Sonntagsbilder 11 2019

Ich habe mir ein Nest gebaut, ich halte mich geborgen –

draufklick = großes Bild

Manche von euch werden den Satz kennen und sich vielleicht an die Zeichnung erinnern, der ich einen neuen Hintergrund gegeben habe.

Darum geht es Zurzeit: ich brauche Zeit, Raum und Luft – und mein Nest, jetzt. So werde ich mich etwas rarer machen, ohne ganz zu verschwinden. Ich komme zum Lesen und Schauen vorbei, aber was und wieviel ich selber posten werde, lasse ich offen. Rückzug anstelle von Pause. Wie lange er dauern wird, weiß ich nicht. Dieses Mal weiß ich auch nicht, ob die Sonntagsbilder weitergehen werden, vielleicht ja, vielleicht nein. Erst einmal weiß ich nur, dass das Ping Pong-Projekt von Gerda und mir, sowie das Alltagsprojekt weitergehen werden.

Nun aber wird es Zeit, euch allen wieder einmal für all euer Wohlwollen, eure Kommentare und Sternchen von Herzen zu danken. Habt´s gut.

Eine Auszeit in der Auszeit

001 einstieg

Ich steige wieder langsam ein. Auch in Bloghausen habe ich nun die ersten Besuche gemacht, aber insgesamt bin ich doch noch sehr mit meinem Erlebtem beschäftigt, mit meiner Reise nach Asturien und meiner inneren Reise, die ich dort machte.

Visionssuche heißt das Zauberwort, eine Auszeit in der Auszeit. Drei Tage und Nächte schweigen, fasten, über die Erde gehen, bzw. die Berge hinauf und hinunter, auf der Erde sitzen, eine Wegmarkierung setzen, das, was ich loslassen will dort hineinlegen. Die Berge, Adler und Geier waren meine Zeugen, der blühende Stechginster auch und so manches Bergblümchen, gerade frisch aufgeblüht, namenlos und wunderbar, von Bäumen und Sträuchern, Himmel und Erde mal abgesehen.

003 stechginster
Ich wurde durchlässiger, die Sinne wurden von Tag zu Tag wacher. Ich spürte, roch, schmeckte, hörte, schaute, soweit es mit meinem desolaten Auge ging. Spüren, den Wind und die Sonne auf meiner Haut, die noch kühle Erde unter meinem Po. Das Land war weit, lieblich und gewaltig zugleich, wild und halbwild, hier war Raum. Adler (oder waren es Geier) kreisten so nah über meinem Kopf, dass sie Schatten auf mich warfen. Was sahen sie, sie, die Vögel mit dem größten Weitblick? Ich saß unterhalb des Gipfels, an einen Kalkfelsen gelehnt, mit meinem Regencape unterm Po, leise vor mich hinmurmelnd, von Angesicht zu Angesicht mit mir, meinem Leben, meinen Liebsten und Nichtliebsten. Ich sagte, was es (noch) zu sagen gab, ich verabschiedete mich, ich bedankte mich.

Ich liebe.

„Sie setzt sich in den Kreis, sie ruft. Es kommt, was kommt. Es kommt, wer kommt, alle sind willkommen. Und wieder reißt ein Schleier. Nun ist es nur noch einer. Die kleine blaue Frau denkt an die Insel des Spiegels, an: keine Reue, kein Bedauern, keine Scham und keine Schuld. Sie nimmt Abschied, sie vergibt, sich und allen anderen. Tränen fließen, Lachen perlt, letzte Liebes- und Dankesworte werden gesprochen. Bei manchen trifft sie auf Schweigen, bei anderen auf Abkehr. Nicht alles ist leicht.
Dann ist es vorbei. Nebelschwaden ziehen Schleier vor den Mond. Die kleine blaue Frau ist eingeschlafen.“

copyright Ulli Gau – Ausschnitt: Die kleine blaue Frau träumt Meer

004 geier oder adler

(Geier oder Adler?)

