Die kleine blaue Frau, die Zeit, die Anderen und Spuren
Erinnerungen mal zwei
Die Einer sind die Mehler*. Die zählen sich gen Null. Nur am Abend glitzern sie so herrlich auf den Bettdecken der Cousinen, grün und blau und gold. Klicker heißen bei uns Dötze. Ihr sagt Murmeln, wir verstehen uns. Absätze bohren Löcher in die Erde. Weiter hinten wird ein Strich gezogen.
„Geh spielen! Geh …“
Die Einer sind die Mehler. Am grellen Tag sind sie die Null. Da weiß man doch sofort in welchen Stuben die Armut hockt und man am Abend trotzdem lacht. Zehn für eine Gläserne, eine kleine, versteht sich. Das ist die Regel.
Es klickt und klickert, es wird weggedözt und ins Loch gerollt. Verloren ist verloren, wird gemurmelt. Manche lernen nie auf den Fingern zu pfeifen und schneller als der Wind die Kurve zu kriegen. Als würden unsichtbare Stempel auf neugeborene Stirnen gedrückt: gewinnen – verlieren – ausscheiden. Küssen und herzen ist nur was für Affenmütter.
„Ulriii-ke, komm jetzt rein!“
„Aber die …“
„Du kommst jetzt rein, aber dalli!“
Die Einer sind die Mehler, die zählen eigentlich nix. Zehn für eine Gläserne, eine kleine, versteht sich. Grün und blau und gold glitzern sie am Abend auf der Bettdecke der Cousinen. Was haben wir gelacht!
*Wer weiß, was Mehler sind?
Text © Ulli Gau 03 2015 (aus dem Gedankenauffangbuch)
Andere Erinnerungen
Im März war ich in Berlin, Susanne Haun hatte mich zu ihrem Kunstsalon eingeladen. Unser gemeinsames Thema waren Blumen. Berlin im März war nasskalt und grau, nur in kurzen Momenten wurde manch Pfütze blau. Aber die Blumen blühten im Salon.
Später beschäftigte mich eine lange Zeit die Frage: in welcher Liga spiele ich eigentlich? Vor kurzem schrieb ich an Samtmut meine Antwort: ich bin eine vom kleinen Volk.
In Berlin traf ich mich auch mit Elvira (immer diese Engel, bitte klicken) Elvira und ich waren und sind uns einig: dieses Gespräch hätte noch Stunden weitergehen können und irgendwie tut es das auch …
Im März war es auch, als eine Serie von KrankSein ausbrach. Aber das ist jetzt hoffentlich vorbei!
Ach Ulli, jetzt hast du ja gleich zwei Kindheitserinnerungen geweckt. Wir haben auch eifrigst gemurmelt – es gab Glaser (selten die mit einen schönen Innenleben), es gab Stahler, es gab Toner (aus Tonmehl, die gingen sofort kaputt, wenn wir sie auf den Boden knallten. Mit den Glasern waren wir sehr vorsichtig und die großen Stahler (ca. 3 cm Durchmesser) sprangen wie die Teufel so hoch und weit. – Das Wertigkeitsverhältnis weiß ich nicht mehr, aber es waren wohl 10 Toner für eine Glaser.
Und die Sprüche immer dazu von der Hexe, die vors Loch gesch….. hat.
Im Normalfall hieß ich Christel, aber wenn meine Mutter Christine aus dem Fenster rief, war ich in einer Minute oben.
Liebe Grüße von Clara – das gefällt mir besser als Christine
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Stimmt, stimmt, stimmt, liebe Clara: Glaser hiessen die einen und die, die ihr Toner nanntet waren bei uns Mehler, aber herrjeh, was sind denn jetzt Stahler, sind das die grossen Glaser? Und genau, stimmt auch 10 Toner/Mehler gegen eine Glaser und was leider auch stimmt ist deine Sicht auf Ulriiike, da war es besser zu flitzen …
lange Zeit mochte ich deswegen meinen Namen gar nicht, als ich dann mit all dem Quatsch und den doofen Erinnerungen Frieden schliess, fand ich auch Ulrike okay, nur mag mich einfach kaum jemand so nennen. Selbst, wenn ich mich so vorstelle, bin ich binnen kürzester Zeit wieder die Ulli und das ist auch okay so!
Schön, hast du beide Erinnerungen erkannt und sogar geteilt!
hab ein glitzerstilles Wochenende
herzlichst Ulli
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Nein, Ulli, Stahler sind wirklich aus Stahl, meiner Meinung nach gab es die in drei Größen. Ich glaube, die waren noch wertvoller als Glaser.
Ich habe immer mit Daumen und Zeigefinger gespielt und mit dem Daumen geschnipst. Andere haben mit dem gekrümmten Zeigefinger „geschoben“.
