Bahndammkellerkind

Eine Collage aus Miniaturen, Texten und Neuem

Neubau 1955, ein Eckhaus, vier Stockwerke hoch, schmale Balkone, darüber ein Speicher für die Wäsche, ein Keller für Kartoffeln und Eingemachtes, Fahrräder, Schlitten und was man sonst noch im Keller aufbewahrte. Für uns Kinder war der Keller Spielraum und Begegnungsstätte, Abenteuer und Bastelstube, Reparaturwerkstatt und für mich der Ort für den ersten heimlich peinlichen Kuss.

Aber auch der Ort meiner Angst, die ich versuchte wegzupfeifen, wenn ich mich alleine wähnte. Ein schiefes Lied gegen das laute Pochen in meiner Brust. Dort, allein im Keller mit seinen vielen Winkeln und Verschlägen, seinen Kartoffeln, dem Eingemachten und Ausrangiertem, um etwas zu holen, das Mutter brauchte. Im Keller wohnte auch der Buhmann. Ein finsterer Geselle mit Kohlenstaub an Händen und im Gesicht, der auf die unartigen Kinder wartete. Er erwischte mich nie. Buhmänner mögen keine schief gepfiffenen Lieder.

Ein Eckhaus, drei Häuser zur linken Seite, drei Häuser zur rechten Seite, nahtlose Übergänge, dann Lücken. Neubauten in den 1960er Jahren kamen linkerhand dazu, die rechte Häuserreihe endete in einer Nische, an einer Brandmauer. Von der Straße aus ging es weiter. Zweistöckige Backsteinhäuser, vom Krieg unversehrt geblieben, in dem einen ein Blumenladen im Parterre, im anderen das Kino, dann nichts mehr. Erst nach ein paar Metern, das Büdchen, die Straßenbahnendhaltestelle, dahinter der kleine Bahnhof für die S-Bahn nach Essen oder Düsseldorf Hauptbahnhof.

Der Bahndamm daneben, er lief zu den Schrebergärten und weiter, immer weiter bis Essen oder bis der Weg für uns Kinder endete. Ein weiterer Spielraum meiner Kindheit. Züge fuhren selten. Gleise zum balancieren oder für die Ohren. Stilles Lauschen, bis leichte Vibrationen den herannahenden Zug ankündigten, Zeit aufzuspringen und sich in Sicherheit zu bringen.

Unregelmäßigkeiten im Dammbau durch Regen und Wind, sowie der eine und andere Strauch boten Verstecke, waren Kulisse für Räuber- und Gendarm-, für Cowboy- und Indianerspiele. Das waren die harmlosen Spiele. Heftig wurde es während der Karnevalstage, wenn die großen Jungs Ernst machten. Bis aufs Blut. Nur einmal war ich dabei, dann nie wieder. Mein großer Freund Toni hatte mich gerettet.

Doch zurück zum Eckhaus, dritter Stock, die mittlere Wohnung, die, die um die Ecke ging, mit dem langen Flur. Schräg gegenüber der Wohnungstür das Wohnzimmer mit Gummibaum und Ecksofa, Sesseln, Rauchtischchen, goldenem Aschenbecher zum runter drücken und der immer gefüllten goldenen Zigarettendose. Astor rauchte der Vater, Astor rauchte der Onkel. Ein Wohnzimmerschrank mit Sammeltassen, Wurzelholztüren und versteckter Bar, dem Silberbesteck und dem guten Geschirr für besondere Gelegenheiten. Es ging also schon besser.

1956, als ich geboren wurde, war der Krieg elf Jahre vorbei, die Hungerjahre noch nicht ganz so lang, der Aufschwung war in voller Fahrt.

In der Mitte der Hausreihen ein großer Spielplatz mit Plattenwegen, Bonsaihügeln mit Wiese, einem Schotterplatz, zwei Toren, einem Sandkasten, einem Klettergerüst und drei Schaukeln für fünfzig Kinder in allen Größen. Dort wuchs ich heran.

Wir spielten Murmelspiele, Hinkekästchen, wilde Jagden, Fuß-, Brenn- und Völkerball, Ochsenberger-eins-zwei-drei, Mutter-Mutter-wie-weit-darf-ich-reisen, Vater-Mutter-Kind.

