Wohin und der Sinnhaftigkeit gefragt hätte! Im Osten geht es um die (eigene) Spiritualität: Was ist mir heilig? Woran glaube ich? Womit bin ich verbunden? Wie zeigt sich meine Schöpfer_innenkraft, wie sieht sie/er aus, ist es sie, ist es er, ist es überhaupt?

2013 im Juni fuhr ich zu einem Seminar, dass Meredith Little, zusammen mit meiner Lehrerin und drei anderen, leitete. Eine ganze Woche lang ging es nur um den Osten. Bis dahin war dieser Ort für mich in weiten Teilen im Nebel geblieben. Ich erahnte ihn mehr, als dass ich ihn wirklich bis dahin in mir gefunden hätte. Zu viele Fragen, zu viele Unsicherheiten stellten sich mir in den Weg.

Da es sich bei dem Modell der Vier Schilde um ein psychologisches Modell handelt, muss die Seele reif oder bereit sein, um mit den Schilden zu tanzen, um sie zu sich zu nehmen, um sie in sich zu verorten. Hindernisse und Nebel erzählen genauso vom Stand der Seele, wie Licht und Verstehen. Alles ist richtig, weil alles Jetzt ist. Es gibt in den Vier Schilden und den darin gemachten Erfahrungen kein Richtig und kein Falsch, alles ist heilig und alles gehört zu der eigenen Geschichte, die gewürdigt, integriert und gewandelt werden will.

Überraschender Weise hatte ich in der Woche mit Meredith leichte Gänge (gemeint sind hier die Aufgaben in der Natur und deren Ergebnisse). Am Ende des Seminars fragte mich Meredith: „Was machst du wenn all das wiederkommt?“ – „Ich hoffe, ich erinnere mich.“

Diese Frage, verbunden mit meiner Antwort, ist unvergessen. Sie ist seitdem meine „Medizin“. Sie beinhaltet das, was Nietzsche (s.o.) „Die Ewige Wiederkunft“ nennt, was ich vor einigen Tagen so beschrieb: Eine Wiederkehr, eine Wiederkehr. Ja. Immer-wieder-eine-Wiederkehr. Bewegung, Schnittstellen, Begegnung, Schnittpunkt, Stopp … weitergehen, wiederkehren.

Gemeint ist damit, dass gewisse Themen immer wiederkommen können, gleichzeitig aber haben wir eine weitere Umdrehung ums Rad gemacht, sodass das Thema nicht mehr dasselbe, wie zuvor ist; wie ich nicht die bin, die ich war, als sich mir das Thema zum ersten, zum zweiten, zum dritten, zum … Mal zeigte.

Osten 05

Gerda schrieb es am 31.08. auf ihrem Blog so:

Einer dieser Sätze lautet in gängiger Übersetzung: „Du kannst nicht zweimal in denselben Fluss steigen“. Das Originalzitat las ich heute nach: Ποταμώ ουκ έστιν εμβήναι δις τω αυτώ. Und das heißt: Du kannst nicht zweimal als derselbe in den Fluss steigen.


Noch einmal möchte ich Steven Forster und Meredith Little selbst zu Wort kommen lassen:

0130 29.07.15 trauer

Wenn wir unsere eigene Dunkelheit nicht aufgeben können, sind wir zu kraftlos, das Licht zu erkennen, selbst dann, wenn es uns mit der Wahrheit blendet. Wenn wir umgekehrt zu kraftlos sind, das Licht zu erkennen, können wir unsere Dunkelheit nicht aufgeben. Das Kind (Süden), das der Adoleszenz (Westen) nie entwächst, ist den Meeren der Erinnerung und des Gefühls ausgesetzt. Es verweigert den Wandel, fühlt sich in der Falle von Labyrinthen aus Möglichkeiten, wird zu einer wandernden Seele, die an einem sterbenden Körper haftet. Obwohl der Winter (Norden) gerade um die Ecke wartet, bleibt die Jahreszeit immer Herbst.

