Punkt Null oder alles ist möglich

NullWas ist Leerheit?

Ich zitiere aus dem Buch: Das edle Herz von Karmapa Ogyen Trinley Dorje:

„Der Begriff der Leerheit suggeriert möglicherweise die Vorstellung von Nichts und Leere, doch tatsächlich soll er uns daran erinnern, dass nichts in einem Vakuum existiert …

Leerheit ist voller Potential, voller Wirkkraft. Richtig verstanden kann das Konzept der Leerheit eher unseren Optimismus als unseren Pessimismus nähren, denn es erinnert uns an unsere grenzenlosen Möglichkeiten und an unsere Gestaltungsspielräume in der Welt …

Jeder Zeitpunkt ist der richtige, um an den eigenen Träumen zu arbeiten …

Leerheit kann tatsächlich mit dem Konzept und der Funktion von Null verglichen werden. Null mag wie Nichts erscheinen, doch wir wissen, alles fängt bei null an. Ohne Null würden unsere Computer zusammenbrechen. Ohne die Null könnten wir nicht beginnen zu zählen, es gäbe keine Eins und keine Unendlichkeit. In diesem Sinne kann sich alles und jedes aus der Leerheit manifestieren …

Wir können alles möglich machen, doch nur, indem wir die notwendigen Bedingungen dafür schaffen …“

Es ist diese Definition, die ich vor ca. einem Jahr das erste Mal las, die sich beginnt in mir auszubreiten. Sie ist es, die mir zeigt, dass alles immer möglich ist, dass mein Wohl und Weh nicht abhängig ist von Jugend, von guten Umständen, von Partnern, Freunden und Freundinnen, von einem bestimmten Job etc., sondern einzig und allein an mir und meinen Visionen für mein Leben, meinen Entscheidungen und meinem Handeln.

Natürlich gibt es schwierige und weniger schwierige Umstände, aber genau hier kann ich einhaken, ich kann die Umstände verändern. Als erstes, indem ich sie nicht bewerte, sondern sie nehme als das was sie sind, bzw. (mir) erscheinen. Von hieraus kann ich weitergehen. Ich sehe vor mir den Punkt Null, sehe die Möglichkeit ins Plus oder ins Minus zu wandern, in jedem Moment, in jeder Sekunde meines Lebens …

Hierhinein spielt noch das Konzept der gegenseitigen Abhängigkeit:

„Jeder Mensch, jeder Ort und jedes Ding ist in seiner Existenz vollkommen abhängig von anderen – sowohl von anderen Menschen, als auch von anderen Dingen …

Dazu gehören die zahllosen Mahlzeiten, die wir in unserem Leben bereits eingenommen haben, aber auch die Sonne, die auf die Erde scheint, und die Wolken, die den Regen bringen, sodass Getreide gedeiht. Bestimmte Menschen kümmern sich um das Getreide, ernten es und bringen es zum Markt. Andere bereiten daraus ein Mahl für uns. Dieser Prozess verbindet uns …

Letztlich sind wir mit nichts und niemanden nicht verbunden … wir sind alle miteinader verbunden und zugleich die Bedingung für die Existenz anderer …“

Es sind die Entscheidungen, die wir treffen, die unser Handeln bestimmen und letztlich die Resultate.

„Handeln wir konstruktiv, so entsteht etwas Konstruktives. Handeln wir jedoch destruktiv, werden die Ergebnisse destruktiv und leidbringend sein. Alles ist möglich, doch müssen wir bedenken, dass alles, was wir tun, zählt und weit über uns persönlich hinausreicht …

Es bedeutet, unser Handeln hat Auswirkungen auf andere und dies macht uns füreinander verantwortlich …“

Je länger ich über dieses Konzept nachdenke, umso leichter wird mir. Ja, es wächst Optimismus, anstelle von Pessimismus und die Verantwortung für mich und alles Leben wird leicht, anstatt dass es mir auf die Schultern drückt.

Wie geht es dir damit?