Viele Mütter, viele Väter, viele Kinder, ehrliches Brot, gesunder Stolz und am Samstag großes Reinemachen. Der Sonntag- und der Satansbraten, Montagnudeln, Dienstageinerlei, Mittwochstampfkartoffeln-mit-Sauerkraut-und-Bratwurst, Donnerstagreste, Freitagfische, Samstageintopf, Woche für Woche, Jahr für Jahr, Rhythmus, Fleiß und Wiederaufbauschweiß. Keiner hat nie etwas gewusst und jetzt war es ja vorbei. Als gäbe es eine Endgültigkeit, ein Ab-ins-Meer-und-weg-damit. Als gäbe es Teppiche fürs Drunterkehren, als wäre Schweigen stumm. Als hätten sie sich neu erschaffen können, den Göttern gleich. Als hätten sie das Ende und das Wie in ihren Händen gehalten.

In der Erinnerung spielt Kindheit mit nackten Beinen. Nackte Beine hüpfen in Hinkekästchen, schießen Bälle ins Tor, drehen Pirouetten auf Rollschuhen, tanzen Gummitwist, springen Seil. Nackte Arme lassen rote Bälle fliegen, hin und her. Hätte es nicht auch die roten St.-Martins-Äpfel gegeben, den vollen Schuh am Nikolausmorgen und die Kerzen am Weihnachtsabend, wären die Beine wohl immer nackt geblieben. Schmelzende Eiskugeln würden stetig auf Sonntagskleider tropfen und Deckenhöhlen auf Baumschatten stehen. Immer würde die Amsel singen, die Spatzen tschilpen, die Knie zerschunden sein. Eine Sommerkindheit.
Unbeschwert, unverdorben, unschuldig. Kindheit erkundete fremdes Land. Ferienzeit. Nackte Füße im Bergbach, Kieselsteine ertastend. Das Mädchen war Suleika, ein Jahr später Tom Sawyer, die Freundin Huckleberry Finn, im katholischen Mädchen-Ferienlagertheater im Allgäu.

Vanillepudding mit gezuckerten Johannisbeeren auf seinem Grund war die Mahlzeit im Freibad. Haare und Röcke wehten im kühlenden Wind auf rotem Fahrrad, auf dem Weg dorthin. Goldgelbe Getreidefelder standen am Rand, von Kamille, Kornblume und Klatschmohn weiß-rot-blau getüpfelt.
Unbeschwert. Unverdorben. Unschuldig. Viele Albernheiten, viel Lachen, Tränen auch. Eben. Nicht immer war Sonnenschein, nicht immer Sommer und schon gar nicht immer Ferienzeit. Anderes schob sich darunter.

Erinnerungen liegen nicht chronologisch in den Fächern. Am Anfang jedoch zogen weiße Wolken über Azur, Schwalben im Geleit. Lagerfeuer am Abend. Lauter Gesang, leises Gebet. Schwimmen im Fluss, im See, durch den Teich, das Becken, den Kanal. Zuerst waren viele Freunde und Freundinnen, gemeinsame Abenteuer, Streiche und Spiele.

Das Andere legte sich darunter. Leicht, leichter am leichtesten bildeten die Spitze, schwer, schwerer, am schwersten den Grund.

An den Sonnenscheintagen meiner Kindheit sammelte ich weiße Kieselsteinchen am Rhein, während Ausflugsdampfer tuteten und Wellen für die Wassertänzerinnen hinterließen. Menschen winkten und lachten. Blaue Libellen schwebten über Mondfalterbach. Schmetterlingsleichte Gedanken ließen sich nicht fangen. Kirschen prall und süß, bunte Blumenwiesen zu Kränzen geflochten.

Erinnerungen werden durch Gerüche geweckt. Ich denke an die zwei Eisdielen mit den zwei Düften. An die kleine, mit der uraltfaltigen Frau, sie roch nach kühler Milch mit Vanille. Die großdunkelschummerige nach Wärme, Vanille, Erdbeer und Zitrone. Eine dritte, die kam, als die Uraltfaltenmilchfrau gegangen war, roch modern – nach Plastikstühlen. Dort ging ich selten hinein.
Eine Kugel Eis ein Groschen, eine Straßenbahnfahrt fünf Pfennig, eine Karussellfahrt zwanzig oder fünfzig. Manches erinnert sich schlechter als anderes.
In den Gärten meiner Kindheit gab es Kartoffel- und Gemüsebeete, Erdbeeren, Hühner- und Kaninchenställe, lebten Tauben auf dem Dach des Gartenschuppens, flogen Mai- und Kartoffelkäfer, aber Sonnenschirme oder Hollywoodschaukeln standen dort nicht. Die waren den Reichen vorbehalten, wie die dicken Teppiche und Kricketrasen. Bei den Reichen wurden andere Spiele gespielt. Leisere. Gezähmtere. Nicht wirklich lustigere. Manchmal wurde ich eingeladen, von Unwohlsein begleitet. Dort gehörte ich nicht hin. Fremdsein.

