Etüden 006 2019

Nun aber schnell, schon läuft die 13. Woche ihrem Ende entgegen, die Einladung von Christiane mit einer Dreiwortespende von Rina P. sind schon bald zwei Wochen raus und meine drei Miniaturen verharren ungelesen in meiner Kladde.

Auf gehts … viel Spaß

Miniatur 007 2019

Es ist ein Hauen, Stechen und Beißen in der Welt! Hannah legt die Zeitung weg. Jetzt ist ihr der Morgen verdorben. Ist er das? Was, wenn sie aufsteht, ihre Rechnung zahlt, das Café verlässt und in den azurblauen Tag hineinspaziert? Na eben.

Miniatur 008 2019

Schon wieder hat im Kiez ein neues Café eröffnet. Wieviele denn noch, wenn sie sich wenigstens unterscheiden würden! Gleichschaltung, wenn A mit c so gut verdient, kann das B auch – unendliche Ketten. Kultur ist sub oder super quality, sie beißt nicht, sie verdirbt nicht den Spaß, den alle haben wollen, weil sie so freudlos sind.

Miniatur 009 2019

„Die ist ein ganz verdorbenes Mädchen“, sie stach mit ihrem verknotetem Zeigefinger in die Luft, „ich will nicht, dass du mit so einer verkehrst! Wir sind anständige Leute und sitzen nicht am helllichten Tag im Café am Kirchplatz und machen einen auf Gräfin Cox.“ Sie atmete schwer, biss wütend in ihr Brötchen. Die Krümmel fielen auf ihre Brust, auf den Tisch, auf den Boden. Sie sah sie nicht. Sie kaute, starrte mich an, ihr Blick irrte, suchte, fand mich nicht. Sie seufzte: „Wer bist du nochmal?“ Mutter wurde immer dementer.

insgesamt 198 Wörter

41 Gedanken zu „Etüden 006 2019

  1. Ja, das kann passieren, wenn Menschen alt werden und sich in Erinnerungen verlieren und verlaufen. Wie tragisch. Auch die anderen beiden sind gut, aber diese ist am eindringlichsten.
    Liebe Grüße
    Christiane

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    • Liebe Christiane,
      bei den ersten beiden Miniaturen haben mich „warm“ geschrieben, das stimmt, sie mündeten dann in der dritten, dennoch wollte ich alle drei hier vorstellen, weil es mir wie dir geht, ich mag sie auch, aber die dritte hat Pep 🙂
      herzliche und sonnige Grüße
      Ulli

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  2. die Kürzestform, die du für dich entwickelt hast, gefällt mir sehr! ein ausgezeichneter Dreiklang von Eindrücken. Die erste lässt aktiven Widerstand gegen die Negativmeldungs-Berieselung anklingen, die zweite geht über in allgemeine Kuturkritik, die dritte rutscht dann ab in die öde Welt der Demenz. Möge die erste Tendenz obwalten (schönes altmodisches Wort, dies „obwalten“!) Spazieren wir hinaus aus der Misere in den schönen Tag! Selbst wenn er grau und kalt ist, wie grad hier und jetzt. Ich mach mich dann mal auf die Socken. Schönen Tag dir!

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  3. Drei Miniaturen und jede hat ihre Besonderheit und ich falle aus dem Rahmen und mag die allererste am meisten. Das Hintersichlassen des Negativen und der Freude entgegengehen, ein Miniaturenende, das auch ein Anfang sein könnte, ein Anfang zu einer neuen Geschichte, liebe Ulli
    Die zweite, die unter die Lupe nimmt, was uns allen ein Dorn im Auge ist, all die vielen gleichen Cafés, eines wie das andere, keines hebt sich durch eine eigene Note von den anderen ab. Ja, die Ketten, diese dummen Ketten, nicht nur da…
    Die dritte so traurig, so unendlich traurig, denn Einzelfälle sind es wahrhaftig nicht…

    Kryptisch ist keine. Im Gegenteil, alle sind klar und bringen auf den Nenner, was uns allen bewußt ist.

    Ganz herzliche Abendgrüße von Bruni an Dich

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    • Liebe Bruni, herzlichen Dank, dass du für alle drei Etüden eine Wort gefunden hast! Mir ist ja die Gleichmacherei – weltweit – schon lange ein Dorn im Auge … darüber ließe sich schon trefflich diskutieren.
      Und ja, es ist so traurig und ich hoffe, dass ich verschont bleibe, bei meiner Mutter setzte es erst sehr langsam ein und dann verstarb sie, so ward sie behütet und wir auch.
      Und immer wieder sich zu erinnern was es neben dem Wahnsinn in der Welt an Schönem und Gutem gibt, kann ja nun wirklich nicht verkehrt sein 🙂
      Ich habe in den letzten Tagen viel geschrieben, endlich mal wieder, und einiges davon wird hier so peu á peu erscheinen, da bin ich auf eure Reaktionen doch schon sehr gespannt …
      Ich wünsche dir noch einen wundervollen Abend und guten Schlaf,
      herzlichst, Ulli

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  4. Pingback: Schreibeinladung für die Textwoche 14.19 | Extraetüden | Irgendwas ist immer

  5. Wie gut, dass ich mich nicht zwischen diesen drei Geschichten entscheiden muss, sondern sie einfach alle genießen darf. Für mich, die ich mich mit der Kürze immer schwer tue, ist es grandios zu lesen, was alles „geht“.
    Liebe Grüße
    Nicole

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    • Liebe Nicole, diese Art der „Ver-Dichtung“ habe auch ich erst spät entwickelt, vielleicht muss man erst sehr viele Worte „verschenden“, bis man dorthin gelangt 😉
      herzliche Grüße
      Ulli

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      • Liebe Ulli,
        dann bin ich mal gespannt, wie sich das bei mir noch entwickelt. Aktuell versuche ich mich ja an den 300 Wörter Etüden, was ein Einstieg ist. Allerdings schreibe ich da aktuell Fortsetzungen, ist ein bisschen wie schummeln 😉 Ja, ich plausche halt gerne!
        Liebe Grüße
        Nicole

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  6. Kurz und Knapp auf den Tisch gebracht – sehr gut eingearbeitet, die Worte – vorallem der letzte – Demente Personen werden leider wirklich bösartig – ich kenne bis jetzt noch keine – habe es aber von vielen Bekannten gehört, die Verwandte betreuen.

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