25 Gedanken zu „Punkt Null oder alles ist möglich

  1. Gut geht es mir damit, wenn ich das lese…das werde ich mir noch mehrfach anschauen. Denn die Umsetzung in den Alltag, das heißt, sich immer wieder auch auf gewisse Sätze zu besinnen. Wichtig finde ich diesen: “Handeln wir konstruktiv, so entsteht etwas Konstruktives. Handeln wir jedoch destruktiv, werden die Ergebnisse destruktiv und leidbringend sein. Alles ist möglich, doch müssen wir bedenken, dass alles, was wir tun, zählt und weit über uns persönlich hinausreicht …

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    • ja, diese Sätze lese ich auch immer mal wieder- Menschen lernen durch Wiederholungen, nicht durch einmaliges Lesen oder Hören oder AnSchauen … schön, dass es dir genauso geht! Was mir daran auch besonders gefällt ist, dass in allem, was Karmapa hier sagt gleich alle Lebewesen, alles Leben miteingeschlossen ist: „Alles ist möglich, doch müssen wir bedenken, dass alles, was wir tun, zählt und weit über uns persönlich hinausreicht …“
      mögen wir achtsam sein 😉
      herzliche Grüsse
      Ulli

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    • „Denk- und Herzfutter“ gefällt mir sehr! Schön, dass es das für dich ist. Ich erinnere mich immer mal wieder daran und dann hole ich das Buch hervor und lese es noch einmal! Es kam schon einer kleinen Erleuchtung gleich, dass mit Leerheit nicht Leere gemeint ist. Und diesen Punkt Null finde ich schlichtweg genial!

      liebgrüss
      Ulli

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      • Wobei der Unterschied, den die Wörter Leere und Leerheit bei dir machen ja die Bedeutungen/Definitionen machen, nicht die Wörter an sich. Ich meine, wenn ich Leere sage, eigentlich meistens diese Leerheit.
        Das Wort ist mir zwar neu, nicht aber der Zustand, den ich beim
        Pilgern oft erlebt habe.

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      • Das finde ich jetzt schon noch spannend, denn wenn ich von Leere spreche ist das ein unangenehmer Zustand, ein Zustand in dem ich mich vernebelt fühle, den Kopf voller Watte, Null Gefühl …. wenn ich an die Leerheit denke, dann ist dieser Punkt Null voller Spannung, voller Möglichkeiten, voller Neugierde, also ein sehr wacher, spannungsgeladener Zustand …
        hach ja die Worte, die Definitionen und die eigenen Assoziationen …
        weischt ich habe mich schon immer gewundert, wenn gesagt wurde, dass Leerheit nichts mit Leere zu tun hätte … nun habe ich es kapiert- yippieh 😉

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  2. Hallo SoSo,
    wichtig ist fuer mich, dass ich ueberhaupt handele. Dabei setze ich voraus, dass es konstruktiv ist. Nicht-Handeln ist fuer mich selber, fuer meinen Gemuetszustand destruktiv. Handeln bedeutet nicht unbedingt aktiv sein. Es kann auch einfach z.B. Lesen sein. Hauptsache ist, ich tue etwas. Wenn es dann aber noch ein sichtbares Ergebnis hat, z.B. Gartenarbeit, oder wenn ich mich, wie bei meiner Radtoru gestern, einfach „nur“ an der Natur erfreue, dann geh es mir gut.
    Hab’s fein,
    Pit

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    • Lieber Pit, handeln ist auch für mich wichtig- da ich ja gerade auch mit dem Thema des Älterwerdens beschäftigt bin, denke ich auch immer wieder an das wunderbare Buch: zwei alte Frauen, ein Schüsselsatz daraus war, wenn schon sterben, dann wenigstens handelnd …
      Und heisst es nicht auch immer wieder: es geht ums Tun …!
      Trotzdem geht es in diesem Text ja darüber hinaus, hier wird auch die Verantwortlichkeit angesprochen, nicht nur mir selbst gegenüber, sondern allem Leben, allen Lebewesen gegenüber und danach wird meiner Meinung doch immer wieder viel zu selten gehandelt …
      herzlichen Dank für deins und liebe Grüsse
      Ulli