Die Erinnerung beginnt mit dem Duft von Vanillezucker in kalter Milch. Sie wandert weiter zu den Deckenburgen, zu eisgekühlten Hagebuttentees mit Zitrone und Zucker, hin zum Klingeln des Eismanns, dem Lumpensammler mit seiner Flöte und dem Einmannorchester an der Ecke der kleinen Stadt. Zitroneneis und Wasser, Butterbrote mit Salz, Lakritzschnecken und Salmiakpastillen, zwei Kirschlutscher für einen Pfennig, ein Colalutscher für fünf. Aber kaum Berge, kein Meer, viel Wiese, kaum Mutter, viel Freundin und Freund. Viel Tante, Cousinen und Cousins, viel Lachen und immer Schmerz und Tränen, wenn es Nachhause ging.
Dasselbe Stampfen der Dampflokomotive begleitete abwechselnd das Leichteste und Schwerste. Hinein in die Ferienzeit, hinaus. Hinein. Hinaus. Hinein. Hinaus. Hinein. Hinaus.
Im Hinaus wohnten andere Freundinnen, andere Freunde. Im Hinein verschwanden Tom und Huck wieder hinter den Buchdeckeln, gesellten sich zu Jim Knopf und Lukas, dem Lokomotivführer, zu Inga, Lisa, Britta, Kerstin, Lasse, Bosse und Ole, zu den fünf Freunden und den sieben Fragezeichen, zu Trotzkopf und zu Hanni und Nanni ins Internat.

Ich frage nicht nach den Häusern, ob sie noch stehen oder nicht, ob sie neue Farben bekamen oder nicht. In meiner Erinnerung stehen sie unverwittert, vierstöckig mit grauer Fassade und ich werfe wieder rote Bälle an ihre Wände.

Wenn ich an Maiglöckchen rieche, habe ich wieder Geburtstag in Tantes Garten, violetter Fliederduft gesellt sich hinzu. Gärten und Häuser, die verschwanden oder auch nicht, sie alle hatten einen Keller, ihre Wände erkannten mich an meinem Pfeifen. Kartoffeln, Eingemachtes, Schlitten und Fahrräder überall, in manchen auch Kohlen und Feuersalamander, aber es gab nur einen für den ersten peinlich heimlichen Kuss.

Meine Generation lernte die Not aus den erzählten Geschichten, weit weg von uns und den immer voller werdenden Geschäften. Seelennot, die lernten wir auch, aber Hunger gab es nicht, wenn uns auch nicht alles schmeckte und das Brot, vor der Brust geschnitten, mit einem Segenskreuz verziert, täglich und selbstverständlich auf dem Esstisch lag. Unser Hunger hieß nicht Brot. Er hieß Leben, Liebe, Lust, Leidenschaft und Wahrheit. Abenteuer winkten überall, nur nicht in den Wohnzimmern voller Gummibäumen und anderem Gewächs. Nackte Füße steckten in Sandalen, ob es sich geziemte oder nicht. Röcke verloren ihre langen Säume, Wind fuhr durch offen getragene Haare, Bärte wuchsen, Kreuze mussten brennen.

Der Rhythmus des Rock’n Rolls lag schon bei meiner Geburt in der Luft, bewegte die Atmosphäre, veränderte Blickwinkel. Frauen zeigten ab den frühen 1960er Jahren Bein, Peter Kraus sang von Motorbienen, Rita Pavone: Wenn ich ein Junge wär. Andere sangen von Freiheit, Liebe und Frieden. Männer und Jungs posierten mit Schmalzlocke, Bluejeans und Lederjacke, auch wenn in meinem Zuhause zunächst noch das Ave Maria, deutsche Schlager, Heimatlieder und katholischer Kirchgang angesagt waren, sowie Röcke, die gleich über dem Knie zu enden hatten.