Der Schild des Neugeborenen steht in verblüffendem Kontrast zum Schild des jugendlichen Herbstes. Anstelle von Dunkelheit und Schatten gibt es dort Licht, Erhellung, Erleuchtung. Anstelle von Insichgekehrtheit und Innenschau strahlen dort Ekstase und schöpferischer Ausdruck. Anstelle psychischen Gefühls gibt es spirituelles Wissen. Im Herbst muss das Selbst lernen, das Selbst zu lieben. Im Frühling muss das Selbst lernen, den Geist zu lieben. Im Herbst sieht die menschliche Natur mit dem Auge der Selbsterkenntnis. Im Frühling sieht die menschliche Natur mit dem Auge der Imagination – das Große Bild. Im Herbst hausen die gefährlichen Ungeheuer des Gewissens – Schuld und Reue. Im Frühling ist das Gewissen nur ein illusorisches Hindernis für die Freiheit. Im Reich der Morgendämmerung gibt es weder Fesseln noch Gefängnisse (…)

Wenn Sie tatsächlich die Natur sind und die Natur ist Sie, dann ist jetzt die Jahreszeit (Frühling/Ostschild), sich selbst zu erschaffen, sich selbst zu heilen, sich selbst Briefe mit ausgebrüteten Eiern zu schicken.

„Initiation und Übergangsriten sind keine sozialen Formen, die der Gemeinschaft von wunderlichen Autokraten auferlegt wurden. Initiation folgt dem Weg, den der Körper nimmt, um Geist zu werden. (…)

Osten 02


Ich sagte es schon: Das Ostschild ist tricky! Und wie ich an euren vielen Kommentaren zu den ersten drei Schilden sehen konnte, ist es im Prinzip kaum möglich mit nur wenigen Worten und Bildern die Schilde darzustellen. Es entstehen Irritationen, die ich gut nachvollziehen kann, da sie sich teilweise mit meinen eigenen treffen, als ich mit der Ausbildung zur Visionssucheleiterin/zum Coach ausgebildet wurde.

Willkommen ist jede Frage und jede Irritation – ich lerne durch euch – eins meiner immerwiederkehrenden Themen heißt Klarheit und Weite, da gibt es noch viele Felder, ich erahne noch zig Umdrehungen!


Anmerkung

Das zweite Bild zeigt einer meiner persönlichen Schilde – im Süden wohnt bei mir nicht Maus, sondern Schildkröte, im Norden nicht Büffel, sondern das weiße Rentier mit den durchsichtigen Flügeln, im Osten nicht Adler, sondern Rabe, nur im Westen wohnt die Bärin, wie im klassischen Schild – alles hat seine Gründe …

Ich zeige es euch deswegen, um noch einmal zu unterstreichen, dass das eine das Modell ist, das andere die eigene Erfahrung … alles ist heilig!

zum Ostschild passt folgender Artikel von mir:

https://cafeweltenall.wordpress.com/2013/01/22/so-ging-es-lange-zeit/

und dieser, den ich vollkommen vergessen hatte:

https://cafeweltenall.wordpress.com/2012/05/14/ostschild/

Zitate aus dem Buch:

Steven Foster, Meredith Little – Die vier Schilde – Initiationen durch die Jahreszeiten der menschlichen Natur – Arun Verlag – ISBN 3-935581-72-6

Westschild

Ins Tief hinein

Die Jahreszeit ist der Herbst, die Himmelsrichtung der Westen, das Lebensalter die Pubertät/das Teenageralter, das Element ist die Erde, die Farbe Blau. Übergeordnet geht es ums Sterben: im Herbst stirbt das bunte Leben hin zur frostigen Starre. Deswegen ist es nicht tot, es ruht. In seinem Sterben liegt das Versprechen auf die Wiedergeburt im Frühling (Ostschild).

Hier haben Träumerin und Träumer ihren Platz.

Die Kraft und die Energie der Bärin stehen für das Westschild (sie geht im Herbst in die Höhle = Rückzug, dort wird sie ihre Jungen gebären = Neues wächst in dir heran und will geboren werden).

0196ab 27.08.16 am Anfang - neu

Es ist der Ort der Innenschau (dazu passt das Märchen von Frau Holle = das eigene Gold zu finden, die Geschichte von der Suche nach dem heiligen Gral, die Mythologie von Demeter und ihrer Tochter Persephone, sowie die von der Göttin Inanna und …).

