Steinstill

Die Macht der Stille ist groß. Sie erzeugt Stille in allen Dingen, denen man begegnet. Sie vibriert im Rhythmus kosmischer Einheit. Sie ist überall und steht jederman und jederzeit zur Verfügung. Sie ist wie wir selbst, die Kraft in uns, die uns stark, vertrauens- und liebevoll macht. Sie ist Betrachtung, die uns betrachtet. Frieden heißt loslassen – zum Schweigen zurückzukehren, das nicht ins Reich der Worte eindringt, weil es zu rein ist, um in Worten enthalten zu sein. Das ist der Grund, weshalb der Baum, der Stein,der Fluss, der Berg still sind.

Malidoma Patrice Somé

…einerseits …

andererseits erzählen Steine Geschichten – das wußte auch schon der Großvater vom „Hildejardchen“ (auch Hilla genannt); er fand an den Ufern des Rheines Buchsteine und las den Kindern daraus vor → https://cafeweltenall.wordpress.com/2016/08/08/reisenotizen-1/


Das Zitat stammt aus dem Buch von Malidoma Patrice Somé – Vom Geist Afrikas – Diederichs Gelbe Reihe – ISBN 3-424-01310-2

Ursprünglich wollte ich das Buch besprechen, aber ich muss einsehen, dass es viel zu viele Zitate geworden wären, sodass ich mich jetzt entschieden habe hier und da einen Gedanken von Malidoma zu teilen, mal mit, mal ohne Bild…

So viel sei gesagt:

Malidoma lautet ungefähr: „Sei Freund dem Fremden und dem Feind.“

Malidoma Patrice Somé wurde 1956 in dem heutigen Burkina Faso geboren, damals noch Obervolta genannt. Er gehört zu dem Volk der Dagara.

In diesem Buch beschreibt er die ersten vier Jahre seiner Kindheit in seinem Dorf, seine engste Bezugsperson war der Großvater. Kurz nach dessen Tod wurde er von einem jesuitischem Priester entführt, um viele Jahre von seinem Elternhaus, seiner Schwester, seinem Dorf getrennt zu leben und unter den damaligen Härten eines von fanatischen Missionaren und Jesuiten geführten Internats westliches Wissen eingetrichtert zu bekommen. Seine Muttersprache war unter Androhung von drakonischen Strafen verboten und als er am Ende eines langen Leidensweges nach 15 Jahren aus dem Internat floh und zurück in sein Dorf kam, verstand er die eigenen Leute nicht mehr.

Malidoma beschreibt die Rückkehr und wie er sich erinnert, beschreibt seine Initiation und wie er das alte Wissen seines Volkes mit dem westlichen Wissen verknüpfte.

Heute lebt er in Florida und besucht einmal im Jahr für eine längere Zeit sein Dorf. Er hat mehrere Bücher geschrieben, hält seit vielen Jahren Vorträge und gibt workshops.

Dieses Buch ist 1994 zum ersten Mal bei Jeremy P. Tarcher/Putnan Books, New York, unter dem Titel „Of water and the Spirit“, erschienen.

43 Gedanken zu „Steinstill

  1. Liebe Ulli, heute muss ich ohnehin in die Buchhandlung, wo ich ein Buch für eine Freundin kaufen werde. Dann bestelle ich mir sofort das Buch. Es springt mich an. Danke für den Tipp. Die Bilder der Steine sind wunderbar und die Ulla Hahn habe ich auch mit Begeisterung und Tränen in den Augen verschlungen. Danke wiedermal für die Anregung. Eine zurzeit verträumte und vielbeschäftigte Marie.

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    • Liebe Marie, dann bin ich echt gespannt was du im Nachhinein sagen wirst. Ich konnte es am Wochenende nicht mehr aus der Hand legen, ich fand dort Vieles, was ich auch für meine Arbeit gut gebrauchen kann, vieles andere ist mir fremd, aber deswegen dennoch glaubhaft.
      Auf alle Fälle freue ich mich, dass ich dich inspirieren konnte!
      Verträumt und viel beschäftigt klingt doch gut 😉
      herzliche Grüße, Ulli

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  2. Liebe Ulli, guten Morgen! ich suche nach dem Wort, das ich mir merken wollte. Das, was von den Wörtern nicht aufgefressen werden kann. Die Essenz. die Malidoma hier Stille nennt..
    ich stelle mir einen Menschen mit dieser Biographie im schwatzenden Florida vor. Doch auch dort wird er auf das Herz der Dinge lauschen können, weil es überall ist. Mir scheint aber. wenn ich diesen Passus lese, er sei womöglich selbst in Gefahr, von der amerikanischen Geschwätzigkeit angesteckt zu werden.
    Deine Steinbilder sind eine Wucht.