Mit Kindern und Jugendlichen wurde damals nicht viel geredet. Wir sollten glauben, nicht fragen. Wir sollten gehorchen, sonst nichts. Und ich war ein Mädchen, dann ein Fräulein (wie albern das doch klang und klingt!), dann eine junge Frau; ich hatte nichts über das Frausein gelernt, nichts was ich hätte gebrauchen können. Die Kittelschürze war nicht für mich.

Die Werte der Familie und der Kirche gehörten schnell nicht mehr zu mir, aber erst einmal sickerten sie ein. Sie rochen schlecht, sie schmeckten bitter. Ich fragte, ich rebellierte, ich las, ich verließ das Haus.

Niemand hatte mit mir je über Liebe, Lust und Leidenschaft gesprochen. Aber die Sünde und die sündigen Leiber waren in aller Munde, so, wie die Huren und die Gosse, das billige Flittchen, das Fegefeuer und die Hölle. Der erhobene Zeigefinger richtete sich gegen mich. Lange wollte ich ein Junge sein!

Das Kreuz war massiv. Das Kreuz hieß Frau, hieß Sünde, Todsünde, Erbsünde, Eva und der Apfel, hieß Schuld, hieß sündiger Leib. Und dann erwachten mein Körper und die Lust. Nur schon meinen nackten Körper im Spiegel zu betrachten war eine Todsünde, hieß Fegefeuer und ab dafür. Wenn ich Lust hatte, mich nackt im Spiegel zu betrachten, wenn ich Spaß daran hatte mich zu berühren, galt dasselbe. Sünde, Sünde, hundert Jahre in der Hölle schmoren. So hatten sie es mir beigebracht. Das war meine Geißelung.

Der liebe Gott, von mir auf die Probe gestellt, verlor mit den fortschreitenden Jahren immer öfter, der Heilige Geist war eine Enttäuschung.

Ich war verwirrt. Ich wollte das Reh sein, aber ich war ein rasender Stier im Schildkrötenkostüm.

Mutter und ich waren weitergezogen. Kein Bahndamm, keine fünfzig Kinder, kein Vater, kein Großvater und keine Großmutter mehr und der große Bruder schon längst in der weiten Welt unterwegs, da blieben nur noch Zwei. Schon länger hatten wir uns nichts mehr zu sagen, Mutter und ich.

Das Bahndammkellerkind wurde zur Straßengöre, aber die Straße kannte kein Pardon.

Ich verbrannte mich. Ich wurde das Flittchen. Später kamen andere, die es ernst mit mir meinten, ich erkannte sie nicht, aber ich nahm ihre Hände. Ich war nicht mehr allein und hatte mein kostbarstes Gut doch schon längst verloren.

Ich lief durch die Welt, klein, dick, dumm, hässlich, weder richtig, noch liebenswert. Wir hatten viel zu tun, die Freundinnen, ich und mein Schutzengel. Der war mir geblieben, wenn auch ohne Flügel.

Ich habe solange an Mimosen und Rosen gerochen, bis der Gestank verflogen war. Die bittere Galle habe ich ausgekotzt. Ich baute mir ein neues Haus und manchmal fand meine Stummheit einen Trost.

Lange nicht alles war zerbrochen, lange nicht alles war beschmutzt, in mir keimte ein Lotus. Die Leidenschaft nahm sich ihren Raum.

Dann brannten die Kreuze. Lichterloh.

für Margarete

71 Gedanken zu „Bahndammkellerkind

    • Danke dir, dass du dir die Zeit genommen hast.
      Es ist mir noch so vieles andere eingefallen, das ich vergessen zu haben schien. Mal schauen, wie und ob ich das aufschreiben werde.
      Herzliche Grüße
      Ulli

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      • Ganz einfach: die Geschichte immer wieder ausbauen beim Überarbeiten bis sie runder nicht mehr werden kann und ein halbes Buch füllt … macht doch jeder so 😉
        Ich glaube, meine Kindheit war karger und gestraffter, ich staune über deine vielen verschiedenen Ein- und jetzt Ausdrücke – müßte ich aber ausprobieren, was da eventuell aus übersehenen Ritzen rieselt.