Diese und verwandte Geschichten werden oft Held_innengeschichten genannt: es braucht Mut und Willen, um in die Tiefen hinabzusteigen und manchmal auch eine helfende Hand, wie in der Geschichte der Inanna, die von ihrer treuen Dienerin aus den Fängen von Inannas Schwester und Widersacherin, der schwarzen Göttin der Unterwelt, befreit wird. Es war allerdings Inanna selbst, die, als sie nackt an einem Haken in der Dunkelheit der Unterwelt hing, ihre Dienerin „rief“, sodass diese, tief mit Inanna verbunden, sie „hören“ konnte …

hanging on a hook - ein Versprechen auf Wiederkehr 02 2016

hanging on a hook – ein Versprechen auf die Wiederkehr

In der Pubertät beginnen wir Gegebenes zu hinterfragen, manches wählen wir, anderes lehnen wir ab, eine Abgrenzung zu den Eltern findet statt. In diesem Alter beginnt die Suche nach dem eigenen Platz im Leben, den wir dann nach und nach einnehmen. Ein langer Weg beginnt! Das ist damit gemeint, wenn es u.a. heisst, dass im Westen die Spreu vom Weizen getrennt wird. Hier zeigt sich, was wirklich zu einem selbst gehört und was nicht.

geheimnis Ulli_2 Geheimnisse der Jugend

Dem Westschild werden außerdem noch Selbstliebe, Gefühl, Intuition, Sexualität und Scham zugeordnet.

Ursula Seghezzi schreibt in ihrem Buch: Das Wissen vom Wandel

Der erste große Lebensübergang, den wir erleben und auch mitgestalten können, ist der Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenalter. In der Pubertät haben wir alle erlebt, wie das Bisherige (die Kindheit) nicht mehr gültig ist, während wir aber auch noch nicht ganz zu den selbständigen und verantwortungsvollen Erwachsenen gehören. Der Ethnologe Victor Turner nennt solche Zwischenphasen „betwix and between“ – nicht mehr das eine und noch nicht das andere. (…) Eine aufregende Zeit mit der in Ihrem Leben vielleicht jemals größten Offenheit für Ihr Potenzial und allen Möglichkeiten, das Leben zu gestalten. Und gleichzeitig ist die Pubertät eine sehr ungemütliche Zwischenphase ohne wirklichen Boden. Größtmögliche Offenheit bei gleichzeitig grundlegener Verunsicherung – das sind die Kennzeichen jeder Krise und der Nährboden für Entfaltung.

Visionssuchen werden auch Westschildarbeit genannt. Visisonssuchen oder Vision Quests /Soulquests sind in vielen Kulturen und seit ewigen Zeiten verankert. Es geht um die Initiation der jungen Frau zur erwachsenen Frau, des jungen Mannes zum erwachsenen Mann. Je nach Kultur ist die Dauer, sind die Bedingungen unterschiedlich.

regenmacher

Hier und heute geht man für vier Tage und vier Nächte, allein, umhüllt von einem Netz von Begleiter_innen und Mitquester_innen, ohne Nahrung, nur mit viel Wasser in die „Wildnis“. Es gibt eine Vorbereitungs- und einer Nachbereitungszeit. Schutz und Sicherheit sind ein wesentlicher Faktor in unserer „Arbeit“.

Es geht nicht um eine Mutprobe, es geht darum, dass sich etwas im Selbst wandelt. Etwas ist dabei sich zu verabschieden, das Neue ist noch nicht da. Wir sitzen zwischen zwei Stühlen = betwix and between.

Es ist ein Weg vom Westen in den Osten, im Osten wohnt das Neue/die Vision, die Geburt, der erste Schritt. Während diesem Prozess wirken der Süden (das innere Kind) und der Norden (der erwachsene Teil in uns) mit.

Die Pubertät ist der erste bewusst erlebte Übergang, es werden noch viele andere folgen, Schulabschluss, Studium- oder Berufsabschluss, sich auf eine Partnerin, einen Partner einlassen, Mutter/Vater werden, die Wechseljahre, das Alter, Verluste …

In der modernen Welt sind uns die Rituale abhanden gekommen, die noch existierenden haben oftmals ihre Sinnhaftigkeit, ihre Feierlichkeit verloren (z.B. Konfirmation, Jugendweihe). Die Visionssuche ist ein Ritual, das uralt und gleichzeitig immer aktuell ist, weil es immer um den einzelnen Menschen gerade eben Jetzt geht. Um das, was er/sie gerade jetzt loslassen will oder muss. Das Vergehende zu würdigen, noch einmal anzuschauen, zu benennen, um es loszulassen und gleichzeitig zu integrieren, das Kommende Willkommen heißen, mit allen mulmigen und freudigen Gefühlen, ist bewusst gelebter Wandel.