      pssst … war das ein Versehen mit „liebe Soso“ 😉

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  3. Die Leere war vor vielen Jahren Thema in der buddhistischen Gemeinschaft, der mein Sohn angehörte, und bei der ich oft zu Gast war. Meditationen sollten uns helfen, diese Leere zu erreichen um daraus neue Kraft zu schöpfen.
    Ich danke dir für diese Erinnerung und deine Gedanken.
    Herzliche Grüße schickt
    Elvira

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    • es ist wahr, liebe Elvira, die BuddhistInnen sind immer wieder mit dem Begriff und dem Zustand der Leerheit beschäftigt, ich habe immer einen Geist ohne Gedanken dabei assoziiert, wie so viele andere. Mit dieser Definition aber bekommt das Ganze einen ganz anderen Geschmack! Ich schrieb gerade an Soso: wenn ich von Leere spreche ist das ein unangenehmer Zustand, ein Zustand in dem ich mich vernebelt fühle, den Kopf voller Watte, Null Gefühl …. wenn ich an die Leerheit denke, dann ist dieser Punkt Null voller Spannung, voller Möglichkeiten, voller Neugierde, also ein sehr wacher, spannungsgeladener Zustand …
      in welcher Gemeinschaft war dein Sohn?

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  4. Pingback: Leere und so. | Sofasophien, Fallmaschen & Herzgespinste

  5. Liebe Ulli,

    danke für diesen Text. Ich verstehe „Leerheit“ zwar anders, aber dennoch gefallen mir diese versöhnlichen Sätze. Deshalb stelle ich vielleicht meine eigenen Gedanken hierzu zurück und lasse noch einmal alles auf mich wirken.

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    • na, jetzt bin ich natürlich total neugierig, liebe Sherry, und warum nicht unterschiedliche Sichtweisen debatieren?
      psssst . . . fehlt mir hier grad ein bisschen

      liebe Grüsse
      Ulli

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      • Liebe Ulli,

        okay. Ich habe gestern nochmal über den Text nachgedacht. Hier ein paar meiner Gedanken, die ich noch nicht abgeschlossen, mit dir teilen möchte:

        Leerheit:

        Die Leere, die ich verstehe oder empfinde, ist keine neutrale Leere, sie ist eine Quälende. Sie ist der Versuch, etwas Leben in sich zu empfinden, aber es nicht zu können und darunter zu leiden. Die Leere, von der ich rede, ist die der absoluten Erschöpfung und empfundener Hilflosigkeit, eine Art Minus-Energie. Die Chance hingegen, bei Null starten zu können, sehe ich vor allem dann, wenn ich etwas hinter mich gelassen habe und neustarten möchte. Der Unterschied zur „Leere“ ist hier aber für mich, dass ich auch die Grundenergie dazu habe, genau das zu tun: Das Gefühl von Motivation, Vorfreude, Kraft.

        Deine Gedanken zur Leerheit, deine Unabhängigkeit von Zeit, Ort und Umständen widerspricht sich meinem Empfinden nach ein wenig mit Konzept 2, dem Konzept der Abhängigkeit. Je abhängiger wir sind, desto weniger haben wir unser Schicksal eigentlich komplett in unserer eigenen Hand …

        Abhängigkeit:

        Dieses Konzept bejahe ich, denn es ist täglich beobachtbar, selbst, wenn wir uns mit dem Gefühl einer Identität, einer Trennung unserer Person von anderen, immer wieder selbst veräppeln. Autonomie ist meines Erachtens eine Illusion, die die einen mehr, die anderen weniger brauchen, um uns das Gefühl zu geben, die Welt und uns selbst bis zu einem gewissen Maße kontrollieren zu können. Denn je verbundener, abhängiger, korrelierender wir mit allem anderen sind, desto verstrickter fühlen wir uns, desto undurchsichtiger wird jede Handlung und die damit einhergehenden Konsequenzen. Und genau hier ist der Punkt, wo ich finde, dass Konzept 3 (konstruktives vs. destruktives Handeln) nicht ganz greifen kann:

        Der Glaube, dass Gutes zu tun nur Gutes bewirkt und Schlechtes nur Schlechtes, kann sich vielleicht auf kurzfristige Handlungskonsequenzen beziehen, aber niemals auf Langfristige. Gott weiß, was alles an Schrecklichem geschehen musste, damit ich auf die Welt komme. Ich kann einem Flüchtling oder einem Obdachlosen helfen, der aber aufgrund von Neid und Missgunst eines anderen Obdachlosen überfallen wird. Ich kann jemandem etwas spenden und er kann aufgrund dieser Spende ausgeraubt und getötet werden. Die Motivation oder der Charakter einer Handlung kann Schlechtes oder Gutes bewirken, auch wenn ihr Ursprung negativ oder positiv war – es ist quasi überhaupt nicht absehbar, ob eine gute Handlung auch langfristig (sogar kurzfristig ist in Frage zu stellen) wirklich nur zu etwas Gutem führt. Das ist der Fall, weil „alles mit allem zusammenhängt“ und wir nicht alle Zusammenhänge erkennen können. Könnten wir das nämlich, könnten wir in die Zukunft sehen.

        Deshalb finde ich den Grundgedanken dieses Textes gut, aber so fies wie ich bin, behaupte ich, er sei nicht zu Ende gedacht. (Ich hoffe, es klingt nicht arrogant, liebe Ulli).

        Lieben Gruß … ❤︎

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      • nein, liebe Sherry, ich finde es überhaupt nicht arrogant, sondern spannend!

        als erstes ging mir sofort durch den Kopf, dass ich ja den text ziemlich beschnitten habe, vieles von dem, was du ansprichst wird ebenfalls aufgegriffen und im Kontext behandelt … aber jetzt gehe ich mal auf deins ein:

        wichtig erscheint mir, dass wir zwischen Leere und Leerheit unterscheiden. So, wie ich dich verstehe sprichst du von Leere, die ich letztlich so erfahre, wenn ich sie erfahre, wie du sie beschreibst. Von daher habe ich nie verstanden wieso denn nun dieser Punkt so unbedingt erstrebenswert sein soll (bei den BuddhistInnen taucht er wieder und wieder und wieder auf) Karmapa nun hat ihn endlich für mich transparent gemacht und ich konnte den Unterscheid zwischen dieser gähnenden Leere und der Leerheit plötzlich verstehen und verstand nun auch, wieso es dieses Wort überhaupt gibt. Denn bis dahin kannte ich eben auch nur Leere.

        Der Punkt der gegenseitigen Abhängigkeit ist widerum etwas tricky, aber dann eben auch wieder simpel: ohne Bäcker kein Brot, ohne Bauern keine Kartoffeln, gemüse, kein Obst, ohne den Schuster (herrjeh, den jibbet ja eigentlich gar nicht mehr) keine Schuhe, ohne all die kleinen Hände keine Billig-T-Shirts (um mal mit der Zeit zu gehen – schief grins – )- was man nun endlos weiterführen kann. Im Laufe eines Lebens wird einem ja nach und nach klar, dass man eben nicht alles alleine und in Unabhängigkeit machen kann.
        Dann aber gibt es diese gemeine Abhängigkeit- Männer, die ihre Frauen in Abhängigkeit halten, die Wirtschaft das arbeitende Volk, Eltern, die ihre Kinde nicht begleiten, damit sie selbständige Menschen werden … um auch hier nur weniges zu nennen.
        Bei den ersten Beispielen bin ich sofort in der Empathie und Dankbarkeit für alle die Menschen, die mir ein gutes Leben bescheren … bei den zweiten Beispielen kann ich nur sagen: nein danke! Dem gilt es entschieden entgegenzuwirken.

