Auch etwas, was miteinander verbunden ist: die geschlossenen und die offenen Systeme –
Ich will es vielleicht mal auf einen ganz einfachen Nenner bringen. Die Aufgabe der klassischen Wissenschaft, der klassischen Physik ist es, die Bahnen der Teilchen, der Gegenstände usw. zu berechnen. Also die Satellitenbahnen, die Bahnen der Planeten, der Atome, der Elektronen und der Strahlen: Gleichungen aufzustellen für die Bahnen von Vorgängen. Es zeigt sich, dass diese Methode eine gute, aber doch zu einfache Annahme ist. Denn in Wirklichkeit – oder zumindest in so komplexen Systemen wie dem Lebendigem – sind die Bahnen verzweigt. Sie gehen, wie man wissenschaftlich sagt, durch Birfurkationen, sind verzweigt wie Blitze. Furka ist die Gabel. Systeme sind gegabelt und können sich in die eine oder andere Richtung entwickeln. Deutliches Beispiel ist hierfür der Evolutionsstammbaum, den man ja auch in Form eines Baumes darstellt, der eben in bestimmte Richtungen geht, z.B. zu den Menschen oder auch den Insekten und sonstigen Lebewesen. Und an bestimmten Verzweigungspunkten geht es in die eine oder andere Richtung. Es hätte auch anders gehen können. Es hätten statt Insekten auch irgendwelche grünen Monster entstehen können. Jedenfalls ist eine Evolution niemals ganz eindeutig. Sie verläuft in Form von Verzweigungen und Bäumen. Wir können auch umgekehrt argumentieren. Immer dort, wo wir irgendwo im der Welt eine baumartige Struktur sehen, sei es ein Baum im Walde oder ein Evolutionsstammbaum oder ein Blitz oder ein Flussdelta, wissen wir, dass wir es mit einem System zu tun haben, das nicht eindeutig ist.
Mit dem „Spiel“ verbinden wir ja immer das Unsichere, vielleicht auch das Leichtfertige. Mir fällt gerade der Satz von Einstein ein:“Gott würfelt nicht!“ Wenn die Welt sich spielerisch selbstorganisiert, würfelt dann Gott nicht doch?“
Gott würfelt! Einstein ist durch die Quantentheorie widerlegt … Die Entwicklungen sind verzweigt und nicht eindeutig. Damit ist die Zukunft offen und Neues kann entstehen ….
Das heißt, Kreativität entsteht nur in offenen Systemen?
So ist es. Sie entsteht nur in offenen Strukturen. Die klassische Physik hat keinen Mechanismus, wo etwas Neues entstehen kann. Das heißt nicht, dass die Physik nicht viele Erfindungen gemacht und neues hervorgebracht hat. Das sind aber im Grunde genommen immer nur neue Einzelheiten, neue Anwendungen, aber niemal prinzipiell Neues.
Interview von Geseko von Lüpke mit dem Chaosforscher und Biologen Friedrich Cramer
aus dem Buch: Politik des Herzens
Vielleicht war das Inakzeptable für Einstein nicht das Würfeln, sondern die logischen Unmöglichkeit Gottes.
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Das ist durchaus möglich, zumal er ja Atheist gewesen ist…
herzlichst, Ulli
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Ihr Kommentar hat mir keine Ruhe gelassen – verstehen Sie das bitte als Würdigung, nicht als Kritik – und ich bin der Frage nachgegangen, ob er ein Atheist war oder nicht. Wenn mich nacheiner schnellen Recherche nicht alles trügt, war er der Meinung, der Mensch vermöge über Gott keine Aussage zu treffen und lehnte die Vorstellung eines personenbezogenen Gottes, der Gebete erhöre, ab. Er sah sich wohl eher als Agnostiker denn als Atheisten. Die Aussage, Gott würfele nicht, ist ja auch eher allegorisch gemeint in Bezug auf die Positions-/Impulsbstimmung atomarer Teilchen, bei der er das Zufallsprinzip ablehnte. Spannend! Wüßten Sie eventuell eine gute Einstein-Biographie? Die fehlt mir nämlich noch. Herzliche Grüße und noch einen schönen Tag.
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Leider kenne ich eine solche Biographie nicht. Ich danke Ihnen für Ihren Kommentar, den ich überhaupt nicht als Kritik verstehe.