Meine Enkel fanden das ganz toll, vor allem das Kugelloch aus“baggern“ mit dem Absatz. Jetzt habe ich bestimmt die 100fache Glasmurmeln im Vergleich zu früher.
Wer mich jetzt noch „Christel“ nennt, wird mit dem Bann belegt 😉
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also Stahler hatten wir nicht, nur eben kleine und grössere Glaser. hab mich schon übers „hüpfen“ gewundert!
Ich hab den zeigefinger am Daumen entlang schnipsen lassen – hihi, find ich grad lustig unseren Austausch, wird jetzt nochmal plastischer- danke dafür, liebe Clara- und ja, ich mag Clara auch lieber, als Christel, zumal meine Lieblingstante so hiess, aber ich glaub das erzählte ich dir schon einmal …
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Ich habe nie gemurmelt. Aber gesammelt habe ich sie und Welten in ihnen enrdeckt. Spiralnebel, Feenstaub, Explosionen, Geheimnisse.
Und ja, es hätte noch lange weiter gehen können. Ich denke sehr gerne an diesen Tag zurück!
Darum schicke ich Dir eine liebevolle Umarmung.
Elvira
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Liebe Elvira, ich liebe diese Murmeln bis heute, ja genau … weil man so herrliche Dinge in ihnen entdecken kann!
Wir haben viel gedözt, aber so richtig gut waren eigentlich nur die grossen Jungs auf unserem Hof 😦 auf dem Schulhof war es dann besser, weil wir dort ja in Jungs und Mädchen aufgeteilt waren und wehe ein Mädchen ging über die Trennlinie oder umgekehrt, was waren das nur für seltsame Zeiten! Da denke ich doch auch lieber an schöne Begegnungen in diesem Jahr 🙂
Wir machen das wieder einmal, vielleicht so mit Dampferfahrt durch die Stadt und so …
einen herzlichen Drücker für dich
Ulli
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Murmeln – wie mich das an meine Kindheit erinnert: ganz lebendig wieder, vor meinem geistigen Auge, wie wir mit den Hacken das Loch in den Boden gedreht haben. Und da ich icht weisz, was Mehler sind, revanchiere ich mich hier: was bedeutete bei unserem Murmeln „Kitsch, Pott“ als Regel? 😉 Danke fuer die Erinnerung, liebe Ulli. 🙂
Hab‘ ein feines Wochenende,
Pit
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Oh Pit, da muss ich grübeln, Pott, war das Loch und der/die gewonnen hatte bekam ja den ganzen Pott, aber Kitsch? Vielleicht wenn man einen/eine weggedözt hat?
Mehler waren kleine Kugeln aus Tonmehl mit glitzernden Glasuren, nicht sehr haltbar, man sah ihnen auch recht schnell den Gebrauch an – so, nu bin ich aber gespannt wie das so wirklich war mit Kitsch und Pott bei euch Kölsche … stimmt doch, oderr? ich bin ja eigentlich ne Düsseldorferin 😉
schreibstde mir jetzt trotzdem noch? -lach und wech-
herzliche Grüsse und hab ein friedliches Wochenende
Ulli
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Hallo Ulli,
wie Du siehst, schreibe ich auch einer Düsseldorferin. 😉 Ich bin ja auch eh eigentlich gar kein Kölner. Ich Köln habe ich nur drei Semester zugebracht, danach habe ich dann über 30 Jahre im Bonner Raum gelebt.
Jetzt bin ich aber wirklich überrascht: Du hast es erraten, obwohl es gar kein Kölsch ist, sondern „Lennsch“ – aus meiner Geburtsstadt Linn [http://tinyurl.com/jblao6a], einem Vorort von Krefeld. Aber das ist ja näher an Deiner Geburtsstadt Düsseldorf. Obwohl ich kaum glaube, dass das Dir geholfen hat, das Rätsel zu lösen. 😉 Ach übrigens: ein echter Linner fühlt gegenüber Krefeld wie ein Koelner gegenüber Düsseldorf. 😉 Oder umgekehrt.
Also: ja, man bekam den ganzen Pott, wenn man mit seiner Murmel die des Mitspielers direkt „kitschte“ [lautmalendes Verb], also traf.
Auch Dir ein friedliches Wochenende,
Pit
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da sind sich die Dialekte schon sehr nah, wenn auch die Menschen immer meinen sie müssten irgendwelche Linien ziehen, ich hab das schon als Kind nicht verstanden- die Krönung erlebte mals der Sohn meines Mannes, als er in Köln arbeitete, wenn dort jemand aus Düsseldorf anrief ging der Chef nicht dran: nee, mit Düsseldorfern red ich nich … unglaublich …
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Hallo Ulli,
die „Grenze“ zwischen Linn und Krefeld ziehe ich nur in einer Hinsicht: als Geburtsort gebe immer (Krefeld-)Linn an, und nicht, wie es seit langem offiziell waere, nur Krefeld. Irgendwie muss man ja die Historie beruecksichtigen, dass Linn vor Krefeld Stadtrechte hatte. 😉
LG,
Pit
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P.S.: danke fuer die Erklaerung zu „Mehler“. 🙂 Wir hatten dafuer keine besondere Bezeichnung.
