Kurzrückblick 2022

Und je ein Monatsbild

Im Januar hatte ich Besuch. Wir nutzten einen der wenigen blau frostigen Tage und machten einen Ausflug in die Göhrde, dem größten Mischwald im Norden. Hierher zieht es mich seitdem immer mal wieder. Es gibt viel zu entdecken!

Das Jahr begann friedlich und freudig, aber schon bald haute es mich wieder um und ich lag ein paar Tage flach. Vor dem Fenster war die Welt in einheitsgrau getaucht. In mir wuchsen Ängste und Sorgen, die mich erst einmal auf Trab hielten.

Februar – das erste Sprießen und gefällte Entscheidungen lassen meine Schritte leichter werden, wenn auch mit leiser Wehmut, die das ganze Jahr mal mehr, mal weniger durchwirkte.

In der Ukraine begann der Krieg und ich verstumme noch mehr. Kein Wort dazu will sich aufs Papier schreiben, kein Bild hierzu kreieren. Schnell gibt es wieder überall Meinung – nun, so sind die Zeiten.

März – ja schau, die ersten Bienen fliegen schon wieder. Und ich beginne mit der Vorsaat. Da muss ich mich gehörig umstellen, der Schwarzwald war nie so schnell.

Endlich klären sich meine ewigen Kopfschmerzattacken – der Blutdruck ist zu hoch. Ich staune. Hatte ich doch bis hierher immer zu niedrigen … es dauert ein bisschen, bis er sich wieder eingependelt hat, aber ich weiß jetzt zudem, was zu tun ist. Leiser Aufschwung.

April – jeden Tag beschenkt mich der übernommene Garten mit Blumen, die schon hier waren als ich kam, aber auch Ende Juli 2021 schon längst verblüht. Der Garten, das Gelände, das Frühjahr sind meine Freude. Hier kann ich Sorgen, Sorgen sein lassen, atmen und sein.

Ab jetzt bin ich offizielle Rentnerin, Bonsairentnerin, wie eine Twitterfreundin so treffend formuliert. Noch zittere ich um Überweisungen zur rechten Zeit. Das eine ist die Rentenkasse, das andere das Grundsicherungsamt. Vorsichtshalber leihe ich mir Geld, um den Mai gesichert zu wissen. Welch weise Entscheidung! Welch tolle Freundin!

Nie zuvor und nie danach hatte ich solch große Existenzängste. Hier wohnen mächtige Gespenster. Es ist eben nicht leicht immerzu zuversichtlich zu sein. Auch diese Ängste haben Gründe. Sie anzuschauen, ihnen zuzuhören ist nicht verkehrt, es gilt lediglich ihnen keine Macht zu geben.

Eine erste Reise in den Schwarzwald über die Eifel gehörte auch zum April. Alte Freundinnen und Freunde wiederzusehen, sich miteinander auszutauschen, gemeinsam Kunst zu schauen, spazieren zu gehen, ist immer wieder ein Grund sich zu freuen. Wirklich leicht aber ist in diesen Zeiten niemanden ums Herz.

Mai – meinen Geburtstag feier ich mit einer der Besten an der Ostsee mit Sekt, Imbiss und Sonnenschein.

Ich betrete Route 66 und singe seitdem immer wieder dieses Lied – „Ich bin ein blaues Wunder“ – damit sei alles gesagt.

Juni – nun ist alles in der Reihe, die Ämter zahlen und es bleibt knapp, aber es geht – irgendwie.

Ich bewege mich in der Schere: Die Welt ist schön – Die Menschen lernen nicht.

Juli – Vier Wochen reise und arbeite ich. Zunächst mache ich erneut einen Zwischenhalt bei der ältesten Freundin und ihrem Mann in der Eifel. Unaufgeregtes Miteinandersein, wie ich es liebe. Sorgen ob der anhaltenden Trockenheit ist in allermunde. Noch Zuhause habe ich z.B. nicht mehr geduscht, wenn ich die Gartenblumen gegossen habe. Ich weiß, ein Tropfen auf den heißen Stein …

Ich lese von Maja Lund: Die Geschichte des Wassers – nicht gerade zuversichtlich stimmend.

Von der Eifel fahre ich in den Schwarzwald, um zu sein, zu kochen und zu organisieren. Es sind sehr bewegte Wochen und mir wird leicht und leichter zumute. Am Ende sage ich: Es war der leichteste Sommer seit langem.