Die Adler (oder waren es Geier) sahen was war. Sie sahen eine kleine, ins Alter gekommene, pummelige Frau auf der Erde sitzen. Eine, die mit sich beschäftigt war, die keinen Schaden anrichten wird. Sie sahen mich. Wie der Hengst, rechts neben mir auf einem Hügel, er, der Chef der Herde, wie es mir schien. Ich schaute mit dem Fernglas, unsere Blicke trafen sich. Wir schauten uns lange an, unterhalb des Hügels graste die Herde. Allein und wild leben sie dort oben in den Bergen, ziehen ihre Bahnen, grasen und laben sich an der Quelle, die in einem Betonbecken gefasst wurde: halbwild eben. Sie schenkten mir Ruhe und Frieden, ich dachte nicht mehr an Wildschweine, die ja eh eher nachtaktiv sind, aber man weiß ja nie.

Die Nächte waren hell, es ging dem Vollmond entgegen, die Tag- und Nachtgleiche fiel in meine Auszeit. Alles spielte mit, alles war Spiegel. Ich spiegelte mich, ich ließ mich spiegeln. Nicht alles war einfach!

009 Nachbars Hund

Es kam die dritte Nacht. Käuzchen rief, Fuchs bellte, Nachbars Hund wachte, der Regen war gestern, am Morgen ging die Sonne auf. Ich war wieder zurück.

005 am morgen

Ich … dieses wandelbare Ding, das zulässt, loslässt, weglässt, lässt. Ich, die ich Gestalten verändere, die ich Viele bin, mit und ohne Flügel, mit leichtem und mit schwerem Schritt, bergauf und bergrunter. Leise, achtsam, mit weit offenen Sinnen und dieses mal auch ohne Kamera*. Bilder für mich. Stille Bilder, leise Lieder, weitergehen.

006 stille bilder

Bloghausen … unterwegs sein … wie es gerade auch wieder Jürgen ist. Als ich ihm nun auf seiner Route rückwärtig folge, spüre ich, dass er es SO richtig macht! Zwischen zweien seiner Etappen höre ich mich fragen, ob es nicht auch für mich nicht noch einfacher, noch schlichter geht. Klar, ich muss wirklich nicht viel haben, habe ich auch nicht, trotzdem ginge noch weniger. Ja, es ist wunderbar erholsam für eine Weile noch schlichter, noch einfacher zu leben, aber doch nur, weil ein etwas komfortableres Nest woanders wartet. Weil der Mensch (weil ich) auf Dauer nicht gern allein ist. Weil es ein Alter gibt, in dem es manches zu überdenken gilt. Was wäre wenn … genau dann ist so ein ganz schlichtes, einfaches Leben, irgendwo, in irgendwelchen Bergen (oder am Meer oder …), ohne Familie, Freundinnen und Freunden, ohne Vertrautheit, aber mit viel Fremdheit, keine Option.

007 schlicht

Auszeiten nehmen, in einen Rückzug gehen, das sind temporäre Optionen für die ich dankbar bin, die ich gerne noch ausdehnen, die ich gerne vermehrt in meinen Alltag einbauen möchte. Es ist die innere Haltung zu den Dingen und Geschehen, es ist nicht die Welt!

Jürgen schrieb, dass er besser damit fährt (im wahrsten Sinne des Wortes), wenn er sich den Tag und die Etappe nicht schon vorher vorstellt. Nie wird es so, wie es ihm seine Gespenster an manchen Tagen einzuflüstern versuchen. Aber auch nicht anders herum, wenn die Engel singen. Ich nicke, ich denke an meine Auszeit in der Auszeit, ich denke an meinen Plan und das, was dann wirklich geschah.

Unterwegs sein … alles ist Spiegel … immer. Kein Ziel, keine Abfahrt, keine Ankunft. Unterwegs sein.

008 unterwegs sein

Anmerkung

* ohne Kamera galt nur während der dreitägigen Auszeit, ansonsten sind alle Bilder, die ich hier zeige von meiner Reise – andere folgen

Gestern zeigte ich auch ein Bild bei pixartix →