Ich habe gestern noch länger über das sogenannte Zufallsprinzip nachgedacht, da ich erst einmal nicht an Zufälle glaube … wenn es dann aber um besagte/benannte Verzweigungen geht, impliziert dies ja genau das … nun stehe ich vor einem weiterem Fragezeichen!
herzliche Grüße, Ulli
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Solche Exkurse finde ich stets sehr anregend. „Das heißt nicht, dass die Physik nicht viele Erfindungen gemacht […] hat […] aber niemals prinzipiell Neues.“ Alles war immer da – die Materie und die Naturgesetzte, nach denen sie sich verhält. Und in diesem Rahmen ist in einer Ewigkeit wirklich alles möglich, auch das jemand einen Teller mit Buchstabensuppe füllt, und die Buchstaben auf dem Teller den Text von Schillers Glocke ergeben. Jemand, der würfelt oder nicht, ist nicht erforderlich. Es genügt die Ewigkeit.
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Ich weiß jetzt nicht, ob ich dich richtig verstehe, denn genau hiermit beschäftigt sich ja die Quantentheorie, dass eben nicht immer alles der Linearität der sogenannten Naturgesetze entspricht …
herzlichst, Ulli
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Hm … bin ja leider weder Physikerin noch Philosophin, kann das Ganze aber trotzdem eher aus philosophischer Sicht betrachten. Und da sehe ich keinen Widerspruch zwischen ewig und überall geltenden Naturgesetzen und Verzweigungen. Es ist wohl eher so, dass die Naturgesetzte, die wir bisher verstanden haben eine Sache sind, die Naturgesetzte, die tatsächlich existieren, eine andere bzw. wesentlich komplexere, in der Verzweigungen zwingend erklärbar sind. – Puh, wahrscheinlich drücke ich das nicht gut aus. Kurz: Es gib sicher noch sehr vieles, was wir nicht wissen. Wüssten wir bereits alles und würden uns dennoch so blöd verhalten, wie wir es tun, das wäre ja unendlich blamabel.
LG Christa
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Danke Christa, nun habe ich dich verstanden und das ist auch kein bisschen blöd 😉 🙂
herzliche Grüße, Ulli
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und da wir uns bei all unserem Wissen immer noch so verhalten, wie wir es tun, ist es wirklich blamabel.
Beispiele gibt es ja mehr als genug!
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Da muss ich dann immer die Frage nach dem „wir“ stellen. Es gibt ja solche und solche Menschen und manche von ihnen verhalten sich keinesfalls blamabel!
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ich denke an die Menschen an sich, die Allgemeinheit, nicht an einzelne Menschen, liebe Ulli
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Hochinteressant!
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indeed 🙂
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Spannend. Das muss ich noch win bisschen kauen. Danke.
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Ja, das finde ich eben auch und ich will auch nicht behaupten, dass ich das Ganze verstehe, noch lese ich voller Interesse, manches entzieht sich mir, an anderem kaue ich auch noch 😉
herzlichst, Ulli
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Dein Bild finde ich weit anregender als den Text. Warum? Weil ich es ansehen und seinen Bewegungen folgen kann. Eine Spirale die sich auf einen undefinierten Raum hin öffnet, wo sie vielleicht zwei Geraden begegnen wird. Nicht folgen kann ich solchen Sätzen wie „Einstein ist durch die Quantentheorie widerlegt …“ Ich weiß weder genug über die Relativitätstheorie noch über die Quantentheorie, um solchen Sätzen etwas anzugewinnen. Und was Gott angeht – — da muss ich vollends passen. Popularisierte Wissenschaft ist auch nichts anderes als Religion: man soll den Sätzen, die man nicht überprüfen kann, glauben.
Das fiel mir heute dazu ein. Ich habe einen ganzen Stapel solcher Bücher, die meisten habe ich nach ein paar Seiten weggelegt.
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Zugegeben, liebe Gerda, weiß ich auch nicht viel, weder von dem einem, noch dem anderen, aber es interessiert mich dennoch, wohlwissend, dass dies nun wieder ein weiteres Konzept für das Lebendige ist, was „wir“ Menschen auf die eine und andere Weise verstehen wollen. Ob ich nun dies glaube oder anderes ist mir ja immer freigestellt.
Was ich aber wirklich weiß ist, dass das Leben nicht linear verläuft und dass es bei allen geschlossenen Systemen auch immer die offenen gibt, bzw. die kleinen Öffnungen, wie z.B. beim Herz-Kreislaufsystem, das ja an sich geschlossen ist und dennoch über die Blut-Hirn-Schranke verfügt, die es nun wiederum ermöglicht, dass Nährstoffe und Atemgase auch ins Gehirn gelangen…
Auch die Evolution stelle ich mir persönlich nicht vollkommen linear vor, obwohl eine große Logik zu erkennen ist…
soweit erst einmal.
herzlichst Ulli
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Was ich nicht verstehe: Was ist gewonnen, wenn man einer erlebten Gewissheit (dass das Leben nicht linear verläuft – was mir richtig zu sein scheint) einen pseudowissenschaftlichen Hintergrund verleiht? Alle wissenschaftlich Halbgebildeten reden heute über Quantentheorie, als wüssten sie Bescheid, und verdienen sich ihr Geld, indem sie es uns noch Ahnungsloseren zu verkaufen suchen. Die Evolution zu verstehen – wer könnte sich dessen im Ernst rühmen?