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                • Das glaube ich nicht. Mich interessieren ja sehr die Reisebeschreibungen von Roger Willemsen, der ja, neben seiner Verstandesintelligenz auch über ein hohes Maß der emotionalen Intelligenz verfügte, ich kann mir vorstellen hier auch Zärtlichkeit zu finden. Ist es denn nicht auch gekoppelt an Einfühlsamkeit in Zeiten, Geschichte und Menschen? Und was ist profan? Tatsächlich denke ich darüber in letzter Zeit oft nach.

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                • Bei Roger Willemsen klingelt jetzt leider gar nichts bei mir, ich werde mich umhören – willst du mir ein bestimmtes Buch besonders empfehlen ? Ich bin wahrscheinlich erstmal geprägt worden vom Stile Londons (Meuterei auf der Elsinore, mit 10 Jahren gelesen), später Kerouac und Steinbeck – Zärtlichkeit kann man vielleicht umwegrentabel bei all diesen Autoren finden, wenn ich sie auch als Hingabe an eine Sache sehe und natürlich große Emotionen.
                  Sicher hast du recht wenn du meinst, das Benennen, also Schreiben über Erlebtes, wäre abhängig vom eigenen Wissen und der Fähigkeit zu reflektieren, grob ausgedrückt – daher kommen doch die nicht bloß qualitativ höchst unterschiedlichen Werke und ihr Blickwinkel, aus dem sie betrachten ?
                  ‚Profan‘ mag ich eigentlich nicht, es ist so überaus spreizbar. Aber ein von mir gern verwendetes Reizwort 😉 … und wenn ich jetzt das von dir vor geraumer Zeit verwendete Wort ‚Nischenliteratur‘ verwende und meine, spätestens jetzt beginnt sie in diesem deinem Fall diese Nische zu verlassen, müßten logischerweise all jene, welche von ihrer irrigen Meinung nicht abgehen wollen, Kunst wäre nur das, was Umsatz bringt, deine Abhandlung über (d)eine erlebte Kindheit, intellektuell exzellent erzählt, kaum dahinplätschernd sondern dicht und emotionenschaffend, pejorativ verlachen und sich in ihrer überaus profanen, ausgrenzenden Welt des millionenschweren Kunstumsatzes auf Kosten zum überwiegenden Teil Täuschbarer und Adabeis, selbst ganzganz großartig pudelwohl fühlen 😉
                  Na sollen sie doch. Ich selbst freue mich auf eine Erweiterung oder auf eine von Nairobis (verinnerlicht sich offenbarende) Miniaturen, in die ich rettungslos verliebt bin. Danke dir für diese wunderbare Schilderung !

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                • Einen Tipp kann ich dir leider nicht geben, ich entdecke ihn auch erst jetzt, was ich bedaure, aber nun, Bücher haben die wunderbare Eigenschaft die Autor=innen zu überleben.
                  Ich habe mir einiges andere von ihm in der Tube angehört und gesehen, da er nicht nur Autor gewesen ist. Mehr kannst du auf Wiki finden.

                  Ich freue mich, dass du so eine Begeisterung für meine Texte hast, gar verliebt in Nairobi bist😊

                  Was nun die Meinung von anderen angeht, die kann ich bei ihnen lassen, da gab es nichts, was mich in meiner irritiert hätte. Nun kommentiert er ja auch nicht mehr hier. Mir fehlt nix 😉
                  Ich wünsche dir einen schönen Samstag, hier scheint die Sonne ☀️

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                • Da ich wahrscheinlich der Auslöser für den Rückzug war bin ich froh darüber, daß dir nix abgeht.
                  Nairobi, tja … als ich sie kennenlernte, hat sie mich mit einer tiefgehenden, ungewöhnlichen Erkenntnis oder speziellem Wissen überrascht… wer will es mir verdenken, daß ich mich in ihre Weisheit verliebte ?

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                • Nein, du warst nicht der Auslöser, du hast einen Stups gegeben und das war auch gut so. Den Rest gab ich dann obendrauf und nu is a Ruah😉

                  Nairobi freut sich, denke ich, wenn ich es ihr erzähle.

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          • Na ja, nicht unter dem Titel Memoiren, sondern so im Prinzip: Kindheit, Jugend, Erinnerungen, Gedanken …. so, wie du da jetzt auch gemacht hast. Es fällt einem, wie du ja auch schreibst, immer mehr ein. Dazu ein paar passende Bilder von Dir (keine alten Photos, sondern Deine Collagen etc.) und fertig ist ein Buch von 100 Seiten. Bei BoD und ähnlichen Anbietern kostet Dich das 20 Euro … pro verkauftem Exemplar kriegst Du je nach Verkaufspreis, den Du selbst festlegen kannst, zwischen 3 und 6 Euro ….

