Zürnet den Göttern und Göttinnen nicht, es sind auch nur Menschen…

Ein gewagter Titel. Ja.

Ich schrieb den ersten Entwurf schon vor ein paar Wochen, aber dann schob sich immer wieder anderes darüber, darunter und dazwischen. Heute nun wurde ich durch einen neuen Artikel von Sherry (dieser Artikel ist geschützt und somit nicht ohne Sherrys Einverständnis einsehbar) an ihn erinnert.

Wie also komme ich auf diesen gewagten Satz, der für die Eine und den Anderen eventuell blasphemisch herüberkommt?

(Nein, es geht mir nicht ums lästern. Das zuerst. Ich respektiere jeden Menschen, der, die glaubt, an wen auch immer noch. Solange kein Dogma herrscht und solange nicht im Namen Gottes und der heiligen Dreifaltigkeit, im Namen Allahs oder wem auch immer noch Kriege geführt, Menschen stigmatisiert oder umgebracht werden.)

Ein Buch von Heide Göttner-Abendroth war es, das mich zu diesem Satz trug. Sie ist Philosophin, Kultur- und Gesellschaftsforscherin. Das Buch: „Inana, Isis und Rhea“ – die Mythologien der Sumerer, Ägypter und Griechen – aus ihrer Sicht beschrieben.

Schmunzeln durfte ich über die Torheit so manchen Gottes in seiner Konkurrenz zur Göttin, wie z.B. bei Inana und Gilgamesch. Verfolgen durfte ich den Auf- und Abstieg so mancher Gottheit, sowie ihren Verwicklungen in Liebe, Eifersucht, Intrigen und Macht. Klingt das denn nicht schon menschlich genug?

Mythologien als Spiegel der Zeiten und Orte, wo sie entstanden, sich hielten und untergingen, weil andere Geschichten geschrieben wurden und weil Göttinnen, Göttern Platz machen mussten, dem Zeitgeist vielleicht, bis hin zu dem Einen, der nun schon mit seinem Zepter über mehr als 2000 Jahre, gemeinsam mit seinem Sohn und dem heiligen Geist, mehr schlecht als recht, regiert. Aber zürne ich ihnen? Nein. Abgesehen davon, dass es sie für mich nicht gibt, nicht mit Rauschebart und nicht mit allessehenden Augen. Nein, ich zürne den Menschen. Denen, die aus Spiritualität Religionen als Durchsetzung ihrer Machtgelüste kreieren und als einzig geltende Wahrheit verkaufen.

Religionen und Spiritualität entstammen einer Wurzel, dem Wunder Leben. Diesem Wunder Leben, das wir versuchen zu begreifen. Ebenso wie uns selbst in unserem Geborenwerden, dem Heranwachsen, Altern und Sterben. Auf der Suche nach einem Halt, nach einem Sinn. In dem Ringen um Verständnis der Endlichkeit. Dem, was mir passiert und dir nicht, was die einen Schicksal nennen, die anderen Karma – das Gesetz von Ursache und Wirkung – und wieder andere schlicht Zufall. Dem nicht Hinreichen der Naturwissenschaften Leben erklärbar zu machen und bis heute der Entstehung von Leben in seiner vielfältigen Gestalt noch immer antwortlos gegenüberstehen.

(Nun versucht man auf dem Mars einer Antwort näher zu kommen…)

All dies sind die Quellen aus denen Mythologien und auch Märchen gespeist werden. In ihrer Symbolkraft lässt sich so manches finden, was das Leben, vor allen Dingen aber MenschSein verstehbarer macht. Sie rühren mit ihren Geschichten, Bildern und Symbolen am Ur des Seins. Archetypen von C.G. Jung genannt.

Während sich Spiritualität aus dem unmittelbaren Erleben und deren Erfahrungen speist und oftmals keine Worte findet für das Unbeschreibbare, vielleicht noch ein Bild, ein Gedicht oder eine musikalische Komposition, knechtet Religion Völker mit Dogmen, Hierarchien, Geboten, Verboten, Verheißungen bei gleichzeitiger Verdammnis. Dagegen… zürne ich.

Zwei weitere Bücher zum Thema, sind von Heide Göttner-Abendroth erschienen:
„Fee Morgane“ – der heilige Gral, Göttinnenmythos aus dem keltischen Raum, sowie „Frau Holle, das Feenvolk der Dolomiten“ – Göttinnenmythos Mitteleuropas und der Alpen. Noch stehen sie auf meiner Wunschliste.

Es sind bei weitem nicht alle Buchtitel dieser Autorin, die es so wunderbar versteht die Mythologien nachzuerzählen und im Anschluss mit ihren Bemerkungen, ihrem Wissen zu bereichern. Sie ist die Erste, die es bei mir geschafft hat, dass ich den Geschichten, weil ansonsten immer etwas sperrig geschrieben, gefesselt, bis zum Ende gefolgt bin. Und mich ganz nebenbei in meiner Sicht vom Aufstieg und Untergang von Göttern und Göttinnen bestärkt hat.