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    • Liebe Gerda,
      so, wie ich ihn gelesen habe, hat er z.B. von seiner Initiation nur das das beschrieben, was mit einer breiten Öffentlichkeit geteilt werden kann und darf, d.h. in diesem Punkt war er keineswegs geschwätzig 😉 – zu seinem Verhältnis zu englischen Sprache schreibt er:“Als ich vor zehn Jahren (also 1084) in die Vereinigten Staaten kam, konnte ich kein Englisch, obwohl ich in meiner Jugend auf der Jesuitenschule ein paar Jahre Englisch gehabt hatte. Zwar habe ich mir alle Mühe gegeben, diese Sprache zu erlernen, doch fiel mir dieses Buch (zu schreiben) immer noch sehr schwer. Eins meiner Hauptprobleme war, dass das, worüber ich hier spreche, sich sozusagen nicht auf Englisch ereignet hat. Es ereignete sich in einer Sprache, die eine ganze andere Auffassung von Wirklichkeit besitzt. Gewöhnlich läuft es auf eine Vergewaltigung hinaus, wenn man von einer Kultur in eine andere übersetzt. Das moderne amerikanische Englisch, das mir recht brauchbar erscheint, wenn es um schnelle Geschä#fte und die Aufregungen einer Konsumgesellschaft geht, versagt kläglich, sobald die Weltanschauung eines Menschen aus einem anderen Kulturkreis gefragt ist. Seit den ersten Notizen für dieses Buch bis zum letzten Federstrich bewegte ich mich auf der steinigen Straße des Dolmetschers und versuchte Bedeutungen von einer Sprache in die andere zu transportieren und von einer Wirklichkeit in eine andere – ein Prozess, der diese Bedeutungen unweigerlich denaturiert und verfälscht…“
      Hier spricht er ja generell zudem über die Kunst des Dolmetschens, uns liegt das Buch in deutscher Sprache vor und allein der Titel wurde geändert (wie so oft), wegen mir hätte es ruhig wortwörtlich übersetzt werden können: Vom Wasser und dem Spirit (oder dem Geist)-
      Ui, das ist jetzt viel geworden, aber es untermauert für mich, dass wir es hier mit einem Mann zu tun haben, der sorgfältig vorgeht und bestimmt, neben seiner Geschäftigkeit in Florida, auch weiß sich zurückzuziehen und sich der Stille hinzugeben.
      Herzlichste Grüße an dich, Ulli

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      • VielenDank für das lange Zitat, das sehr genau auf das trifft, was ich beim Lesen des vorigen spürte und es wunderbar erklärt. Hier will einer mit Worten einer Sprache, die ganz untauglich für den besonderen Inhalt ist, sich verständlich machen, er quält sich und fühlt das Unzulängliche. Nun bin ich auch sehr an dem Buch interessiert. Wie war doch nochmal das Wort für das „metaphysische“,das von Wörtern nicht aufgegessen werden kann?

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  3. Der Urknall
    im Stein
    zerreisst
    sein umwundenes
    Schweigen
    zur Vielfalt
    der inneren
    Natur
    nicht hörbar
    nicht wahrnehmbar
    als mit
    dem angelehnten
    Ohr des
    Innenleibs
    der Demut
    das Vernehmen
    dem Gehorchen
    der Melodie
    dem Wort
    der Seele
    Reinheit
    die das ganze
    Universum
    durchdringt

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    • Liebe Myriade, man muss sich schon in einen besonderen Zustand versetzen, nenne ich ihn meditativ, um Steine, Bäume etc. sprechen zu hören. Meine kleine blaue Frau erlebte folgendes: >…Du hast das Lied der Erde gelernt und das von der Wiederkehr, nun gehe und finde das Lied der Steine.“
      „Nur still und stumm kenne ich die Steine, vielleicht, dass mir mal einer über den Fuß rollte“, wundert sich die kleine blaue Frau. … Nach einer langen Weile entdeckt sie zwischen den vielen Steinen einen, der ist schwarz und flach, er hat ein zerknautschtes Gesicht, das streckt sich ihr entgegen. Sie setzt sich ihm gegenüber und spricht:
      „Ich bin die kleine blaue Frau mit dem geheimen Namen. Mirandash pyree schickt mich euer Lied zu lernen.“
      Es bleibt still. Es hält die Welt den Atem an. Es ist, als würde sie sich nicht mehr drehen und kein Mond um die Erde herum. Stumm, leer, nichts. Nichts, leer, stumm und dann ein Summen. Tief schwingt es. Mit ihm beginnt sich die Welt erneut zu drehen, atmet ein und aus, Mond dreht sich wieder um die Erde, die Erde um sich selbst. Aus dem tiefen Summen werden Töne, sie formen sich zu Silben, Silben zu Worte, Worte zu Sätzen. Die kleine blaue Frau muss jetzt sehr geduldig sein. Es dauert die halbe Nacht:
      „ Unsere Zeit währt lang, die eure kurz. Wir kennen eure Eile nicht und ihr nicht die Achtsamkeit. Es scheint, als wäret ihr aus der Zeit gefallen, seid stets voraus oder zurück, wann ist bei euch jetzt?“ …<
      herzlichst, Ulli

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  4. Stille, Einhalten, sich auf sich selbst Besinnen: das, liebe Ulli, ist, was Viele heutzutage nicht mehr koennen, was eine gesunde Psyche aber dringend braucht – so glaube ich jedenfalls, Danke fuer die Erinnerung daran.
    Sei ganz herzlich gegruesst,
    Pit

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  5. Liebe Ulli, das ist ein wunderbarer Beitrag über die Existenz der Steine … sie sprechen ihre ganz eigene Sprache und ich höre ihre Stille manchmal leise und manchmal sehr laut …
    Hab Dank, liebe Ulli!