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und auch wir haben mit ähnlichem gespielt. bei mir beschränkte es sich allerdings auf ferien in italien, da bauten wir aus sand bahnen über sandberge und unter sandbrücken durch, die auch mal in sich zusammen fielen. das vorgänger modell der paninis war eine kleine plastikkugel, deren eine hälfte farbig war und die andere durchsichtig. darin waren die porträts der italienischen radrennfahrer zu sehen – ich erinnere mich noch an bitossi und motta (die einzigen namen an die ich mich noch erinnern kann).
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Liebe Barbara, du weckst gerade bei mir noch ganz andere Erinnerungen, die der Sandbahnen bauen, für die Dötze versteht sich 😉 klasse! An Radfahrer erinnere ich mich gar nicht, ich war als Kind Fussballfan und habe unter der Woche mit den Jungs im Hof gekickt, so erinnere ich mich an Uwe Seeler, zum Beispiel …
ich wünsche dir ein schönes Wochenende
Ulli
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Wunderschön deine Fotomontage und deine Worte sind zum eintauchen, ich höre sie lachen, die Kinder.
Hier ein kleiner Hinweis, da ich deine Zeilen wieder in ein Gesamtgedicht habe einfließen lassen: https://mbeyersreuber.wordpress.com/2015/12/02/findesatz-kommentare-dezember-2014/
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Da werde ich doch gleich mal zu dir rüberhuschen, freue mich drauf 🙂
bis gleich und hab ein schönes Wochenende
herzlichst Ulli
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Hab dein Huschen schon erfreut bemerkt. (Und ich habe eben eine Mail zu dir rüberhuschen lassen…)
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upps, da muss ich wohl mal wieder in den Spamordner schauen, bei mir hakt es gerade mit den Mails aus Bloghausen 😦 und sowieso, immer dieses laaangsaaame Netz auf dem Berg … meine tägliche Übung in Geduld
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Hier läuft nichts weg, die Buchstaben bleiben, auch in dieser schnelllebigen Zeit…
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Liebe Ulli, das klicker-klackert, dass es eine Lust ist. Toll geschrieben! Und Dank des köstlichen Kommentar-Dialogs zwischen dir und Pit würde ich mich jetzt beinah schon einem nordrhein-westfälischen Kitsch- und Dötzwettstreit gewachsen fühlen. Selbst erinnere ich vor allem noch das Kuhlendrehen mit dem Absatz.
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Guten Morgen, liebe Maren, du hast bestimmt hinter den Worten gelesen, denn als erstes schrieb ich: es klickerte und klackerte 😉 und an das Gefühl mit dem Absatz die Kuhlen zu drehen ist auch in mir tief verankert … ich habe jetzt beschlossen, dass ich es mit den Enkeln spielen werde, wenn sie grösser geworden sind, heutzutage sehe ich keine Kinder mehr, die dötzen oder klickern, sie murmeln eher vor irgendwelchen Bildschirmen, aber es gibt ja auch keine Kriesel mehr, die man mit einer Art Peitsche zum tanzen brachte und wer spielt heute noch Gummitwist? Wenn ich dir jetzt noch länger antworte, dann bin ich gleich nur noch Mädchen und renne durch die Welt, schön wars, mal abgesehen von manch anderem …
herzliche Grüsse und hab ein schönes Wochenende
Ulli
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Ahhhh, die tanzenden Kreisel! Und Gummitwist, gleich zweimal ahhh! Gibt es das Material überhaupt noch, wo doch die Kinder gar keine wollenen Unterhosen mehr tragen müssen, in deren Bünde man dauernd solch Gummiband einziehen musste? 😉 Und wie hieß noch gleich das Spiel mit dem Band, das in immer neuen Mustern zwischen flinken Mädchenhänden hin und her wanderte? – Wie sagst du gleich: Lach und wech? Und schönes Wochenende natürlich! 🙂
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oh ja dankeee, liebe Maren, das FingerFadenSpiel, das habe ich wirklich soooo oft gespielt, aber wie es wirklich hiess? Und du habs auch schön an diesem Wochenende
herzlichst Ulli
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Liebe Ulli, es war ein blumenreicher Salon, der mir viel Freude bereitete. Ich freue mich sehr über die kleine Fotografie, die du mir hier liest.
Liebe Grüße von Susanne
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