        Was nun das konstruktive und destruktive Handeln anbelangt, da mag ich dir nicht widersprechen! Meine Erfahrung ist auch dahingehend, dass ich die betsen Absichten haben kann, aber wenn mein Gegenüber nicht offen dafür ist, läuft es ins Leere oder schief! Hier habe ich auch ehrlich gesagt noch nicht weitergelesen, mal schauen, ob er dazu auch etwas zu sagen hat. Ich denke, dass geht dann eher in die Richtung, ob ich gelassen bleibe oder in die Emotion gehe, nur weil meine ach so guten Absichten vereitelt werden …

        Immer wieder schön mit dir zu debattieren 🙂

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  6. Hi Ulli!
    Welch wunderbarer Beitrag, über den ich nun erst einmal einen Tag nachdachte.
    Leerheit?!?! Andere schrieben: wo nichts ist, ist das Nichts…… Oder diese kleine Geschichte vom Loch, was ist es, wo ist es und das was nicht ist, ist begrenzt? Ob das Nichts leer ist, oder nicht, oder was denn nun drin ist, darüber sahen und hörten wir einiges in den letzten Jahren, schwarze Löcher und so….( Bilder von Hubble gesehen mit ziemlich viel Rot, aber auch anderen Farben drumherum). Vielleicht ist Leere ein Gefühl?- wenn ich Fülle nicht sehe. Oder jetzt ist einfach mal etwas leer……., die Teedose vielleicht?
    Das Buch mit den zwei alten Frauen gefiel mir auch richtig gut. Ich verschenkte es, merkte aber da war nichts – es wurde einfach nicht verstanden. Es freut mich, dass es Dir gefällt und Deine Lebendigkeit.
    Herzliche Grüsse Ruth

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    • liebe Ruth, ich glaube wir müssen zwischen Leerheit und Leere unterscheiden! Sonst macht es ja auch keinen Sinn, dass es zwei verschiedene Worte sind, nicht?! Leere ist für mich auch ein Gefühl und ein nicht wirklich angenehmes …

      ja mit den Büchern … nicht immer spricht das selbe auch zu anderen, dann sind sie eben woanders- aber ich freue mich, dass es dir gefiel.
      Sonnige Hochschwarzwaldgrüsse zu dir hin
      Ulli

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    • Liebe Ulli,

      danke für deine Erläuterungen. Den Unterschied zwischen Leehrheit und Leere habe ich nun verstanden. Vermutlich war ich auch etwas irritiert, weil ich diesen Punkt weniger „Leerheit“ nennen würde. Daran haftet für mich wohl immer etwas eher „Negatives“ an.

      Was die Abhängigkeit angeht: Ich meine sogar eine weitaus tiefere Abhängigkeit als die vom Becker, vom Arzt, von der Mutter. Alles hängt von allem ab, und zwar das komplette Universum, wie wir es kennen. Ich gehe dabei auch in Richtung Chaostheorie, dazu komme ich aber später noch einmal. Die Abhängigkeit von Frau und Mann, die in eine destruktive und entwürdigende Richtung geht, ist natürlich nicht gesund. Das Interessante ist aber, dass „gesunde Menschen“ abhängig sind von sehr vielen Menschen (bzw. in Wechselbeziehung stehen), während so „hörige“ Menschen nur von einer einzigen Person abhängig zu sein scheinen. Die Wechselbeziehung/Abhängigkeit von vielen ist auf jeden Fall gesünder, sie verteilt sich besser, aber wir sind dennoch genauso abhängig.

