Es ist die Richtung, die bestimmend ist, ob ich dankbar für dieses Leben bin oder wütend.
Schaue ich auf mein eigenes kleines unbedeutendes Leben kann ich gar nicht anders, als dankbar zu sein. Dankbar für all die Hände, die sich mir reichten und reichen, die mich vor dem Schlimmsten bewahrten, die mich hielten, führten, die mir zeigten, was Zärtlichkeit heisst. Menschen, die mich lieb(t)en, die mich nähr(t)en, die mir vertrau(t)en. Dorthinein schwingt auch die Dankbarkeit für mich selbst, dass ich bei allen schrägen Schritten in meinem Leben doch immer wieder den Weg aus den Irrgärten hinaus fand und lernen durfte wofür Umwege gut sein können.
Wer sagt uns denn, dass der Weg geradeaus zu gehen hat? Die natürlichen Wege tun es nicht, auch sie mäandern und machen manche Schleife hin zu ihren Zielen, seien es nun Wasserwege oder die Pfade der Tiere.
Die Schönheit des Lebens in all seiner Vielfalt, seinen Formen und Farbigkeit lässt mich oft still werden. Da bin ich wieder das staunende Kind, das neugierige Mädchen, weiss für den Moment nichts von Zerstörung, von Kriegen, von der Wut, dem Neid, der Gier, dem Hass der Menschen. Hier wohnt nichts anderes als die Liebe. Sanftmut und Zärtlichkeit gleich dem Blick in die braunen Augen der Rinder auf unseren Weiden, sei es nun Kuh, Stier oder Kalb, auch nicht frei, aber freier als an vielen anderen Orten auf dieser Welt. Auch wenn Natur selbst nicht romantisch ist und es um fressen und gefressen werden geht-
Und dann kommt die Wut, die Ohnmacht, der Schmerz über all das, was wir Menschen tun. Ich nehme mich nicht aus! Das Beste wollen und wünschen und umsetzen reicht nicht aus. Hilft keinem Kind, keiner Frau, keinem Mann, keinem Greis, keiner Greisin auf der Flucht, keinem Verhungern, Verdursten, keinem Hass, keinem Fanatismus.
(diese Collage machte ich vor vielen Jahren, die darauf abgebildeten Kinder sind meine, als sie noch klein waren, die anderen Bilder fand ich damals im Netz, leider weiss ich nicht mehr mein Stichwort zur Suche und auch nicht mehr wer diese schuf …)
(alle Bilder werden gross, wenn man sie anklickt)
Er ist es, der mich in den letzten Wochen schüttelt, der an mir zerrt. Ich habe nichts in der Hand, nur mein kleines Mitgefühl, meine Liebe für dieses Leben, seine Wunder und Schönheit, die Plastiktüte im Rucksack auf jeder Wanderschaft, um den Müll aufzusammeln und dem Wald, den Wiesen ein Lied zu singen. Kleine Tröstungen der Seele: wenigstens hier … Streicheleinheiten für die gebeutelte Natur, gegen den Wahnsinn der Maschinen, die sich durch das Land fressen, Konzerne die nehmen, die niemals satt werden, die nicht einen neuen Baum pflanzen, bei all denen die sie verletzten und fällen.
„Aufhören“, schreit es in mir, ihr Wahnsinnigen, wer seid ihr, dass ihr mordet, dass ihr Tausende in die Flucht schlagt, dass ihr haben wollt, immer mehr und noch mehr, dass ihr meint Recht zu haben? Die Welt verdunkelt sich von Tag zu Tag, was kann da mein kleines Licht ausrichten, auch wenn ich nicht bereit bin meine kleine Flamme auszulöschen.
Frieden beginnt bei mir, ja, aber ich werde niemals Sahnehäubchen über Scheisshaufen sprühen! (Pardon) Und ehrlich, ich spüre keinen Frieden, wenn ich die täglichen Horrornachrichten höre und sehe. Und es gibt scheinbar nichts, was diesen Wahnsinn stoppen könnte. Gewalt schürt Gegengewalt, Gebete verklingen ungehört im Raum.
Es gibt sie, die hundertacht Dinge, die wir für die Umwelt tun können und nicht nur in Klöstern …
Aber gibt es auch die hundertacht Dinge gegen den Krieg und den Fanatismus, die WIRKLICH wirken?
Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei Sherry und Ramblingbrother bedanken, die mich inspiriert haben diesen Artikel zu schreiben, die kein Blatt vor den Mund nehmen, um das zu benennen, was stinkt in dieser Welt …
Es ist schwer, so nebenbei, zusätzlich zu seinem eigenen kleinen Glück, das andere zu erfahren. Zu erfahren und erfahren zu wollen, was andere zu erleiden haben. Meistens kann man die eine kleine heile Welt nicht von der großen und schrecklichen Bedrohung und Grausamkeit getrennt halten. Viele sagen immer, Liebe sei stärker als Hass. Ich wollte sehr lange daran glauben, aber inzwischen denke ich, wir brauchen bei einer Handlung aus Hass mindestens 100 Handlungen aus Liebe, um eine Wunde wieder „zu verschließen“. 😦
Danke, liebe Ulli … ❤
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Liebe Sherry,
ich glaube, dass Hass und Liebe nur die Kehrseiten einer Medaille sind, wie so vieles, aber ich weiss auch, dass es eine grosse Herausforderung ist die Liebe in sich selbst wachsen zu lassen und auszudehnen. Im Kleinen gelingt mir das relativ gut, aber auf die Welt und ihr Grauen bezogen, bin ich doch eher hilflos, weiss ich nicht wirklich woran ich glauben soll, vielleicht noch am ehesten an die Kraft der vielen kleinen Leute und ihrer vielen kleinen Schritte …
H. gab heute ein feines Bild, er meinte, wenn sich der Widerstand und der Wille für eine bessere Welt wie das Myzel der Pilze unter dem Erdboden ausbreitet und dann der Regen und die Sonne zum richtigen Zeitpunkt zusammen kommen, dass dann eine grosse Fruchtbarkeit dabei heraus kommen kann …
seufz … ob das nun ein Trost, ein Antidot gegen die Ohnmacht ist oder nicht, ich gebe die Hoffnung nicht auf, wobei ich ja heute Morgen von den Nachrichten wieder einmal eines Schlechteren belehrt wurde …
ich danke dir und grüsse dich herzlich
Ulli
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Es ist schwer, Leid, Krieg, Vertreibung wegzuschneiden.
Ich denke Wegschauen ist eine Form der Verarbeitung.
Mir ist das Verstehen der Prozesse wichtig, der Hintergründe.
Und bei diesen geht es um Sahne, um viel Sahne. Du, ich wir alle mögen Sahne und damit es so bleibt müssen andere leiden.
Das geht ja nun seit Jahrhunderten so.
All die Konflikte ließen sich lösen
, aber Feindbilder werden benötigt, damit wir weiter mehr Sahne wollen.
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Ich weiss nicht, ob Wegschauen eine Form der Verarbeitung ist oder nur eine Form, die davon spricht, dass man selbst keine Lösung hat oder/und es Dinge gibt, die man nicht (mehr) aushält – die Ursachen zu erkennen halte auch ich für unbedingt nötig, wie wollen wir etwas ändern, bei uns selbst und in der Welt, wenn wir diese nicht kennen?
Ich bin bereit bescheiden zu leben und tue es auch und doch ist mir das hohe Niveau meiner Bescheidenheit im Vergleich sehr bewusst, ich glaube es muss jede und jeder entscheiden, wieviel Sahne er und sie nun wirklich braucht, Gier ist ja eins der Geistesgifte …
danke für deinen anregenden Kommentar, lieber Aquasdemarco …
herzliche Grüsse Ulli
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Wegschneiden sollte weg schreiben lauten, dieses Autovervollstaendigen darf ich ausschalten
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ein Freudscher Fehler der besonderen Art 😉
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Freud lass ich da raus…
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erst jetzt verstehe ich, was du mit Autovervollständigen meinst, sorry, da war ich gestern wohl doch schon zu müde …
und nun verstehe ich auch wieso du Freud da heraus halten willst, mal abgesehen davon, dass Freud ja eh in vielem überholt ist, wenn er auch wegweisend war für vieles, was sich später entwickelt hat und entwickelt … ein Fan von ihm bin ich allerdings nicht-
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Ja, es ist ein großes Pendel, ein Labyrinth. Anders als beim Irrgarten, gibt es keine Abzweigungen und toten Gänge, sondern diesen einen langen Weg der hin und wieder zurückführt.