Mittendrin besuche ich eine Freundin in der Nähe des Bodensees in ihrem neuen Zuhause. Dann wieder Schwarzwald, beim Umzug von meinen Kindern und Enkelkindern ins Wendland helfen. Seitdem hat mein Leben wieder Fahrt aufgenommen. Nur wollen sich noch immer kaum Worte aufs Papier bringen und auch kaum je ein Bild gestalten. Ich fotografiere, mehr nicht.

Der August bleibt heiß und trocken. Manche Bauern halten sich an die Maßgabe nur am Abend ihre Felder zu bewässern, viele leider nicht.

Der Schwung, die Leichtigkeit bleiben trotzdem.

Ich gewöhne mich daran, dass mein Sohn mit mir hier wohnt und dass die Tochterfamilie nun wieder in der Nähe ist. Noch sind Ferien und ich verbringe einen Teil der Tage mit den Kindern am See, an der Ostsee, im Wald, im Garten. Der Abschied von der Heimat fiel ihnen nicht leicht.

September – Endlich Regen – satt. Natürlich lamentieren wieder die Einen und Anderen. Ich genieße es.

Meine dritte Reise in den Schwarzwald steht an – eine Grippe hat mich im Griff und ich fahre halbmalat die 800 km. Spätestens hier war es zu viel des Guten und ich brauchte lange bis ich die Grippe richtig auskuriert und die Begegnungen verdaut hatte. Wieder fällte ich Entscheidungen. Wieder sind sie erleichternd und gleichzeitig von Wehmut durchwirkt.

Oktober – so langsam ruckelte sich hier alles ein. Der Oktober war golden und machte seinem Namen alle Ehre. Da hielt mich keine Stube! Ich kam wieder zu Kräften.

November – selbst dieser war golden, grün und ungewöhnlich sonnig.

Die Kräfte richten sich dennoch nach Innen. Sortierarbeit, Loslassen gehen weiter. Fünfundzwanzig Jahre sind nicht mal eben husch und weg. Alles, jeder und jedem gebührt ein Platz.

Dezember – diese zauberhaften sonnig frostigen Tage!

Wieder habe ich dollen Schnupfen und Husten, aber mehr Energie als im Herbst, viel mehr.

Ob es ein Fazit am Ende gibt?

Viel krank, viel Ärzteschaft, viele Sorgen und Ängste, viele Abschiede, der leichte Sommer, die Freude vor der Türe, Dankbarkeit für die Freundinnen und Freunde, stilles Sein.



Das war es für dieses Jahr. Am Mittwoch ist Wintersonnenwende und meine alljährliche Netzpause beginnt. Ich wünsche euch allen eine friedlich wohlige Zeit, wie immer ihr sie auch verbringt.

Wir lesen uns wieder im neuen Jahr.



Und drüben, bei der Frau Graugans, gehen noch bis zum 24.12. die Mutmaßungen weiter – Willkommen!



 

39 Gedanken zu „Kurzrückblick 2022

  1. Hab‘ lieben Dank fürs Mitnehmen auf diese Reise durch deinen Jahreslauf mit schönen Impressionen. 🙂 Ich wünsche dir frohe Festtage, inspirierende Rauhnächte und einen entspannten Übergang in ein lichtvolles neues Jahr. Herzliche Grüße 🐻

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    • Das nimmst du richtig wahr, lieber Joachim. Ich danke dir für die guten Wünsche, ich hoffe es auch sehr und gebe mein Bestes dazu.
      Auch dir schöne und friedliche Weihnachten und uns allen ein gutes, neues Jahr.
      Liebe Grüße
      Ulli

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  2. danke, ulli, für den rückblick – so weiß ich doch ein wenig von dir … die zeiten sind schwer, auch ich fühle mich bedroht vom verstummen, von düsteren gedanken … dennoch: grandiose lichblicke gibt es, immer wieder, und so ein „in der not wächst das rettende auch“ wünsche ich dir (mir selbst auch …) und stille, stilles sein, stille freude.
    sehr herzlich:
    pega

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    • Liebe Pega,
      diese Wünsche sind auch meine Wünsche und ich danke dir sehr dafür – ich wünsche mir noch für uns alle und der Welt ein friedlicheres neues Jahr …
      Herzensgrüße an dich, Ulli

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  3. Ja, Zuversicht fiel schwer in diesem fast beendeten Jahr, liebe Ulli. Der Menschheit und dir ganz besonders wünsche ich ein besseres. Hab eine gute Zeit, bis das neue beginnt. Alles Liebe und Gute wünsche ich dir.
    Ule

