minimalistisch

Es ist der halbe Meter Schnee, der von vorgestern Nacht auf heute Morgen gefallen ist, der alles aufs Wesentliche reduziert.

Es ist der eingeschlossene Sauerstoff, der Lücken im Schnee türkis schimmern lässt.

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Es ist die Verantwortung, die mich dreimal täglich von der Haustüre bis zur Strasse Wege schaufeln lässt, Verantwortung für uns und alle, die zu uns kommen wollen oder müssen.

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Es sind die Formen, die die fehlenden Farben ersetzen …

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Und wenn ich mich dann von der Haustüre bis zur Strasse oder bis zur Scheune schaufel (dort muss ich drei- bis viermal täglich hinein, um das Hausfeuer zu schüren), dann frage ich mich was wohl alle die Leute schreiben würden, wenn ihr sehnlicher Wunsch nach viel Schnee denn Wirklichkeit würde. Und ich denke auch an das Buch von Selma Vallis: zwei alte Frauen.

Wir hier müssen nur schaufeln, wir brauchen keine Erfrierungen fürchten, kein Verhungern, der Winterdienst leistet grossartige Arbeit, hält die Strassen frei, hält den Alltag aufrecht, auch wenn die Fahrten jetzt von A nach B etwas länger dauern, aber das ist nicht überall so. Machen wir uns nichts vor, gerade eben erfrieren und verhungern Tausende auf ihren Fluchtwegen und in den grossen Städten. An diese Menschen muss ich auch denken, wenn ich mich von der Haustüre an vorwärts schaufel.

24 Gedanken zu „minimalistisch

  1. Hallo Ulli,
    jetzt hat’s Euch aber wirklich erwischt! Als ich diese Bilder sah, musste ich auch denken: von hier aus der Ferne sieht das ja verlockend schoen aus, aber wenn man drin steckt …?! Ich glaube, da waere ich auch ganz schnell „entgeistert“.
    Troztdem: hab’s fein,
    Pit

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    • das ist genau was ich meine, denn wenn so viel Schnee fällt wird der Bewegungsfreitaum schnell eng und die Pflichten rufen. Ich habe Muskelkater vom schippen, aber eben … ich mag nicht jammern, es könnte viel schlimmer sein!
      In der Stube ist es herrlich warm und dann weiss ich, dass ich es mir und dem Liebsten zu verdanken habe, er schürt das Feuer am frühen Morgen an und schaufelt die erste Runde, bis er weg muss und dann bin eben ich dran … liebe Grüsse Ulli

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    • ja genau, ich lebe auf 1000m Meter Höhe im Südschwarzwald mit freiem Blick bis zu den Schweizer Alpen, wenn es denn die Wetterfront zulässt …

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  2. Diese Gedanken an Erfrieren, Verhungern und anderes kommen mir auch, wenn ich von enormen Kältewellen höre oder an Obdachlose denke. – Ich möchte nie und nimmer so viel Schnee schaufeln müssen – aber wenn ich die Wahl hätte, dann doch lieber Schnee als diese wahnsinnige Kälte.
    Der Winter geht auch mal vorbei, als Trost für dich!

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    • in diesem Jahr hadere ich nicht so, wie ich es schon tat- mittlerweile lerne ich als olle Flachländerin die Qualitäten eines richtigen Winters schätzen. Entschleunigung zum Beispiel braucht gar keine Anstrengung mehr- und ja, es wird jedes Jahr wieder Frühling-

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      • ich finde eben, dass wir oft wegen diesem und jenem rumjammern und wenn ich dann an andere Schicksale denke relativiert sich eben so einiges- gerade fällt mir wieder einmal eine Liedzeile von Georgette Dee ein: warum glaubst du eigentlich dein Leid, dein Schmerz wären riesengross …

        danke fürs nacherklären
        verbundene Grüsse Ulli

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  3. Schnee … Ich würde fegen, schieben, schaufeln. Am liebsten zusammen mit Nachbarn oder mit anderen Menschen. Nicht mit verkniffenem Gesicht, sondern froh über die weiße Pracht stünde ich drei-, viermal am Tag da und schippte … Wirklich.