Alles Liebe für dich und das Leben auf dieser Welt ~ Uta
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liebe Uta, das Bild des Pendels gefällt mir in diesem Zusammenhang sehr, danke dir dafür von Herzen …
sei gut zu dir, gelle 😉
herzliche Grüsse Ulli
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Ich weiß, wie es in Dir aussieht. Darum möchte ich Dir hier nichts weiter als einen besonders lieben Gruß schicken!
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danke dir, liebe Elvira, ich grüsse dich lieb zurück
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Ich spüre dieses Paradox, diesen schwer auszuhaltenden Widerspruch, den Du beschreibst, wenn ich abends nach einem schönen Tag mit meinem älteren Sohn die Nachrichten sehe. Die Ohnmacht ist schwer auszuhalten, nur hinzusehen, weder zu verstehen, noch wirksam handeln zu können.
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ja, es ist dieses Nichtwissen, wie man/ich wirksam handeln kann, nicht im Grossen, nicht gegen diesen Wahnsinn, der uns gerade tagtäglich erreicht, Empörung und Gebete helfen da wenig und doch weiss ich nichts anderes.
ich danke dir fürs mitgehen, liebe Mützenfalterin
herzliche Grüsse Ulli
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seltsam … ich war fast sicher, dass ich hier schon kommentiert hatte, gestern, nach dem lesen. im kopf gewiss.
du beschreibst hier echt genial gefühle, gedanken und ambivalenzen, die ich bestens kenne. ich habe genickt und gemurmelt beim lesen und mich gefreut darüber, dass du die worte gefunden hast, die mir oft fehlen. danke.
und ja … wir sollten wieder mehr hinschauen und NEIN sagen (siehe Konstantin Weckers Song) oder fb-status hier
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guten Morgen, liebe Soso, nun bin ich erst einmal deinem Link gefolgt, ja grossartig, der Herr Wecker, ich hatte ihn ja viele Jahre aus den Augen verloren, bis ich vor drei Jahren ein Buch las, das er zusammen mit Bernard Glassman schrieb: es geht ums tun und nicht ums siegen- https://cafeweltenall.wordpress.com/2011/11/10/es-geht-ums-tun-und-nicht-ums-siegen/ und kürzlich las ich das Buch der Klang der ungespielten Töne ;), auch ein sehr feines Buch!!! Aber zurück zum tun, denn gerade eben wird mir klar, dass dies der Weg ist, jenseits von Optimismus und Pessimismus.
Durch deinen Kommentar wird dies wieder in mir wach, danke dafür. Auch freue ich mich, dass dir meine Zusammenfassung gefällt, gestern dachte ich, dass ich oft verschnörkel, statt einfach zu sagen, bzw. zu schreiben, was ich denke und fühle …
habs fein
herzliche Grüsse von Berg zu Berg
Ulli
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Ich habe sehr viel Mitgefühl mit all den Menschen, die von dem Leid betroffen sind und glaube an die Kraft des Bewusstseins, ihnen Kraft und Liebe schicken zu können. Und dennoch sollte nicht unbeachtet bleiben: Seit 1990 sind die kriegerischen Auseinandersetzungen um 90% gesunken http://www.hsrgroup.org http://www.humansecurityreport.info !!! https://seedsforfortune.wordpress.com/2013/09/17/die-gute-nachricht/
Das wird das jetzige Leid nicht schmälern, — Fakt ist, wir befinden uns in einer Phase des Übergangs – größere kollektive Krisen sind mühsame Langzeitprozesse und es wird brauchen, bis sich eine funktionierende Balance einstellen wird. Wir brauchen Geduld und dürfen dabei nicht in die Starre fallen! Wir sollten uns erlauben immer etwas ratlos zu sein, und das tun, was eben zu tun ist …
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ja, liebe Seeds, das alles ist natürlich wahr, auch ich denke, dass es weiterhin ums tun und nicht um die Ohnmacht geht, die ja letztlich auch nur eine Momentaufnahme ist. Allerdings weiss ich nicht, ob die Menschheit im Allgemeinen schon bereit für den Quantensprung ist, dazu sehe ich viel zu viel Gewalt, es mag sein, dass es weniger Kriege gibt und ich sehe auch die Bemühungen um friedliche Lösungen und doch gibt es Vieles, was in mir ungute Gefühle auslöst, so z.B. ein Herr Putin und sein Gemache, der Konflikt Israel/Palästina, der Wahnsinn im Irak, im Sudan etc.p.p.. Vieles hat für mich auch damit zu tun, dass wir immer mehr Menschen werden, dass es auch ein Thema des Raumes ist, den wir miteinander teilen müssen, und nicht nur der Raum, auch die Sahne, wie es Aqua de Marco ausdrückte, dass es noch immer um Geld und Macht geht …
ich danke dir für deine Sicht und grüsse dich herzlich
Ulli
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Shalom, liebe Ulli,
das „Shalom“ haben wir in der Tanzgruppe unmittelbar vor meinem Urlaub gefeiert und gelebt, dann machte ich vier Wochen in meinem kleinen Lebenskreislein Urlaub von all dem Ungemach in der Welt, das mir im Großen wie im Kleinen den Atem verschlug und weiterhin verschlägt. Vier Wochen Auszeit für mich, aber nicht für diesen geschundenen Planeten.