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  1. Du zeigst es deutlich: Kirche und Frau sind eigentlich unvereinbar. Was da an Selbstachtung verhindert oder wieder zerstört wird ist kaum zu fassen.
    Mutig, diesen Text zu veröffentlichen, liebe Ulli.

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    • Liebe Ule, der Text zur Kirche wurde schon einmal veröffentlicht, 2013 schrieben Elke Engelhardt, aka Mützenfalterin, Margarete Helminger, aka Graugans, und ich während der Karwoche je 3 Texte zu dem Thema Passion. Dazu hatte Margarete einen Extrablog eingerichtet, den ich hier am Handy nicht verlinken kann. Mache ich gerne, falls es dich interessiert, später.
      Ob es mutig ist, weiß ich nicht, es gibt ja durchaus in der Literatur, die Ähnliches beschrieb, zB Ulla Hahn in ihrer Trilogie.
      Literatur muss benennen, darf irritieren und muss, aus meiner Sicht, kritisieren, nicht nur berühren, im Angenehmen.
      Liebe Grüße
      Ulli

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      • Da gebe ich dir völlig recht, Ulli, was die Aufgabe der Literatur betrifft. Sie verschlüsselt aber üblicherweise stärker und rückt damit die literarische Aussage weiter von der Autorin weg.
        Mutig meine ich insofern, als hingegen dein Text mir sehr nah und unverschlüsselt an der Realität der Schreiberin zu sein scheint. Das ist in Buchform weniger kritisch als in der Blogwelt, die für alle nicht nur lesend, sondern auch kommentierend offen ist, auch wenn deine übliche Community sehr teilnahmsvoll und freundlich ist.

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        • Das stimmt natürlich.
          Ich hoffe ja immer noch, dass ich meine Texte, die ich hier teilweise veröffentliche, einmal in Buchform erscheinen.
          Und natürlich mache ich mich mit dieser Art auch relativ nackig und somit angreifbar. Dass es bislang fast noch nie passiert ist, ist schon ein kleines Wunder. Selbst auf Twitter nicht, wo ich ja meine Blogbeiträge verlinke und seit ein paar Monaten auch an Lesungen teilnehme. Spannend wird es je größer das Publikum ist.
          Ich denke auch an Annie Ernaux, die ebenfalls autobiographisch schreibt, mit nicht gerade gängigen Themen.
          Bei mir findet sich Beides, Verklausuliertes und Nacktes. Beides darf sein.

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  2. Liebe Ulli,
    Wunderbar geschrieben, es macht Lust, an dieses Großwerden heranzutreten, es näher betrachten zu wollen, Ähnlichkeiten zu finden, besonders das, was Du über Kirche berichtest, kann ich unterschreiben, zum Glück jedoch hatte ich keine besonders religiösen Eltern und schon sehr früh, Begann ich aufzumüpfen, rebellierte gegen die Verdummdeubelung der Frau, gegen das kranke Zölibat und dessen Auswüchse. Mit zwölf trat ich offiziell auch dem Buddhismus bei, weil ich mir dachte: Respekt ist genau das, was unserem Glauben fehlt und im Keller pfoff ich so laut und schief wie ich konnte – bis heute…
    damit die dicken Spinnen Zeit haben sich zu verkrümeln und das Kellerlochmonster auch.
    Also solltest Du Lust und Zeit spüren, schreibe bitte weiter. Von Vitrinenporzellan, dem Unverstandenen und Ungerechtem, dem Blingbling der Jugend, dem Sein noch näher als dem Werden.
    Mit herzlichem Lesedank und Gruß
    Amélie

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  3. Manches erkenne ich wieder, manche Spiele habe ich auch noch gespielt, aber eigentlich fehlen mir die Worte. Ich lese und nicke und mir geht das Herz auf. Meine Kindheit/Jugend war evangelisch geprägt, restriktiv war sie auch.
    Ein wichtiger Text, Ulli, ich wäre gespannt, wie er weitergeht bzw. wie du ihn ergänzt.
    Mittagskaffeegrüße 😁🌧️☕🍪👍