In allen Schilden wohnen Licht und Schatten, und jedes Schild kann jederzeit wirken. Das Rad dreht sich immerzu.


Ich hoffe, dass ich euch die Idee des Westschildes näherbringen konnte. Vieles wäre noch zu sagen, aber das ergibt sich vielleicht über den Kommentarstrang oder darüber, dass jetzt die Eine oder Andere ganz besonders neugierig geworden ist und überlegt, ob er/sie nicht vielleicht auch mal … Willkommen! Und natürlich gibt es auch jede Menge über Visionssuchen und kleinere Formate im Netz zu lesen …

Anmerkung

Das Buch

Ursula Seghezzi

Das Wissen vom Wandel (Die natürliche Struktur wirksamer Transformationsprozesse) ISBN 978-3-905881-19-6 Van Eck Verlag

Bei Ursula machte ich meine Weiterbildung für die Jugendarbeit/Visionssuchen und WalkAways für Teenager und junge Erwachsene. Mittlerweile ist Ursula Freundin, manchmal Arbeitgeberin und immer wieder eine Inspiration für mich. Sie hat das Rad für ihre Arbeit modifiziert, indem sie sich auf unsere hier wirkenden Wurzeln konzentriert und geforscht hat. Weitere Bücher von ihr sind:

Macht-Geschichte-Sinn (Was uns mitteleuropäische Mythen, Sagen und Bräuche über unsere Zukunft erzählen) ISBN 978-3-905881-18-9

Kompass des Lebens (Eine Reise durch die menschliche Natur) ISBN 978-3-905881-19-6

 

Sommerlied oder das Südschild

0033 12.02.14 sommermädchen

Der Süden steht dem Norden gegenüber. Im Nordlied ging es um das erwachsene Sein, um den Winter, die Gehörnten … ich vergaß zu schreiben, dass das Element Luft ist und die Farbe weiß, dass die universelle und die elterliche Liebe hier verortet sind.

Dem Süden wird in dem Modell des nordamerikanischen Medizinrades das Element Wasser zugeordnet, der Sommer, die Farbe Rot, die Maus, das kindliche Sein, die Unschuld, die Neugierde, das Spiel, die Sinnlichkeit, die unbedarfte Entdeckung des eigenen Körpers, die erotische Liebe.

Sommer

In der Sonne, die nur einmal jung ist,

lässt Zeit mich spielen und

golden sein vor ihrer Gnade …

bei meinem himmelblauen Treiben sorgte mich nicht,

dass Zeit in ihrem Lauf nur wenige

von solchen Morgenliedern uns erlaubt,

bevor die Kinder alle, grün und golden,

aus ihrer Gnade fallen …

Dylan Thomas, Fern Hill

Sommer

… es ist kein Ende gesetzt,

glaube mir!, dem Erfindungsreichtums des Sommers,

der Glückseligkeit, die dein Körper

aufzunehmen bereit ist.

Mary Oliver, Roses

Durch den Kommentar von Rotewelt auf meinen Nordliedartikel wurde mir klar, dass es äusserst einseitig ist, wenn ich mir ein, zwei Absätze aus dem Buch der Vier Schilde herauspicke und sie hier einsetze. So entsteht eine Art Starre in einem äusserst lebendigem Modell.

Meredith Little und Steven Foster lebten in den frühen neunzehnhundertsiebziger oder der späten neunzehnhundertsechziger Jahre eine Zeitlang mit einem Stamm der Lakotas zusammen. Sie lernten und „erfuhren“ das Medizinrad und die Vier Schilde und bekamen von den Lakotas die Erlaubnis und die Ermächtigung das Modell so zu modefizieren, dass es in die heutige Welt passt.

Wir leben nicht mehr in Stämmen zusammen, müssen unsere Mahlzeiten nicht mehr sammeln oder jagen, wir leben nicht mehr in den Rhythmen, wie es einst die Menschen taten. Wenn es gut geht, leben wir heute bewusst mit und in den Qualitäten der vier Jahreszeiten und selbst das wird durch die äußeren Anforderungen an uns und unser Leben für Viele immer schwieriger.

Auf meiner Webseite (siehe Seitenleiste oder http://ulli-gau-naturcoaching.eu/) schrieb ich:

„Wir sind nicht getrennt von der Welt. Wir sind Teil von der Welt, wie sie Teil von uns ist.

