(draufklick = groß)
Man muss darüber reden. Man muss vorbereitet sein, sich schon frühzeitig mit Alldem auseinandersetzen, eine Haltung einnehmen, gewappnet sein. Aber klar! Ja doch … ich habe alles beherzigt. Es ging auch alles gut, erst einmal. Keine Sicherheit, nie.
Schuld, Scham, Trauer, Wut, Angst, Freude, Liebe, Glück, alles hat Platz in mir genommen. Alles? Alles, soweit es jeweils ging. Und das war oftmals nicht so weit, wie es beim ersten kleinen Schritt schien. Land gewonnen schützt nicht vor Erdrutsch.
Sechs Jahre Stille. Keine besonderen Vorkommnisse. Nur der ganz normale Wahnsinn, der händelbar geworden ist. Weil nichts zu machen. Es ist, wie es ist. Aufstehen, weitergehen. Erinnerung ist nicht unmittelbar, linear schon gar nicht. Vieles verschwindet und bleibt doch da. Zu welchem Zweck, wenn es dann doch nur schmerzt?
Nein, ich habe nicht darüber geredet. Nie. Nicht wirklich. Es gab schlichtweg keine Worte. Kein Gefühl. Nichts hatte es gegeben. Sechs Jahre nicht. Und jetzt …? Es hat sich nichts verändert. Ich gehe zur Arbeit oder nicht, folge dem Müssen und Wollen, halte ein, räume der Stille einen Platz im lärmenden Gefüge. Alles wie gehabt. Aber es rutscht weg. Plötzlich. Der Boden unter den Füßen gibt nach. Kein Halt. Auch nicht im Himmel, weil er zu unendlich ist. Das Rauschen im Kopf nimmt zu, der Schwindel auch. Keine Ursache. Ich schaue in das kalte Grau des ewigen Winters, der keine Farben zu verschenken hat. Überschwemmung. Es taumelt und torkelt.
So gerne würde ich wieder einfach mit dir lachen und erzählen, singen und schweigen, auch streiten- egal. Auch mit dir. Ja, mit dir auch! Alles nur noch in meinem Kopf. Es ist kalt. Immer noch. Der Himmel ist zu unendlich, um auf mich niederzugehen. Er hat sich nur verdunkelt.
Als meine Wut verraucht war, kam die Leere. Wie lang dauert Trauer? Ich habe mich nie gefragt wie lange Freude dauert. So viele Verluste! Es begann vor mehr als fünfzig Jahren, es hörte nie auf. Und bei jedem Verlust öffnete sich eine neue Herzenskammer. Und immer war es ein Du, das Einzug hielt.
how long …?
One has to talk about. One has to be prepared, to think about all this, to take a positon. Indeed! Yes … I payed attention. All went well, at first. No confidence, never.
Guilt, shame, mourning, rage, fear, joy, love and happiness, all took place inside me. All? All, as far it works. Often it was not so far, as it seemed by the first little step. Winning land is no protection of landslide.
Six years long stillness. No special insidents. Only the normal madness, which get setted in order. Because nothing was to do. It is, like it is. Get up, moving further. Rememberings are comming not immediately, not linear, either. A lot escaped und stayed, still. To which sense, if it is only hurting, then?
No, I didn`t talk about. Never. Not really. There were no words at all. No feelings. Nothing existed. Six years long. And now …? Nothing changed. I`m going to work or not, following all the must-do and want-do, stopping, giving the stillness place in the noisy world. All like ever. But its sliding away. Suddenly. The ground under the feet is sliding. No support. Neither in the sky, because it is too illimitably. The murmer in the head is becoming more, the dizziness too. No reason. I am looking into the grey of never ending wintertime, which has no colours to give. Overflow. Its wobbling and tottering.
I would like to laugh and talk with you again, to sing and to keep quiet, to dispute, too – I don`t care. With you too. Yes, and with you! All is left to my head now. It is cold, still. The sky too endless, as if it could fall on me. More darkness appeared.