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  4. Während des Lesens war ich dir unglaublich nah und doch sind wir Welten von einander aufgewachsen, doch auch ich fühlte michr freumd unter den Reichen, welche meine Familie war und denen ich doch nie genügen konnte. Die Schuld damals ein Mädchen gewesen zu sein, welches bei der geringsten Abweichung von der Norm nicht mehr rein war, habe ich damals immer so empfunden, dabei empfand ich Mädchen als Wissende und Leidensfähige und fühlte mich unter ihnen wohl und verstanden. Dein Text ist eine wunderbare Reise in eine Zeit wo nicht alles schön und gut war, aber es Freiheiten gab, die Kinder heute nicht mehr erleben können. Danke ❤

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  5. Liebe Ulli, ich bin noch im Büro und habe eigentlich überhaupt keine Zeit mich so sehr in einen Text zu vertiefen. Aber ich konnte natürlich nicht aufhören zu lesen und werde heute Abend auch noch mal in Ruhe darüber lesen. Jetzt danke ich dir von Herzen für diese feine Unterbrechung die so schön zu lesen war, weil du sie so schön geschrieben hast. Liebe Grüße

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  6. Ein Bahndammkellerkind, liebe Ulli, aber noch so viel mehr.
    So viele Erinnerungen an die Kindheit. So vieles, was mich an meine eigene Kindheit erinnert und doch wieder so anders. An Bahndämmen habe ich nie gespielt, es war keiner in der Nähe 🙂
    Unsere Kindheit prägt uns und vieles xdavon vergessen wir nie. Schön, daß Du uns hast teilhaben lassen, und ich bin schon gespannt, was Dir noch alles einfallen wird, so nach und nach, denn zum einen kommt noch anderes…
    Einen Buhmann hatten wir nicht im Keller, aber eine Hexe auf der Kellertreppe aus Stein. Sie trug ein rotes Kopftuch mit weißen Punkten 🙂
    Liebe Grüße an Dich von Bruni

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  7. Zwei Jahre früher und nur wenige Kilometer von Essen entfernt und ich finde mich in vielem wieder.
    Das Fräulein Becker und andere Fräuleins als Lehrerinnen…
    Der Garten meines Opas war dicht am Bahndamm, an seinen Hängen wuchsen die Brombeeren, in seinem Stall die Kaninchen, von denen Ostern eines auf den Tisch kam … . Der Eiswagen, der Sonntags immer kam, war eine Freude, die fast an Weihnachten grenzte. Ein anderer Onkelgarten hatte alles, was wir brauchten und auf dem Dachboden die Tauben, aus denen eine herrliche Taubensuppe entstand …
    Und was ich besonders liebte, das frische Sauerkraut aus dem Fass in Butterbrotpapier für 5! Pfennige.

    Ja, ganz viel finde ich wieder, als sei es gestern erst gewesen.

    Mit herzlichen Grüßen,
    Anna-Lena

    Gefällt 3 Personen

  8. Boah, was für ein exzellenter,, aber auch bedrückender Text über deine Kindheitserinnerungen. Ich finde mich auch darin, jedoch ein Dutzend Jahre vor dir. Erinnere mich an den Garten, den Kirschbaum, den Kaninchenstall meines Vaters, ans Schiessen des Tieres, an den Haken am Zwetschgenbaum, an dem er dem Tier das Fell abzog und die Innereien entnahm. An die Abhängung des Fleisches im Winterhalbjahr zwischen Fenster u. Vorfenster. An feine Braten an Feiertagen und Weihnachten oder ans Gitzi vom Bauer an Ostern. Im Stall war auch Platz für meine Krähe Gogo, die ich als Küken aus einem Nest stahl und bis zur Entlassung in die Freiheit aufzog und betreute.

    Neben dem Haus im Schopf lagerte Holz, Velos und anderes mehr. Da war auch Platz war für meine Meerschweinchenzucht. Im Keller Eingemachtes, Kartoffeln, eine grosse Werkbank, in der Waschküche die Badewanne, in der am Samstag Hochbetrieb herrschte. Alles in allem verbrachte ich eine interessante und unbeschwerte Kindheit.

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    • Das klingt wahrlich behaglich, aufgehoben und geborgen, lieber Ernst.
      Die Welt dreht sich immer schneller, da ist allein das Wort „Behaglichkeit“ ein Art Fremdwort geworden.
      Hab Herzensdank für deine Erinnerungen und deinen wohlwollenden Blick auf meinen Text.
      Liebe Grüße
      Ulli

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