Was sah sie dann?

69 05.02.13 oma trotzer

Eine kleine Wohnung nur für sich. Ausruhen vom Lächeln und Wärme verschenken. Wer gerne gibt, braucht nicht viel? Was war, wenn sie dort alleine war? Wann lebte sie dann? Gab es ein Jetzt oder nur ein Gestern? Gab es Freude oder nur Schmerz über die Verluste? Keine Antwort. Nie mehr. Wo wohnte ihr Gott, wem dankte sie, wem fluchte sie? Schnörkellose Bescheidenheit ohne Eile. Bis zuletzt. Bis zuletzt schenkte sie Freude, Lächeln und Wärme. Langsam nagte der Krebs. Kein Jammern. Nie. Manchmal nur ein weiter Blick in die Ferne. Was sah sie dann? Wen? Ihre Hand führte die ungeschickte Kinderhand, bis sie das Vögelchen alleine zeichnen, die Häkelnadel alleine führen konnte und die Tränen versiegten. Bis zuletzt. Nun konnte Mutter kommen! Was haben wir geschmunzelt! Die Großmutter und ich. Dann war ich allein.

A little flat, only for her. To calm down from giving away smiles and warmth. Who likes to give much, doesn’t need much? What happened, when she had been alone there? In which time did she live then? Did exist a now, or only a yesterday? Did exist joy or only the pain about defeats? No answer. Never more. Where did her god live, to whom applied her thank, to whom applied her curse? Unfussy humbleness without rush. Until the end. Until the end, she gave joy, smiles and warmth. Cancer was gnawing slowly. No misery. Never. Only a view afar, sometimes. What did she see then? Whom? Her hand led the gracelessly children hand, until she could paint the little bird by her own, until she was able to use the crochet hook alone and the tears got dry. Until the end. Mother could come now! How did we smirk! Grandmother and me. Afterwards I was alone.

27 Gedanken zu „Was sah sie dann?

  1. wie sie dir gleicht. oder du ihr wohl eher. schöner text.
    ich gönne dir solche erinnerungen.

    herzlich, soso

    ps: die farbflecke im bild irritieren mich. sollen sie wohl auch?

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    • liebe Soso,
      ich habe mal nachgedacht, sie müsste auf diesem Passbild ungefähr genauso alt sein, wie ich jetzt bin, sie war ja erst 63 Jhre alt, als sie starb … und da wird die Ähnlichkeit nun doch ziemlich sichtbar … und weißt du was, ich sehe es sogar bei meiner Enkelin … ist immer wieder spannend!
      was nun die Farebn anbelangt, es sind die Fraben der polnischen Nationaltrachten: rot, grün und und blau und weil mich diese Passbildlochungen immer wieder nerven, ich aber das Bild nicht noch mehr beschneiden wollte, habe ich es gestern „gegimpt“ und einen Bezug zu ihrem Mutterland hergestellt. Ein bisschen Irritation ist doch immer gut 😉

      hab einen feinen Tag und danke dir für deins
      herzlich grüßt dich Ulli

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      • ach, das waren löcher … ich bin nun am laptop und schaus mir in groß an.
        wenn ich bilder meiner mutter (jünger als ich jetzt oder gleich alt) staune ich auch über die ähnlichkeit. spannend, wie sich diese muster vererben. diese und andere.
        habs gut, herzlich, soso

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  2. Ich kann den Schmerz des Kindes fühlen. In hierarchischen Beziehungen weiß eine große Mutter was ihrs ist und was, das der anderen. Ich glaube es gibt einen Austausch und Verständnis füreinander auf der Ebene der Frauen gleichen Alters oder mit gleichen Erfahrungen.

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    • Liebe Uta,
      ja, es war sehr schmerzhaft für mich als sie starb, mit ihr ging meine nächste Verbündete. Sie ist und bleibt für mich Vorbild in Bezug auf meinen Umgang mit meiner Enkeltochter, die nun schon neun Monate alt ist und uns allen sehr viel Freude macht. Meine Tochter und ich haben nun die selbe Augenhöhe erreicht. Ich finde diese Prozesse sehr spannend, nun bin ich endgültig zur schwarzen Frau geworden 😉

      sei herzlichst gegrüßt und hab einen feinen Tag
      Ulli

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    • sie haben es nicht anders gelernt, das ist die Tragik dahinter oder sie waren einfach so, was ich aber letztlich nicht glaube, schon gar nicht nach der Lektüre von Frau Bode und dem Film das weiße Band …
      übrigens kommt hier jetzt bald: Liebe von Haneke, ich bin gespannt …
      bin gerade auf deiner Seite und lese nun bei dir weiter

      hab einen feinen Tag
      herzlichst Ulli

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    • seitdem ich gestern deinen Kommentar gelesen habe, habe ich noch oft das Gesicht meiner Oma angeschaut, ich sehe nur ihre Güte, ihren Schelm und ihre Liebe, vielleicht war sie einfach wirklich so … du hast in Bezug auf deine Annäherung an deine Großmutter einmal geschrieben, dass es mehr von dir, denn von ihr sagt- so nehme ich es auch bei mir wahr- ich war zu jung, als sie starb, als dass ich wirklich etwas über sie „wüsste“, das was ich weiß, macht sie in meinen Augen zu einer Heldin, auch wenn dieses Wort verpönt ist-

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  3. Das weiße Band fand ich sehr beklemmend, die Vorstellung, daß meine Großeltern vor 100 Jahren so aufgewachsen sein könnten – erschreckend.