When my rage disappeared, emptiness appeared. How long does mourning last? I never asked myself how long joy is lastening. So many losses! It started more then fifty years ago, it never ended. And by every loss a chamber of the heart got open. And it was always a You, which took place.
Liebe Ulli,
man kann Trauer und Vermissen nur verdrängen, aber sie kommt immer wieder hoch. Ich vermisse meine Oma noch nach 10 Jahren und würde so gerne das eine oder andere mit ihr besprechen.
Komme gut durch den Tag, Grüße von Susanne
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dies war/ist ein Versuch meiner Trauer ein Gesicht zu geben … als eine Art Trost, vielleicht?!
danke dir für deins und hab einen feinen Tag
herzliche Grüße Ulli
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hm. sprachlos.
—
ich kann meine eigene „du“ einfügen, denn der text könnte auch meiner sein.
du hast der trauer worte gegeben, die schmerzhaft passen zu diesen gefühlen, vor denen es kein entrinnen gibt.
danke!
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genau, sprachlos … das war einer meiner Versuche die Sprachlosigkeit zu wandeln-
ich danke DIR
liebe Grüße Ulli
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Gedanken, die auch mir nahe sind: ich habe oft auch Mühe zu sprechen. Danke für das gute Formulieren mit den sprechenden Fotos.
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ich finde es wahrlich nicht einfach Trauer in Worte zu fassen und bin überrascht, dass sie in den letzten Wochen kommen –
herzliche Grüße Ulli
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Trauer wird nie ganz enden, vielleicht wird sie milder und das Herz gerät nur noch kurz ins Stocken statt schier endlos zu verkrampfen, aber völlig verschwinden wird sie nie. Obwohl ich gerade heute gelesen habe, dass im neuen DSM (5) eine Depression vorliegen kann, wenn Mensch mehr als ZWEI Wochen trauert. Ob diese Diagnoseschlüssel von Menschen erstellt werden?
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liebe Elvira,
was ist das für ein Quatsch? Manche Menschen trauern viele Wochen, Monate lang, da gibt es für mich kein Zeitlimit, weil Trauer, wie vieles andere eben auch, seine eigene Zeit hat- natürlich ist Trauer auch in gewisser Weise mit Depressionen verwandt, aber da muss doch genauer hingeschaut und unterschieden werden – seltsam, was sie uns so verkaufen wollen …
ich denke auch, dass Trauer in gewisser Weise immer in uns ist, sie gehört für mich zum Leben-
herzliche Grüße Ulli
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Schau mal hier: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/1997263/
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dank dir, das schaue ich mir heute Abend mal in Ruhe an, muss gleich los zum Kochlöffel 😉
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„die grössten ereignisse sind nicht unsere lautesten, sondern unsere stillsten stunden.“
(f. nietzsche)
vielleicht ist es ja so, dass diese tiefe trauer und schweren momente, dir auch ermöglichen, demut und glaube im dem leben aufzubauen. gerade in der trauer können wir manchmal vielmehr unsere augen öffnen und uns sensibilisieren dem stillen gegenüber.
ich weiss nicht, das ist nur ein versuch. dein text ist so traurig und ich würde der trauer so gern ein licht senden.
aber ich weiss auch, das sind momente. in einem moment, da sinkt man ganz tief und im nächsten ist wieder alles fröhlich und hell. das bedeutet dann: wirklich l(i)eben.
ganz liebe grüsse,
eva
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vielen Dank für deinen lieben und mitfühlenden Kommentar, liebe Eva- ich bin einfach froh, dass ich jetzt endlich Worte finde und die Erinnerungen kommen dürfen, das was mich wirklich beschäftigt ist, dass es so lange gedauert hat, bis es überhaupt hier ankam …
herzliche Grüße Ulli
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Egal worüber Du schreibst, ich mag es immer. Auch die schweren Themen.
Sei herzlich umarmt, A.
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liebe Kreadivdas freut mich jetzt sehr, berührt mich auch – dankeee
herzliche Grüße Ulli
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Jeder Mensch trauert anders, der eine leise, der andere laut und fordernd. Eines ist allen gemeinsam, der Schmerz des Verlustes.