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    • das glaube ich dir aufs Wort. lieber Emil- und ja, auch ich schippe nicht mit verkniffenem Gesicht, aber leider auch nicht mit anderen, da brutschelt hier so jede und jeder für sich- schade … aber immerhin habe ich gerade mit der schönen Nachbarin einen Espresso getrunken, nach sieben Jahren haben wir es endlich einmal geschafft und uns gefragt wie doof wir denn eigentlich sind- nun gibt es neue Ideen für gemeinsame Aktionen, darauf freue ich mich!

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  4. Deine Bilder relativen meinen Schneefrust von heute morgen. Ich durfte auch Schneeschieben. und das nicht zu knapp, aber nur einmal und heute Abend war der Schnee schon wieder weg. Ich hoffe das bleibt er auch, denn ich bin absolut kein Winterfan. Gerne verzichte ich darauf, so hübsch es auch aussieht und so still es auch wird —
    Ich bin dagegen. 🙂

    Herzliche Grüße,
    Szintilla

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    • ich muss schmunzeln, denn ich musste auch an dich denken und deine Abneigung gegen Winter und Schnee, ich lerne von Jahr zu Jahr besser mit dem umzugehen was ist, so erspare ich mir so manchen Frust 😉

      liebe Grüsse vom Schneeberg, komme gerade wieder vom schippen rein und habe eine Freude, dass ich nun wieder einfach von hier nach da gehen und fahren kann 🙂
      Ulli

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  5. Deine Schaufelmeditationen sind mir nachvollziehbar. Vielleicht kommt es auch hierher. Noch gehe ich ohne das Weiße Feuerholz- und Kohlen holen. Das Foto mit dem blauen Behälter gefällt mir besonders gut!

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    • der Schnee macht selbst Baucontainer schön 😉 … bis gerade eben schien die Sonne, es war eine Freude wieder Maulwurf zu spielen, aber nun flockt es wieder heftig … so viel Schnee hatten wir schon gut drei jahre nicht mehr …

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  6. Pingback: Nur die Wertung muß ich ändern (32/333) | Gedacht | Geschrieben | Erlebt | Gesehen

  7. Das sind schöne Gedanken, liebe Ulli, die du da im Angesicht des Schnees anstellst. „Zwei alte Frauen“ nehme ich mir morgen noch einmal vor. Ist lange her, dass ich dieses bewegende Büchlein las. Heute – nach einem aufwühlenden Gespräch über Patientenverfügungen und Magensonden – erscheint mir die alte Sitte der Eskimos, allein hinaus in den Schnee zu gehen, wenn sie den Tod nahen fühlen, sehr klug und natürlich.

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    • da sagst du etwas Wahres, liebe Maren, es gibt von mir eine kleine Kugelschreiberzeichnung aus den späten 70iger Jahren, da tanzt eine Frau auf einem Berg, umgeben von Wald, die Frau war ich und die Zeichnung heisst: in den Tod tanzen- ich mag diese Vorstellung immer noch sehr! Auch den Brauch der Sterbehütte, der nun ritualisiert wurde, eine sehr spannende Erfahrung war das. Ich werde dies im Herbst hier anbieten!
      ich wünsche dir einen schönen Sonntag, liebe Grüsse Ulli

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  8. Wohl dem Menschen, der in den Tod tanzen kann, denn er wird gelebt haben. Das Stichwort „Sterbehütte“ notiere ich mir gleich mal. Ich weiß nicht wirklich viel darüber. Der Seele im Zusammenhang mit Tod und Sterben größeres Gewicht beizumessen, als es in unseren Breiten gemeinhin der Fall ist, hielte ich jedenfalls für sehr wichtig.
    Herzliche Sonntagsgrüße zu dir auf den Winterberg!

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  9. Da ich nicht schippen müsste, würde hier so viel Schnee fallen, würde ich ihn regelrecht begrüßen. Wäre es anders, gefiele mir Emils Gemeinsamschaufeln ausgesprochen gut!
    Liebe Grüße,
    Elvira

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