Maria hatte ein drittes Mal geheiratet, den Sepp, den Depp, wie ihn Ursula heimlich nannte. Ursula war vierzehn Jahre alt und ging damals schon oft ihre eigene Wege, die Mutter ging ihre. Und jetzt sollte sie also „Vati“ sagen. Sie würde zu niemanden Vati sagen, niemals.
Ihren Vater hat sie nie kennengelernt, er fiel, als sie im Bauch von Maria heranwuchs.
-Du kannst froh sein, dass dein Vater gefallen und nie zurückgekehrt ist, war die Standardantwort, wann immer Ursula Maria nach ihm gefragt hatte.
Als Ursula eingeschult worden war, kam Onkel Willy in ihr Leben. Auch ihn hatte sie nie gemocht, seine plumpen Witze, seine anzüglichen Bemerkungen, wenn sie mit ihm alleine gewesen war und er versucht hatte ihren Po zu tätscheln, wenn sie an ihm vorbei musste. Ursula hatte schnell gelernt ihm aus dem Weg zu gehen. Am Abend war ja Mutter da und musste sich dann von ihm betatschen lassen. Ursula ekelte es noch heute. Wie froh sie gewesen war als er nach drei Jahren Maria verließ.
Jetzt also Sepp und seit Wochen nur noch Fleisch in den Töpfen, mit viel Soße und Kartoffeln oder Semmelknödeln, sonst nichts, weil er es so wollte. Das Fleisch bekam am Ende immer der Hund. Seppdepp ging es nur um die Soße und Mutter ließ sich bevormunden. Alle Lieblingsessen hatte sie von der Speisekarte gestrichen. Wenn Ursula einmal nachfragte, seufzte Maria.
-Du weißt doch wie er ist.
Ursula hat sich damals geschworen, dass sie sich niemals so behandeln lassen würde. Das war doch keine Liebe!
Zwei Jahre später, Ursula lebte mittlerweile mit ihrer besten Freundin Ellen zusammen, musste sie Maria retten. Sepp hatte sich zum Schläger entwickelt. Ursula hatte das schon immer geahnt. Nun war auch er weg.
Es dauerte nicht lange und Maria lebte vegan. Sie liebte jetzt Johannes.
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Dieses Mal also eine zweite Etüde zu Christianes Projekt, das einst Ludwig Zeidler ins Leben gerufen hat und der Wortspende von Agnes Podczeck.
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