Etüde eins im Dezember

Am letzten Sonntag hat Christiane zur Dezember-Etüden-Runde geladen. Herzlichen Dank an Christiane und an die Wortspenderin Elke Speidel. Diese drei Wörter haben mich nun schon zu drei Etüden inspiriert, ob ich sie alle veröffentliche weiß ich aber noch nicht, vielleicht gehört die erste noch in die Kategorie der Fingerübungen.

Auch dieses Mal werde ich kaum die 300 Wörter erreichen, es zeigt sich, dass mir die Miniaturen doch sehr ans Herz gewachsen sind oder soll ich lieber sagen: an die Feder?!

Miniatur 012 2018

Gehen

Nebelfelder trennen die klare Sicht in Zwei. Nasskalte Tropfen fallen mit den letzten Blättern. Erde schmatzt, Schritt für Schritt. Melancholie wallt mit den Nebeln vom Tal über die Berge. Gefühle wie Wetter, sie wechseln. Bist du glücklich? In der Nässe glänzen die Steine auf dem Weg so schön. Trauerweiden wachsen prächtig an Berlins Kanälen. Drei Pappeln im kleinen Tal erzählen von Kindheit, von Geburtsbäumen und vergrabenen Plazenten. Wir hatten dem Sohn eine Linde gepflanzt. Umbaumaßnahmen. Bedauern – ja, nachtrauern – nein, Vergangenheit. Winterbaum hütet seine Knospen.

84 Wörter

 

48 Gedanken zu „Etüde eins im Dezember

        • Ich finde nicht, dass jeder alte Brauch, jede lange währende Tradition gleich schamanisch ist. Wie ich schon an Puzzleblume schrieb, der Brauch nach der Geburt die Plazenta zu vergraben und darauf ein Bäumchen zu pflanzen ist vor allen Dingen erdverbunden, woher aber dieser Brauch stammt weiß ich nicht, da müsste ich einmal forschen. Ich kenne nur den Sinn, dass es der Lebensbaum für das frischgeborene Menschlein ist, so, wie der Baum wächst, so wächst und gedeiht auch das Kind, kümmert der Baum, kümmert das Kind …

          Gefällt 2 Personen

  1. Doch, das „schamanische“ Element, das Gerhard fand, habe ich auch herausgelesen aus den archaischen Gebräuchen wie dem Setzen eines Lebensbaumes und dem Vergraben von Mutterkuchen als Fruchtbarkeitsritus und Magieabwehr zugleich, und all das in Verbindung mit der Andeutung moderner Lebensweise.

    Gefällt 4 Personen

    • Interessant, für mich ist das „nur“ ein alter Brauch. Aber jetzt, wo ihr es so schreibt denke ich, dass man früher dann eben doch mehr die Verbundenheit gelebt hat, dazu gehörte eben auch das Pflanzen eines Lebensbaumes.
      herzliche Grüße, Ulli

      Gefällt 1 Person

  2. Mir scheint, Ulli, da hast du eine ganz besondere etüden-Form entwickelt, die dir sehr entspricht, so wie mir die Kata-Strophen. Lu nennt es ein mono no aware Poem. Ich las beim link nach und nicke mit dem Kopf.

    Gefällt 3 Personen

  3. Liebe Ulli, hier ist Dir ein feines kleines Prosa-Lyrikwerk geglückt.
    Ich hab mit Spannung gelesen und bin bereindruckt von Deinen Worten.
    Ganz herzlich, Bruni

    Gefällt 2 Personen

  4. Pingback: Schreibeinladung für die Textwoche 51.52.18 | Wortspende von dergl | Irgendwas ist immer

Ich freue mich über Kommentare

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..