      Das mit dem „Konstruktiven und Destruktiven“ der Handlungskonsequenz leuchtet mir ein, wie du es erklärst. Aber auch das sehe ich wiederum in einem viel unverselleren Zusammenhang, nicht nur zwischenmenschlich. Ich gebe dir ein Beispiel oder mehrere: Ich rette in guter Absicht eine Tierart, die sich dann urplötzlich stärker vermehrt als es für die ökologische Nische gut wäre; 2-3 weitere Arten sterben dadurch, auch wenn ich die eine gerettet habe. Vermutlich erfahre ich sogar nie etwas darüber. Oder: In der Zeit des Nationalsozialismus gibt es grausame Experimente an Menschen, dadurch kommen wiss. Erkenntnisse zustande, die mehr Menschen gerettet haben, als der Nationalsozialismus Opfer gefordert hat. Ein Kind wird von seiner Mutter ein Leben lang degradiert und schlecht gemacht. Diese Degradierung bewirkt, dass dieses Kind einen heftigen Überlebenswillen entwickelt und hohe, sehr allgemeinnützige Ziele erreicht, die noch Generationen danach für alle Menschen nützlich ist. Hier ein sehr aktuelles Beispiel für mich: Der Shah begnadigt Khomeini, bevor er Führer eines islamischen Staates wurde. Das, obwohl er Hochverrat begang und darauf eigentlich die Todesstrafe stand. Jahre später kam er zurück und richtete 20.000 Menschen hin und schickte Millionen Iraner in einen Krieg, der sie beschäftigten sollte, während er seine Diktatur stabilisierte. Das sind die „kurzfristigen Konsequenzen“, was die Langfristigen Konsequenzen von Gutem, Gnade, Erschaffendes und Liebendes sein kann, wissen wir nicht. Oder was die guten Konsequenzen von Grausamkeit sein können, wissen wir nicht. Ich denke, das liegt daran, dass die Regeln des Universums nicht nach gut oder schlecht bewerten, sondern eine Handlung gleich eines Dominosteines einfach eine zwingende Reaktion erzeugt – gleich ob gut oder böse. Dass wir Menschen daraus machen „Gutes erzeugt Gutes und Böses Böses“ ist nur für uns und unsere unmittelbare, noch „berechenbare“ Umgebung gedacht, im Sinne von „Wenn ich Ralf eine in die Fresse haue, haut er mir eine zurück. Und wenn ich Ralf zum Kaffee einlade, dann tut er mir das nächste Mal etwas Gutes.“ Das ist zwischenmenschlich und kurzfristig häufig richtig, aber langfristig sind die Konsequenzen unserer Handlungen überhaupt nicht abzusehen.

      Tut mir echt Leid, dass ich soviel geschrieben habe, liebe Ulli … ❤
      Danke dir für die Unterhaltung.

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      • Liebe Sherry, das sind sehr wichtige Punkte, die du hier ansprichst, die ich auch unterschreibe- es wäre auch zu einfach, nicht wahr? nun denke ich aber erst einmal weiter! ich danke dir, dass du dir so viel Zeit nimmst, gestern schon habe ich überlegt, ob ich diese feine Debatte nicht veröffentliche … mal schauen, mir rennt gerade die Zeit etwas weg- ich finde es eben so wichtig, dass wir miteinander ins Gespräch kommen, damit meine ich die Bloggemeinde, die mir mittlerweile fast zu viel liked … aber das hatten wir ja auch schon mal- und so, wie mir die Zeit wegläuft, tut sie es wohl auch anderenorts … darum nochmal ein ganz grosses DANKE an dich!
        liebe grüsse Ulli

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        • Gern, liebe Ulli. Falls du diese Debatte irgendwann wirklich einmal veröffentlichen möchtest, lass mich dann nur einmal drübergehen; ich mache oft Tipp oder Formulierungsfehler, weil ich schnell und kopflos schreibe. ❤

          Ja, mir fehlt manchmal die innigere Auseinandersetzung in der Bloggergemeinde; aber das liegt manchmal auch daran, dass man zu wenig Zeit hat. Ich like meistens auch nur, weil ich die meisten Blogs nachts im Bett lese, mit dem iPhone.

          Danke. ❤

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          • ich muss grad lachen: ich schreibe auch oft so flink, dass ich meine Tippfehler gar nicht merke … also, wenn … dann, ich weiss Bescheid, aber dass du kopflos schreibst, DAS glaube ich dir nicht wirklich – lach und weg

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