    Meine Großmutter war schon ziemlich alt, als ich geboren wurde, sie war nicht die Basteloma, aber ich bewundere sie bis heute, wie sie ins ins hohe Alter allein zurecht kam.

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    • ich fand den film auch beklemmend und sicherlich sind nicht alle so groß geworden, aber dieser geist herrschte vor, dass kinder zu gehorchen hatten und ihre widerspenstigkeit gebrochen gehörte, das war selbst in meiner kindheit noch ziemlich angesagt …

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  4. Liebe Ulli, das Foto gefällt mir, auch Deine Worte dazu. Eine kleine Wohnung für sich zu haben, kann manchmal mehr als alles andere bedeuten. Wenn man sich zurück ziehen möchte, von der Geschäftigkeit, der Geschwätzigkeit (oder was auch immer) der anderen. Andere Menschen können sehr anstrengend sein, das Gefühl zu haben, sich immer um andere kümmern zu müssen, auch. Es gibt Menschen, die nicht nein sagen können und einerseits ihre eigene Unterstützung anderen gerne geben und daraus viel mitnehmen, aber auf der anderen Seite, kostet es auch viel Kraft, sich dermaßen zurück zu nehmen. Vielleicht ist es das, was Du mit der „Bescheidenheit“ meinst – wenn die anderen da sind, dann ist sie für die anderen da. Vielleicht war die Frau (ich weiß nicht, in welcher Beziehung Du zu ihr standest) einfach froh, ihre Ruhe zu haben. Und manchmal, wie ich oben schon schrieb, kann dies soviel Freude und Frieden bewirken, dass es schon ein (kleines) Glück bedeuten kann. Auge in Auge mit dem Krebs, mit dem Ende, das bedeutet Stück für Stück diesen Abschied begreifen, diesen Abschied begehen.
    Ich weiß nichts über Deine Geschichte und habe einfach mal meine Gedanken zu Deinen Gedanken aufgeschrieben.
    Alles liebe, apfelesserin

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  5. Liebe Ulli,
    dass Du unseren Blick auf diese Mütter und Großmütter lenkst, deren Denken und Handeln und vor allem auch Empfinden uns zunächst so fremd erscheinen mag, das freut uns sehr! Immer wieder.
    Je älter man selbst wird, um so näher rückt man an sie ran, an die Vorstellung von ihnen. Man erinnert sich wieder, und vielleicht ganz neu. Sieht bereits längst bekannte Erinnerungen in einem neuen Licht. Vielleicht. Ich jedenfalls. Immer mehr, je länger und häufiger und intensiver ich mich damit beschäftige.
    Danke Dir dafür,
    mb

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    • guten Morgen, liebe mb,
      indem ich den Erinnerungen Raum schenke, erweitern sich die Blickweisen … durch meine Rolle als Mutter und nun auch als Großmutter (seit neun Monaten) verstehe ich manches, was mir vorher unbegreiflich war, ich darf Mitgefühl entwickeln, anstelle von purer Ablehnung (was meine Mutter anbelangt), ein Prozess, der schon lange wirkt, aber immer wieder neue Blickwinkel schenkt, dafür bin ich dankbar- anderes erschließt sich mir nicht, weil ich keine direkten Fragen mehr stellen kann, nur mir selbst …
      ich freue mich so sehr über euer Mitgehen, erst gestern dachte ich, dass durch mein Projekt jetzt einge Menschen daheim sitzen, in Fotoalben blättern und sich erinnern, und das hat mich sehr berührt, ich bin zutiefst dankbar!

      genieße das Wochenende
      liebe Grüße Ulli

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  6. Pingback: das Großmutterprojekt |

  7. Hallo Ulli,
    Dieses Bild ist ja von meiner Ur-Oma! Ich würde gern mehr von wir wissen, und auch von dir und deiner Familie! Ich bin Roswitha’s älteste Tochter. 🙂
    Liebe Grüße aus Kalifornien
    Sabrina

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    • Guten Morgen Sabrina, ich bin gerade etwas irritiert, da dieses Bild hier meine Grossmutter zeigt und die Roswitha, die ich kenne, hat nur eine Tochter oder bist du die Tochter meiner Cousine Roswitha, von der ich schon sooo lange nichts gehört, geschweige denn sie gesehen habe, das wäre jetzt ja eine wunderbare Überraschung und klar, dann wäre das auch deine Ur-Grossmutter … ich freue mich, wenn du mir antwortest-
      herzliche Grüsse
      Ulli

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      • Liebe Ulli,
        Tut mir leid, ich kann das ein bisschen besser erklären: mein Grossvater war Helmut Trotzer, und meine Mutter ist seine älteste Tochter, Roswitha. Also deine Cousine?
        Mein Deutsch ist leider schwach, ich spreche jetzt fast nur Englisch! Ich hab‘ dich auch auf Facebook kontaktiert. Vielleicht können wir uns da ein bisschen weiter unterhalten.
        It is nice to meet you!
        Sabrina

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        • Liebe Sabrina, ich bin ganz berührt auf diesem Wege eine Tochter meiner „alten“ Lieblingscousine zu treffen, die ich so unendlich viele Jahre nicht gesehen habe. Ja gerne können wir uns weiter unterhalten, ich sende dir meine Mailadresse. Bitte grüsse Roswitha sehr herzlich von mir. Ich danke dir und bis auf bald
          Ulli

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