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    • Das ist schön, dass du das schreibst, liebe Ule, meine Wünsche sind in diesem Jahr mehr als sonst auf die Menschen selbst gerichtet – ich wünsche mir mehr Frieden im kommenden Jahr, weltweit.
      Und dir wünsche ich wohlige Tage, ob mit oder ohne Familie oder Freundinnen und Freunden und immer wieder ein Lachen.
      Herzlichst, Ulli

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  4. Liebe Uli!
    Licht und Schatten haben sich wohl in Deinem vergangenen Jahr sattsam gemischt. Aber mir scheint: Du bist zufrieden. Und nur das zählt. Für das kommende Jahr wünsche ich Dir alles Gute, Gesundheit und Muntersein.
    Liebe Grüße, bis bald
    Jürgen

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    • Herzensdank, lieber Jürgen, besonders noch fürs Muntersein … das wünsche ich mir auf der persönlichen Ebene sehr.
      Ich wünsche dir eine wohlige Zeit und ein gesundes, kreatives, freudiges 2023,
      herzlichst, Ulli

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  5. Ein Rückzugs-, Veränderungs- , Loslass- und Neustartjahr war das wohl. Ich wünsche dir einen guten Rutsch und Jahresbeginn und freue mich schon auf deine Worte, die wieder aufs Papier wollen. Alles Liebe!

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    • Irgendwie sowas, ja 😊
      Schauen wir mal mit den Worten, sie lassen sich nicht zwingen, was sie liebenswert macht.
      Herzensdank für deine guten Wünsche.
      Auch dir viel Gutes und Schönes, herzlichst, Ulli

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  6. Liebe Ulli,
    Ein kleine Wünschepyramide türmt sich hier gerade vor mir auf – es sind so viele, dass ich sie nicht alle aufzählen kann, aber sie sind alle für Dich❣️
    Friedvolle Feiertage und komm gut ins neue Jahr!
    Herzliche Grüße und mein Lesedank für den bewegenden Rückblick in Bild und Wort …🎄❄️🧚‍♀️
    Amélie

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    • Dann schauen wir doch mal welcher Wunsch deiner Pyramide sich auf meiner Wunschcollage materialisieren wird.
      Herzensdank, liebe Amelie!
      Ich wünsche dir rundum Wohliges.
      Liebe Grüße
      Ulli

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  7. Dein persönlicher Rückblick auf das gehende Jahr berührt mich sehr, fand ich doch Wörter wie Natur, Blumen, Farben, Dürre, Wassersparen, Frieden, Schwarzwald darin, die auch mir viel bedeuten. Vielleicht kannst du ja im nächsten Jahr auf der Reise an den Bodensee einen Kaffeehalt im Aargau einplanen, es würde mich sehr freuen.

    Ich wünsche dir im Neuen Jahr Gesundheit, Glück und Gottes Segen. Herzliche Grüße Ernst.

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    • Lieber Ernst, danke von Herzen für die Einladung ins Aargau, ich komme gerne darauf zurück und dann plaudern wir einmal ausführlicher 😊
      Ich wünsche dir eine friedliche und wohlige Zeit.
      Liebe Grüße
      Ulli 🌟

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  8. Ein bewegtes Jahr geht für Dich zu Ende, liebe Ulli, aber nun hast Du Deine Kinder wieder um Dich. Du bist von Deinen Liebsten umgeben, Krankheiten sind überwunden und die Durststrecke Geld hat sich gemildert, wenn ich richtig gelesen habe.
    Viel Unklares klärte sich und ich denke, es hilft, denn Unklares kann heftige Bauchschmerzen verursachen.
    Eine gute Zeit und ein gesundes Neues Jahr wünsche ich Dir, liebe Ulli
    Bruni
    PS Deine Bilder sind zauberhaft – wirklich alle

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    • Guten Morgen, liebe Bruni, hab herzlichen Dank für deine guten Wünsche und dein Lob für die Fotos.
      Ich wünsche dir eine rundum friedliche und freudige Zeit, sowie ein gesundes, neues Jahr.
      Liebe Grüße
      Ulli 🌟

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  9. Liebe Ulli,
    nach den vielen Turbulenzen kann sich das kommende Jahr gern von der stabilen guten Seite zeigen. Vor allen Dingen wünsche ich dir viel Gesundheit und ein entspanntes Auskommen, weil es so auffrisst, wenn man Existenzängste hat.

    Alles Liebe,
    Syntaxia

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  10. Liebe Ulli,
    danke, dass Du Dein Jahr 2022 mit uns geteilt hast. Fuer 2023 wuensche ich Dir von ganzem Herzen alles, alles Gute, vor Allem gute Gesundheit.
    Mach’s gut, und liebe Gruesse, auch von Mary,
    Pit

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