In unserer Zeit haben viele Menschen den Kontakt zur Natur bzw. zur Welt, wie sie wirklich ist, verloren. Viele spüren eine tiefe Sehnsucht nach Rückverbindung oder wünschen sich ihre Beziehung zur Natur zu vertiefen. Wenn Du Dich davon angesprochen fühlst, möchte ich Dich einladen, mit meiner Unterstützung, die Verbundenheit wiederzufinden oder Deine Beziehung zu vertiefen.“

Außerdem können uns die vier Schilde darin unterstützen die Qualitäten und Herausforderungen eines jeden Lebensabschnitts zu erkennen und zu erfahren, sie zu würdigen, sie zu verabschieden oder den neuen Zyklus im menschlichen Sein Willkommen zu heißen. Mit Hilfe von Ritualen können wir diese Übergänge lebendig gestalten.

Es geht nicht darum alle Menschen gleichzuschalten. Wenn ich mit dem Rad arbeite, sei es nun für mich oder mit anderen, dann wird Jede_r dort abgeholt, wo sie/er steht, immer geht es um die eigene Erfahrung, die man bei den Naturübungen, auf den Schwellen- und Medizingängen, den Visionssuchen macht- es geht um die eigenen Kräfte, Ressourcen und um den nächsten Schritt im eigenen Leben. Es stehen immer die eigenen Fragen im Vordergrund, ich selbst kann nur Angebote machen.

Wir schauen, was von den Qualitäten der jeweiligen Himmelsrichtung in ins schon lebendig ist, wie wir es leben und was sich noch entwickeln will (nicht muss!), wie jede_r einzelne für sich zu einer Harmonie innerhalb der Vier Schilde gelangt. Harmonie und Gleichgewicht sind, wie das Glück, flüchtige Augenblicke im Leben.

Hinzu kommt, dass jede Himmelsrichtung (jedes Schild) für sich alle anderen in sich trägt, dass wir es in dem Ablauf eines Tages von Sonnenaufgang, Mittag, Sonnenuntergang und Nacht wiederfinden. Je tiefer man in dieses Modell eintaucht, umso mehr Felder öffnen sich, über die man das Rad legen kann.

Ich kann hier nur ein „Geschmäckle“ geben. Zur Vertiefung gibt es dieses Buch und viele andere mehr, aber die beste Vertiefung ist immer noch die eigene Erfahrung.  Zu allen Himmelsrichtungen gibt es Übungen in der Natur und die daran anschließende Spiegelarbeit der Prozessbegleiter_in. Die darauf folgenden Rituale dienen der Transformation. Ich liebe diese Arbeit sehr, weil sie unmittelbar in die Erfahrung führt und nicht im Kopf hängen bleibt.

Spannend und erhellend finde ich auch immer wieder die „Achsenarbeit“: wie schwingt der Süden mit dem Norden, wie der Westen mit dem Osten, gibt es ein Gleichgewicht oder dominiert das eine Schild das andere, etc. …

In der nächsten Woche geht es dann mit dem Westschild weiter …


Jetzt zeige ich euch noch eine Auswahl roter Bilder. Noch immer finde ich Rot in Bildern schwierig, rot ist voller Leben und Kraft, kann aber auch aggressiv oder zerstörerisch wirken, von warm zu kalt werden, je nach der Auswahl der anderen Farben.

Anhang

Das Buch, die Methode, das Modell:

Steven Foster, Meredith Little – Die vier Schilde – Initiationen durch die Jahreszeiten der menschlichen Natur – Arun Verlag – ISBN 3-935581-72-6

Wieso die Maus?

https://cafeweltenall.wordpress.com/2016/03/01/die-geschichte-der-springenden-maus/

Einige Links zu Artikeln, in denen der Sommer und das Sommermädchen eine Rolle spielten:

https://cafeweltenall.wordpress.com/2013/07/18/sommermadchen-summergirl-oderor-bye-for-now/

https://cafeweltenall.wordpress.com/2014/06/21/sommergedanken/

https://cafeweltenall.wordpress.com/2012/08/20/blaue-stunde-5-teil-momentaufnahmen-turen-und-geschichtenwurfel/

https://cafeweltenall.wordpress.com/2011/07/10/wochenenden-konnen-wirklich-erholsam-sein/