Es bleiben offene Fragen. Ja. Zum Beispiel die: wem oder was danken wir, wenn wir dankbar sind? Wem oder was zürnen wir, wenn sich das Leben von seiner ungerechten Seite zeigt? Was ist es, dass manch Moment im Leben als heilig erscheinen lässt? Und was ist der Tod… was das Leben?
Das sind die Fragen aus dem der Stoff der Mythologien und Märchen gewebt ist und es ist der Stoff mit dem ich gerne meine Hirnwindungen ummantele. Meine Seele dankt es mir…

(draufklick = groß)

7 Gedanken zu „Zürnet den Göttern und Göttinnen nicht, es sind auch nur Menschen…

  1. Vielen Dank, liebe Frau Blau, für deine Gedanken und Tipps zu diesem Thema. Für mich war der wichtigstige und gleichzeitig für mich klarste Abschnitt dieser hier:

    „Religionen und Spiritualität entstammen einer Wurzel, dem Wunder Leben. Diesem Wunder Leben, das wir versuchen zu begreifen. Ebenso wie uns selbst in unserem Geborenwerden, dem Heranwachsen, Altern und Sterben. Auf der Suche nach einem Halt, nach einem Sinn. In dem Ringen um Verständnis der Endlichkeit. Dem, was mir passiert und dir nicht, was die einen Schicksal nennen, die anderen Karma – das Gesetz von Ursache und Wirkung – und wieder andere schlicht Zufall. Dem nicht Hinreichen der Naturwissenschaften Leben erklärbar zu machen und bis heute der Entstehung von Leben in seiner vielfältigen Gestalt noch immer antwortlos gegenüberstehen.“

    Wir haben durch die Naturwissenschaften inzwischen zwar den Aberglauben verdrängen können, aber der Glaube ist noch immer da, und der wird auch bleiben, er ist irgendwie überlebenswichtig. Es ist nur so, dass der Glaube endlich aus den engen Kinderschuhen dogmatischer Religionen wachsen sollte, sonst verwehrt man sich besondere Erfahrungen.

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    • Liebe Sherry,

      tausend Dank für deine Antwort. Naturwissenschaft ist das eine, Mystik das andere, soll heißen, es gibt eben mehr in dieser Welt, als die Naturwissenschaft erklären kann. Und das ist – für mich – auch nur gut so.

      herzlich grüßt dich
      Frau Blau

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      • Liebe Frau Blau, ich freue mich sehr über Deine Gedanken, auf die ich schon neugierig war, nach der Ankündigung in Sherrys Blog. Auch mir gefallen die von ihr hier zitierten Zeilen, die Du geschrieben hast, SEHR!
        Zu Deinem Kommentar: auch die Naturwissenschaften können immer nur innerhalb ihrer zeitlichen Grenzen erklären und unterliegen einer ständigen Entwicklung, Fortschritten wie Rückschritten. Beispiel: Sigmund Freud hat die Religion als Trost und Illusion beschrieben und sie mit den Tröstungsmitteln Kunst und Philosophie gleichgesetzt. Später wurden die meisten seiner Arbeiten als unwissenschaftlich beschrieben. Inzwischen versuchen sich Hirnforscher einigen seiner Theorien wieder anzunähern.
        Das ist nun alles ganz kurzgefasst dahingeschrieben, möchte damit nur sagen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse oder Glaubensfragen aus meiner Sicht auf Menschen in ihrer Zeit zurückzuführen sind. Und das wiederum tröstet mich.
        Thanks, mb

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        • Liebe MB,

          Ja, es ist Trost und ist gleichzeitig Gewissheit, dass wir eigentlich nichts wirklich wissen 😉

          Manchmal denke ich, dass es das vielleicht auch gar nicht braucht? Weil nichts ist? Ja, ein beliebtes Thema in den letzten Wochen von mir.
          Kunst als Tröster, Philosophie auch… warum eigentlich nicht? Würden wir ohne sie tatsächlich nur jammernd über diesen Erdenball gehen? Ich glaube nicht 😉 Spaß beiseite… mich tröstet es, dass niemand, die einzig zählende Wahrheit in der Hosentasche trägt, dass Jede und Jeder für sich den Weg gehen muss, um für sich eine Wahrheit zu finden. Schön, wenn sie sich an dem einen und anderen Endpunkt trifft. Das ist für mich wirklich Trost.

          lieb grüßt dich Frau Blau

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  2. Interessanter Artikel, danke dafür. Es stimmt, der Mensch möchte verstehen und begreifen wie warum, was zustandekommt. Ich habe lange gesucht, das finden einer Antwort, die für mich stimmig war, hat mir Frieden gegeben und mich gesunden lassen. Das ist das was für mich zählt, nicht was andere davon halten oder daraus machen.

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    • liebe Sabine,

      du sprichst da etwas sehr Wesentliches an. Ja es gibt die verschiedenen Wege und Methoden. Und meiner Meinung nach gibt es sie, weil wir Menschen ebenso unterschiedlich, wie vielfältig gestrickt sind. Aber das, was zu erreichen ist, ist Frieden im Geist und Freude am Leben, Mitgefühl mit den Anderen und Engament für das Leben, durch welche Methode/welche Religion, welchen spirituellen Weg auch immer noch. Schön, dass du für dich deins gefunden hast!

      herzliche Grüße U.

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  3. Pingback: die Welt der Märchen |

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