Zu Deinem Artikel fehlen mir schier die Worte – wie sie mir so oft fehlen in diesen wilden Zeiten. Aber sie entsprechen meinem Fühlen und meinem Schauen. Danke sagt es in mir.
Wir schauen oft in die presserelevanten Krisenherde und gerade jetzt mache ich selbst die Erfahrung, wie unfriedlich ich selbst in meinem Umfeld bin und das „Shalom“ in erster Linie mich selbst angeht. Wie kann ich nach draußen „Frieden! Jetzt!“ postulieren, wenn es im Innen oft so schwer fällt?
Von Herzen:
Anne
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Ja, liebe Anne, Frieden beginnt wirklich bei jedem und jeder selbst. Ich beobachte mich in diesem Punkt auch mehr und im Sommercamp führte Rinpoche in seinem ersten teaching zu diesem Thema eine feine Parodie für uns auf … wir lachten und doch war es nicht wirklich zum lachen …
schön, dass du wieder da bist und hier herein geschaut hast, habe in den letzten Tagen öfter an dich gedacht und mich gefragt, ob du wieder hier bist … nun weiss ich es 😉
herzliche Grüsse Ulli
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Du sprichst mir aus der Seele, Ulli. Ich habe mich mit diesem Thema die letzten Wochen ja auch intensiv beschäftigt und auch meine Gefühle der Ohnmacht und Hilflosigkeit geäußert. Dieser Fanatismus, diese Gewalt, dieser Hass haben sich auf mein Gemüt geschlagen und meine Stimmung stark beeinträchtigt. Nun sehe ich zwar immer noch nicht weg, versuche aber, das alles nicht mehr so nah an mich heranzulassen. Neulich sah ich ein Fernsehinterview mit einem Psychologen (oder war es ein Soziologe?), der sich dazu äußerte, wie sehr sich diese vielen Kriegsbilder, mit denen wir laufend konfrontiert werden, auf unsere Psyche und unser Verhalten auswirken. Er sprach auch von einer wesentlichen Beeinträchtigung, von Angst, von wieder aufflackernden Erinnerungen (bei der Generation, die selbst Kriege erlebt hat) und Empörung, die angesichts unserer Hilflosigkeit nicht weiß, wie und wo sie sich kanalisieren soll und bei manchen Menschen sich in neuen Hass entlädt, was die Spirale natürlich nicht aufhält.
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liebe Ute, das kann ich mir vorstellen, was da der Herr Psychologe/Soziologe sagt und ich sehe ja noch nicht einmal die Bilder, davor hüte ich mich. Mir reicht es zu hören und zu lesen. Ich bin froh, dass ich diesen Artikel geschrieben habe, seitdem ist es ruhiger in mir, gut hat mir die Erinnerung an Konstantin Wecker von Soso getan und das Buch von ihm und Bernhard Glassman: es geht ums tun, nicht ums siegen, das ich vor zwei, drei Jahren las, es scheint mir der einzige Weg und daran bleibe ich.
Tausend Dank für deins
herzliche Grüsse
Ulli im Kochrausch (Mail folgt in Bälde … )
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