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Da sagst du etwas sehr Wahres, denn tatsächlich ist dieses sogenannte neue Wissen in aller Munde und eine Art „Geldmaschine“, über alles andere schwatzen wir dann… 🙂
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Der Unterschied ist aber, dass Wissenschaft sehr wohl überprüfbar ist, wenn auch natürlich nicht von jedem Laien. Religion dagegen …..
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Jein, liebe Myriade, sie ist immer nur mit den Mitteln überprüfbar, die gerade eben zur Verfügung stehen und die wissenschaftlichen Erkenntnisse können sich immer nur auf Begreifbarem, Messbarem entwickeln, darüber hinaus aber gibt es Vieles, dass wir heute noch nicht messen können und doch existiert … Religionen sind für mich noch einmal ein ganz anderes Thema –
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Dinge oder Phänomene, die man nicht beweisen kann, fallen aber nicht in den Bereich der Wissenschaft …..
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so ist es: Im Prinzip sind wissenschaftliche Aussagen überprüfbar, Deshalb hat Wissenschaft einen soliden Ruf und deshalb berufen sich auch alle möglichen Ideologen so gerne auf sie, um ihre eigenen Glaubensbekenntnisse aufzumotzen.
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Ja, ja, da gibt es höchst obskure Dinge, die meistens dazu dienen, leichtgläubige Menschen auszubeuten. Mein Lieblingsbeispiel dafür ist die „Quantenmassage“ 🙂
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die ist noch gänzlich an mir vorbei gegangen, und ich glaub das ist gut so 🙂
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Ja, das glaube ich unbedingt auch 🙂
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Honig – Dein Bild!
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ich freue mich SEHR!
Danke und herzliche Grüße, Ulli
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Einstein war Atheist und dieses Zitat mit dem würfelnden Gott ist diesbezüglich immer so mißverständlich ……
Interessant, was der Interviewte wohl damit meint, dass nichts „prinzipiell Neues“ gefunden wurde ……
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Ich verstehe den Herrn Cramer so, dass die „alte“ Physik immer nur schon von Vorhandenem ausgehen konnte und von daher auch nur das entwickeln konnte, was eben schon da gewesen ist, nur bis dahin noch nicht genutzt wurde, während die Quantenphysiker *Innen sich darum bemühen das Nichtlineare in Bewusstsein zu rücken, bzw. verständlich zu machen … ich gestehe, dass ich mich auch erst einlese und einfummel, mit ein Grund warum ich diesen Text eingestellt habe …
und ob nun Gott würfelt oder nicht verstehe ich dahingehend, dass sich nicht alles im Voraus berechnen lässt, auch nicht von Gott -m-
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Soviel ich weiß meinte Einstein mit diesem Würfelausspruch, dass er die Quantenphysik ablehnte, weil er meinte, dass die Naturgesetze nicht auf Zufälligkeiten beruhen könnten, wie das bei der Quantenphysik zu sein scheint
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wunderschönes Bild – und sonst weiss ich nichts
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das ist doch schonmal was 😉
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So wie jedes Kind der gleichen Eltern verschieden ist… kam mir beim Lesen in den Sinn 😊
Danke für die interessanten Inputs.
Herzlich. Priska
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Das ist auch eine Wahrheit! Einheit in der Vielfalt und Vielfalt in der Einheit und alles mit allem verbunden…
Danke Priska für deine Assoziation!
herzliche Grüße, Ulli
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wunderschön ist Dein Bild, liebe Ulli, und wie sich die Spirale weiterentwickeln wird,
hängt vermutlich von sehr vielen Faktoren ab …
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Liebe Bruni, ich denke immer noch darüber nach, dieses Feld beschäftigt sich ja u.a. auch damit, ob es nun Zufälle gibt oder nicht … liegen gewisse Dinge nur daran, dass wir sie als Menschen noch nicht messen und begreifen können oder gibt es tatsächlich eine Art willkürliche Bewegung, die dann andere Ergebnisse hat, als die linear zu berechnenden?
Ich hätte vielleicht doch Physikerin werden sollen – lach 😉
herzliche Grüße, Ulli
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mit Sachkenntnis sollte man hier kommentieren, liebe Ulli, und die fehlt mir hier leider. Deshalb halte ich mich bescheiden zurück *lächel*
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🙂
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