    Oh, jetzt hab ich grad gemerkt, daß Du bei mir bist und ich bei Dir … was für ein Zauber der Gleichzeitigkeit, sei herzlich gegrüßt!!!

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    • Das war so viel Gleichzeitigkeit, dass mein PC abgestürzt ist, aber das macht er gerade gerne, seufz, und kein Herr Graugans weit und breit.
      Gleich kommen die Frauen zum allmonatlichen Trommelabend und zur Kräuterweihe, ich werde auch an dich dabei denken und dir einen Gruß trommeln, du Liebe.
      Von Herzen gegrüßt, Ulli

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      • Oh jaaaaa, dann hol ich auch gleich die Trommel und ich denk auch an Dich und trommle, was das Zeug hält, zu Euch hinaufrüber!! Ach, wie schön, wenn sich Frauen treffen und das auch noch am heutigen Frauenkräuterzaubertag … Liebe Grüße Ihr Zauberinnen!!!!

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        • Genau, wir hatten ein feines Kräutersegnungsritual 🙂 und während ich trommelte standst du plötzlich leibhaftig vor mir, da habe ich dir einen Gruß geschickt, bestimmt ist in dem Moment deiner hier gelandet 🙂
          Herzensgrüße an dich –

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  6. Stille Steine aus der Wüste, welche Sprache werden sie wohl in sich tragen, welche Geschichten könnten sie uns erzählen, wenn wir ihre Sprache verstehen könnten. Vielleicht hilft die Stille, die innere Ruhe uns dabei und wie wundervoll, einen solchen Namen wie Malidom tragen zu dürfen, dessen Bedeutung ungefähr
    „Sei Freund dem Fremden und dem Feind.“ bedeutet.
    Welche schöne und gute Verantworutng, Mitmenschlichkeit schon im Namen zu tragen

    Herzlich, Bruni, spät am Abend

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    • Liebe Bruni, hier ist tasächlich Nomen gleich Omen. Aber, aber, das klingt vielleicht schön, doch wenn man sein Buch und seine Geschichte ließt, dann war dies eine riesige Herausforderung und mit sehr viel Leiden verbunden. Verantwortung zu tragen ist nicht immer nur schön und leicht!
      Dieser Wüstenstein (es ist ja nur einer, mit einer Vorder- und einer Rückseite) ist für mich auch ein Wunder, ich kann ihn stundenlang betrachten und rätseln.
      Herzlichste Abendgrüße an dich, Ulli

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      • um einem solchen Namen gerecht werden zu können mußte er sein Leben erleben, mit allem, was dazugehörte und ich las, wir fürchterlich es so lange war. Aber das alles hat ihn nicht verbittern lassen, sondern zu echter und ehrlicher Mitmenschlichkeit geführt. Bewundernswert, liebe Ulli

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        • Sein Hntergrund ist sehr traditionell und es grenzt schon an manchen Stellen an Zauberei was er von den alten Ritualen schreibt, ganz besonders zu dem Begräbnisritual seines Großvaters…
          Er hat ja, nach seiner Flucht aus dem Internat, an einer Initiation teilgenommen,, die 5 oder 6 Wochen dauerte, nur einen Bruchteil davon hat er beschrieben, da er meint, dass vieles nicht an die Öffentlichkeit gehört, was ich nur zu gut nachvollziehen kann,wenn ich an das eine und andere während meiner Ausbildung denke. In diesen Wochen wurde er u.a. „gereinigt“. Er hatte starke Ahnen und starke Verbündete im realen Leben, alleine schafft man sowas kaum, er war ja durch diese Jesuitenerziehung tief traumatisiert. Ja, bewunderungswürdig!!!
          Ich kann dieses Buch nur wärmstens empfehlen.
          Nun aber gute Nacht, liebe Bruni, ich wünsche dir wunderschöne Träume, herzlichst, Ulli

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  7. Tolles Zitat. Es spricht mich an, weil es ein Gefühl weckt, das ich in den Sommerferien ein paar Mal erlebte. Unser Besuch in Athen, Delphi, Olympia.. viele zusammengetragene, geformte Steine, Statuen, die wortlos vor einem stehen und uns doch von den damaligen Menschen mit ihren Gedanken, Bedürfnisse, Hoffnungen, Ängste erzählen.
    Herzliche Grüße
    Priska

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    • Liebe Maren, das ist ein Stein, ich habe die Vorder- und die Rückseite abfotografiert, später dann ausgeschnitten und auf schwarzen Hintergrund gesetzt, weil er so am besten wirkt. Diesen Stein haben Freunde von mir in der Sahara gefunden, ich finde ihn sehr besonders!
      Was nun die Worte für die Stille anbelangt, so will sie vielleicht gar keine 😉
      ich grüße dich herzlichst –

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