Die eigene Erfahrung zeigte mir, die Trauer vergeht, die Erinnerung bleibt, der Schmerz wird milder, verschwindet scheinbar aber irgendwann pieckt es doch wieder mal.
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ja, liebe Mendi, das hast du gut gesagt: dann, irgendwann piekt es wieder … und genau darum ging es in diesem Text, wobei es in der letzten Zeit mehr als ein pieken war …
danke dir und sende dir herzliche Grüße
Ulli
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Liebe Ulli,
Dein Ausdruck ist wirklich kraftvoll und wunderbar und ich schätze es sehr, dass Du in dieser Form darüber sprichst. Das holt die Wut und die Trauer an den Platz, an den sie gehören, nämlich mitten hinein ins Leben !!!! Freude und Ausgelassenheit, Wut und Trauer sind wie der freudigste Tag und die dunkelste Nacht. Alles gehört doch dazu. Das Problem empfinde ich, kommt von dem gesellschaftlichen Denken von aussen, die diesen Dingen „noch“ keinen Platz einräumt. Wichtig ist natürlich auch das soziale Netz, was uns in solchen Momenten auffängt… ich hoffe, dass Du da gut versorgt bist.
herzlichst Seeds
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einen lieben Dank dir, Seeds, für deine Worte und … -m- ja … Fürsorge?! Ja, ich bin gut versorgt, es ist auch nicht wirklich akut, es ist eben vielleicht nur das erste Mal in meinem langen Leben, dass ich meiner eigenen Trauer Worte geben kann, ich finde dies bereichernd- tatsächlich auch einen Fortschritt …
ich bin dankbar, dass ich es hier teilen konnte und für all die Kommentare …
herzliche Grüße
Ulli
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There is nothing permanent except change.
Ulli: I know that those are only simple words, but I think that they can be helpful for those who are suffering with the loss of loved ones.
m
From “Working with anger” by Thubten Chodron:
„We often focus on a few circumstances in our life that aren’t going well instead of all those that are. Although we all have problems, when we over-emphasize their importance, we easily begin thinking that we are incapable and worthless. Such self-hatred immobilizes us and prevents us from developing our good qualities and sharing them with others.
When we look at the broad picture, however, we can see many positive things in our life. We can rejoice that we are alive and appreciate whatever degree of good health we have. We also have food (often too much!), shelter, clothing, medicine, friends, relatives, and a myriad of good circumstances. Many of the people reading this book live in peaceful places, not in war-torn areas. Many have jobs they like, and family and friends they appreciate. We shouldn’t take these for granted. Most importantly, from a spiritual viewpoint, we have access to an authentic path, qualified teachers to guide us, and kind companions who encourage us. We have genuine spiritual aspirations and the time to cultivate these. Thinking about these good conditions one by one, we will be filled with joy, and any sense of being incapable and hopeless will vanish.“
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Thanks, dear Marcelo, to remind me/us to what is really important …. not to forget, what we really have and who we really are …
to give mourning words or a picture is really new for me and is a kind of development in acception –
I don`t remeber really the author of this words, maybe it was Goethe:
all joy, all sufferings,
totaly …
fondly Ulli
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Liebe Ulli,
es tut gut, wenn man beginnt Worte zu finden, wo vorher stumme Sprachlosigkeit herrschte. Es könnte auch mein Text sein, würde ich denn so von mir schreiben wollen. Meine gefunden Worte verpacke ich immer in Parabeln oder Seelenmärchen (wie ich sie nenne). 🙂
Aber wie auch immer, es ist gut dieses Worte freizulassen, die solange in dunklen Ecken festsaßen.
Liebe Grüße und ich wünsche dir ein schönes Wochenende (vielleicht mit einer Dachsssichtung) 🙂
Szintilla
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liebe Szintilla,
vielen Dank für deins, ja, es ist wirklich gut Worte zu finden, aber auch sie zu teilen.
Dachse habe ich tatsächlich wieder zwei gesehen 🙂 – die kleinen Freuden der Alletage
genieße das WE
herzliche Grüße
Ulli
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